"Ich habe größte Hochachtung vor ihm, vor all dem, was er aufgebaut und mit seinem Team erreicht hat", sagte der Neue vor Beginn des Melbourne-Wochenendes über den, der nun doch blieb. Und der so Gelobte gab die Komplimente zurück. Der neue Chef des sportlichen Hauptkonkurrenten sei "ein sehr angenehmer Partner", mit dem man bestimmt konstruktiv zusammenarbeiten könnte. Die da so freundlich übereinander redeten, waren der neue erste Mann am Ferrari-Kommandostand, Stefano Domenicali, und McLaren-Chef Ron Dennis. Fast ein kleines Wunder, bedenkt man das mehr als gespannte Verhältnis der beiden Teams in den letzten Jahren, verschärft natürlich 2007 noch durch die leidige Spionageaffäre.

Er ist immer noch da: Ron Dennis., Foto: Sutton
Er ist immer noch da: Ron Dennis., Foto: Sutton

Zumindest aber eine genauso große Überraschung wie die, dass nicht etwa Ferrari den Schwung des im letzten Jahr in letzter Sekunde errungenen WM-Titels in die neue Saison mitnehmen konnte, sondern in Australien eine deftige Schlappe an allen Fronten einstecken musste. Es waren ja nicht nur die beiden Motorschäden, das ganze Wochenende lief von Anfang an nicht wie geplant und erhofft - und offensichtlich ließen sich dann auch noch die Fahrer von der allgemeinen Hektik und Unsicherheit anstecken und leisteten sich vor allem für Weltmeister Kimi Räikkönen ungewöhnlich viele dicke Fehler.

Das genaue Gegenteil davon die Silbernen: Dabei hatten doch über die nicht wenige Experten geunkt, sie würden mit Sicherheit noch Nachwirkungen der Probleme und Unruhen von 2007 zu spüren bekommen, die Spekulationen und Diskussionen um Ron Dennis und seine angeblich geplante Ablösung durch Martin Whitmarsh im Vorfeld hätten sicher auch nicht zur allgemeinen Beruhigung beigetragen... Aber nichts dergleichen, McLaren-Mercedes legte zum Auftakt einen souveränen Auftritt hin, der überlegene Sieg von Lewis Hamilton geriet nie in Gefahr - und ohne die für Heikki Kovalainen genau im falschen Moment gekommene dritte Safety-Car-Phase wäre es sogar ein Doppelsieg geworden.

So konnte Mercedes-Sportchef Norbert Haug übers ganze Gesicht strahlen, die "über den Winter geleistete harte Arbeit, die sich ausgezahlt hat", loben, und auch Ron Dennis sein schon das ganze Wochenende zur Schau getragenes leises Lächeln beibehalten, vielleicht sogar ein bisschen intensivieren. Und gleich in offener Vorwärtsverteidigung versuchen, neuen Gerüchten um seine Person vorzubeugen: "Ich sage schon jetzt, dass ich nicht in Malaysia sein werde. Aber das hat persönliche Gründe, die nichts mit der Formel 1 zu tun haben und sollte bitte kein neuer Anlass für irgendwelche Spekulationen sein."

Von einem solchen Saisonstart wie Dennis, Haug und Whitmarsh konnte die neue Ferrari-Führungsspitze nur träumen. Da stand Jean Todt zum ersten Mal seit 15 Jahren nicht mehr am Kommandostand - und schon gab es für seinen Nachfolger Stefano Domenicali nichts als Ärger. Wobei Domenicali ja eigentlich nur der "Erste unter Gleichen" einer vierköpfigen Führungsmannschaft ist, die jetzt bei den Roten das Sagen hat. "Denn das Geschäft ist so komplex geworden, dass einer allein den Laden gar nicht mehr führen kann. Man braucht für jeden Bereich einen Spezialisten."

Er ist in neuer Rolle da: Stefano Domenlicali., Foto: Ferrari Press Office
Er ist in neuer Rolle da: Stefano Domenlicali., Foto: Ferrari Press Office

So hat der 42-Jährige, der 1991 seine Karriere bei Ferrari in der Finanzabteilung begann, als Technikchef Aldo Costa neben sich. Dazu kommt Motorenchef Gilles Simon, ein Franzose, der einzige Nicht-Italiener im Führungsquartett und Sportdirektor Mario Almondo, der Verbindungsmann zwischen Business und Technik, der sich bei Ferrari vor allem dadurch profilierte, dass er über Jahre hinweg ein Qualitätskontrollsystem aufbaute, dass die enorme Zuverlässigkeit in den Schumacher-Glanzjahren garantierte. Gerade der wird sich jetzt natürlich einigen Fragen stellen müssen - denn so viele Defekte auf einmal, das gab es bei Ferrari seit ewigen Zeiten nicht mehr. Dass sich bei den Roten nach dem Debakel etwas ändern muss, das verlangt auch Teampräsident Luca di Montezemolo. Er sah das Rennen zwar nur zu Hause in Italien im Fernsehen, sandte aber eine klare Botschaft nach Australien: "Heute ist ein Tag der Demut für Ferrari, der für uns vielleicht ganz gesund ist. Ich kann es gar nicht erwarten, am kommenden Sonntag den echten Ferrari zu sehen!"