Wer dachte, Robert Kubica würde wenigstens bei seinem ersten Sieg Emotionen zeigen, sah sich enttäuscht. Sicher, die Faust des Polen ließ ein wenig Dampf aus, als er seinen BMW im Parc fermé von Montreal parkte. Aber das war es dann schon.

In der Pressekonferenz nur zehn Minuten später war dem Polen zwar eine gewisse Zufriedenheit noch anzusehen, in seiner Analyse konzentrierte er sich aber mehr darauf, was wieder mal schief gegangen war: der falsche Reifendruck beim ersten Stint, das Pech mit der Bogengassen-Ampel und sowieso das Auto, das immer noch nicht schnell genug ist. "Aber wenigstens konnten wir heute unsere Chance nutzen", sagte er.

Die Ruhe nach dem Sieg: Kubica ohne Siegerlächeln in der Sieger-PK., Foto: Sutton
Die Ruhe nach dem Sieg: Kubica ohne Siegerlächeln in der Sieger-PK., Foto: Sutton

Kubica hatte viele Schulterklopfer an diesem historischen Sonntag in Montreal. Aber irgendwie wirkte er dabei merkwürdig unbeteiligt, als sei er geistig schon woanders. Als es dann Nacht wurde in Montreal, da feierte das BMW-Sauber-Team mit Hundert Mann bis in die Puppen. Nur einer fehlte: Robert Kubica. Er saß bereits im Flieger, damit er rechtzeitig in Europa war, schließlich stand am Donnerstag in Barcelona schon der nächste Test an.

Und irgendwie ahnt man, dass er an der Party keinen so großen Gefallen empfunden hätte. Hat er doch nicht mal einen Schluck genommen aus der Magnum-Pulle des Siegers, nicht mal bei seinem allerersten Sieg. Als Charakter mag der polnische Eismann dem finnischen sehr ähnlich sein. Sowohl er als auch Räikkönen können ihre Gegner mit der Coolness in den Wahnsinn treiben. Im Feiern könnten sie sich aber kaum unterschiedlicher sein. Der Pole lebt wie ein Mönch, der die Askese äußerst ernst nimmt. Der Finne dagegen lässt kaum eine Gelegenheit aus, das Leben auch zu genießen.

Der erste Siegerpokal für die Vitrine ist gesichert., Foto: Sutton
Der erste Siegerpokal für die Vitrine ist gesichert., Foto: Sutton

Auf den Charakter von Kubica angesprochen, musste sogar BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen lachen. "Im Ziel war er schon emotional, so habe ich ihn noch nicht nach einem zweiten Platz gesehen", sagte er. "Aber das geht bei ihm sehr schnell vorbei. Zumindest war bei ihm diesmal keine Unzufriedenheit festzustellen." Na ja, da hat Herr Theissen wohl die Pressekonferenz nicht ganz so aufmerksam verfolgt. Immerhin war Theissen nicht entgangen, dass Kubica dort schon den Nummer-eins-Status für sich reklamiert hat. Aber die Strategie des Teams will Theissen dennoch nicht ändern - zumindest noch nicht.

Dass Kubica nun auch die WM anführt, ist mehr als verdient. Auch, wenn er vom Straucheln seiner Konkurrenten profitiert hat. Aber gerade das unterstreicht die Tatsache, dass Kubica der einzige Pilot ist, der eine fehlerfreie Saison geliefert hat. Denn für den Ausfall beim ersten Rennen in Australien, als Kazuki Nakajima ihm ins Heck fuhr, konnte er wirklich nichts. Höhepunkte hat er dagegen schon mehrere setzen können - nicht zuletzt in Montreal, wo seine schnellen Runden, als er den Vorsprung zu Heidfeld ausfuhr, eine Meisterleistung waren. Als Beobachter dieses Sports kann man da nur sagen: Eine Zugabe, bitte!