Man nehme ein beliebiges Formel 1-Rennwochenende der Saison 2007 - zwischen Melbourne und Sao Paulo. Man nehme einen beliebigen Tag - von Donnerstag bis Sonntag. Und man erinnere sich an die Presserunden und Interviews mit Ralf Schumacher. "Ich werde 2008 sicher in der Formel 1 sein." Das sagte Ralf immer und immer wieder. Die Entscheidung falle möglicherweise erst gegen Jahresende oder im neuen Jahr, aber um seine Zukunft sollte man sich keine Gedanken machen.

Um exakt 18:18 Uhr am Nikolaustag ließ Ralf die Fassade öffentlich fallen. Gerade hatte er seine vielleicht letzten Formel 1-Testkilometer für Force India absolviert, ein Freundschaftsdienst, wie er betonte, kein echter Kampf im Shoot-Out um das zweite Cockpit des schlechtesten Teams im Feld. "Es wurde nie darüber gesprochen, dass ich hier fahren könnte - ich bin nur hier, weil ich es für Vijay [Mallya] mache. Das ist der einzige Grund. Jetzt gehe ich heim." Das meinte er wörtlich. "Es könnte das letzte Mal gewesen sein, dass ich gefahren bin. Vielleicht fahre ich irgendwo, vielleicht bleibe ich daheim."

In der F1-Welt wurde er seitdem nicht mehr gesichtet. Stattdessen fuhr er irgendwo; in Estoril, für Mercedes, in einem DTM-Boliden - und das gleich zweimal. Beim ersten Mal war es mal wieder ein Gefallen für und von Norbert Haug. "Ich wäre nicht hier, wenn mir das Fahren nicht riesig Spaß machen würde", relativierte er bei seinem zweiten Test. "Und, ist doch klar, wenn ich nicht ernsthaft über ein Engagement nachdenken würde."

Estoril letzte Woche: Ralf Schumacher sicher in der Formel 1, oder?, Foto: DTM
Estoril letzte Woche: Ralf Schumacher sicher in der Formel 1, oder?, Foto: DTM

Von seinem potenziellen neuen Arbeitgeber bekam er Rosen gestreut. Seine Zeiten würden immer besser, verriet Norbert Haug. Ralf gewöhne sich gut ein und nach den Tests werde man nun über eine Zusammenarbeit sprechen. "Man muss mit einem DTM-Auto unglaublich präzise fahren und stets voll und ganz konzentriert sein, der kleinste Rutscher kostet dich gleich ein Zehntel, aber ich muss sagen, ich fühle mich bei dieser Herausforderung pudelwohl", sagte Ralf, dessen klangvoller Name für die DTM wie gerufen käme.

"Wir suchen keinen neuen Häkkinen und wollen Ralf auch nicht wegen der Schlagzeilen", versuchte Haug die Wogen zu glätten. Doch so schlecht würde sich der Name Schumacher sicher nicht verkaufen lassen... "Es ist nicht meine Aufgabe, Norbert Haug zu sagen, welchen Fahrer er verpflichten soll, das kann er ganz alleine", sagte ITR-Boss Hans Werner Aufrecht. "Aber natürlich würde ich, wie auch alle Fans, Ralf Schumacher gerne in der DTM sehen."

Unsere Leser sehen das nicht ganz so wie der DTM-Chef. "Wollen Sie Ralf Schumacher in der DTM sehen?", fragten wir in unserem DTM-Channel. Die Antwort: beachtliche 46 Prozent unserer Leserschaft wollen keinen Ralf Schumacher in der DTM. Die anderen 54 % brauchen sich aber keine Sorgen um Ralfs Zukunft zu machen. Schon bald könnte es heißen: "Ich fahre 2008 sicher in der DTM."