Da stand er also, der neue RA108 und wie es sich für eine anständige Präsentation gehörte, durfte die Pressemeute danach auch ihre Fragen stellen. Dabei stellte sich gleich eine erste Enttäuschung ein, denn über die Ergebnisse der ersten Ausfahrt des neuen Autos in Valencia vorige Woche konnte Ross Brawn nicht viel erzählen. Der Grund dafür lag darin, dass die Teile, die dabei eingesetzt wurden, noch nie im Verbund im Windkanal getestet wurden, weswegen man auch nicht wusste, was passieren würde. "Wir haben in Barcelona noch ein paar Extra-Teile am Auto und dann haben wir die Dinge am Auto, die alle gemeinsam im Windkanal waren. Deswegen glaube ich nicht, dass man zu viel über Valencia sagen kann", meinte Brawn.

Ein wenig mehr verriet er dann aber doch noch - vor allem Positives. So sei das Auto weit stabiler gelegen als sein Vorgänger. "Ich bin hinausgegangen, um einen Blick auf die Strecke zu werfen. Während das alte Auto einen ansprechenden Level an Abtrieb hatte, war es sehr anfällig bei Unebenheiten und schwer zu fahren. Dieses Auto sah gut aus und stabil - die frühen Anzeichen sind ermutigend, aber wir müssen noch immer den Abtrieb und die Aero-Leistung einbringen, um zu sehen, wie die Rundenzeiten sind", erklärte der Teamchef.

Wie es im weiteren Jahresverlauf mit der Entwicklung an der Aerodynamik aussehen wird, konnte er noch nicht sagen. Denn 2009 werden die Regeln in diesem Bereich sehr anders sein, was es notwendig machen könnte, frühzeitig viele Ressourcen dafür abzustellen. "Wir müssen sehen, wo wir zu Saisonbeginn sind und dann entscheiden, welche Vorzüge wir bei welchem Programm an diesem Auto haben und was wir 2009 fortführen. Es ist schwer zu sagen, wie die Balance aussehen wird - es könnte Dinge geben, die wir mit diesem Auto tun möchten, um für 2009 zu lernen", sagte Brawn. Denn auch wenn das Aero-Paket einzigartig sein wird, so wird die Charakteristik der Aufhängung auch bei anderen Reifen eine Rolle spielen und die Bremssysteme ebenso.

Während der Saison sind mehrere Updates geplant, Foto: Sutton
Während der Saison sind mehrere Updates geplant, Foto: Sutton

Updates am Auto sind aber so oder so während des Jahres geplant. Das erste soll rund um Barcelona kommen und danach in etwa alle drei oder vier Rennen. "Wir müssen aber auch genau in die Zukunft blicken und sicherstellen, dass 2009 ein wichtiges Barometer für die Zukunft ist. Ich werde darauf achten, die Ressourcen für die Zukunft auszubalancieren", betonte er. Besonderen Druck von Honda spürt er bei seinem Unterfangen keinen. So ist Brawn überzeugt, dass der Hersteller keine kurzfristigen Rettungslösungen will, sondern etwas Langfristiges. "Honda ist ein starkes Unternehmen und man ist offensichtlich sehr enttäuscht darüber, was 2007 passiert ist und will 2008 Fortschritt sehen. Aus meinen Diskussionen weiß ich, dass sie einen Prozess Schritt für Schritt haben wollen und das Team in die richtige Richtung gehen soll. Es gibt keine Deadline. Wir werden Dinge ändern und wenn sie in den nächsten Jahren Fortschritt sehen, dann werden sie zufrieden sein."

Das kann Brawn nur insofern recht sein, da er am neuen Auto eigentlich noch nicht viel Einfluss hatte, wie er gestand. Er habe lediglich ein paar der Prioritäten im Entwicklungsprogramm geändert, um ein paar Vorteile zu erzielen. "Während des Jahres wird es einige Entwicklungs-Programme geben, die ich besonders betonen will", meinte er. Von den Ingenieuren bekam er bei einer privaten Vorstellung des neuen Autos gute Argumente dafür, warum der RA108 so aussieht, wie er aussieht und glaubt, dass der Honda eine gute Antwort auf die Probleme des Vorjahres ist.

"Man hat die Fahrhöhen und die aerodynamische Leistung als ziemlich instabil identifiziert und es ist lange her, seit ich wirklich tief bei der Windkanal-Arbeit dabei war, aber ich kenne die passenden Charakteristiken, die ein Formel 1-Auto braucht. Und was wir nun zu erreichen versuchen, ist viel mehr darauf ausgerichtet, eine gute aerodynamische Plattform zu schaffen", berichtete Brawn. Für ihn ist es nun noch wichtig, die richtigen Arbeitsmethoden und auch -Philosophien einzuführen, damit der Zugang in den kommenden Jahren der richtige ist. Denn auch wenn jetzt die Aerodynamik aufgrund der Schwächen von 2007 im Fokus steht, so will Brawn nicht andere wichtige Bereiche aus den Augen verlieren. "Bremsen, Aufhängung, Struktur, Effizienz, Fahrbarkeit des Motors - alles muss auf Top-Niveau sein", betonte er. Da bei der Aerodynamik nun alles auf Kurs sei, wolle er auch die anderen Bereiche richtig aufstellen, fügte er an.

Ein wichtiger Teil für gute Leistung werden aber auch die Fahrer sein, von denen er bislang nur Rubens Barrichello wirklich gut kennt. Von dem ist er aber überzeugt. "Rubens hätte die Weltmeisterschaft ein paar Mal gewonnen, wenn ein gewisser Mr. Schumacher nicht da gewesen wäre. Er kann die Weltmeisterschaft gewinnen, wenn er die richtige Ausrüstung hat. Jenson habe ich nur aus der Distanz beobachtet, aber ich war immer beeindruckt", meinte Brawn. So war er vor allem von seiner Leistung im Vorjahr angetan, da er aufgrund der Umstände weiterkämpfte und auch ein paar sehr gute Rennen im Mittelfeld zeigte. "Wir haben zwei sehr gute Fahrer und ich denke nicht, dass sie ein Problem beim Erreichen unserer Ziele sein werden. Sie sind beide mehr als nur in der Lage, Rennen zu gewinnen - und das haben sie gezeigt."

Jenson Button wird von Ross Brawn ein paar Tipps bekommen, Foto: Sutton
Jenson Button wird von Ross Brawn ein paar Tipps bekommen, Foto: Sutton

Neben dem nötigen Equipment, das dafür nötig ist, will Brawn vor allem Button auch mit Rat und Tat zur Seite stehen - besonders auf technischer Seite. Er will ihm dabei helfen, effektiver mit den Ingenieuren zu arbeiten und auch, wie er das Meiste aus dem Auto holen kann. "Eine Sache, die ich von Michael [Schumacher] gelernt habe, war Arbeitsmoral: die war bei ihm sehr groß und ich sah die Vorteile, die das gebracht hat", erklärte Brawn. Barrichello habe das bei Ferrari bereits gelernt und der Teamchef war sich sicher, dass auch Button bereits gut darauf eingestellt sei - ein wenig ermutigen wollte er ihn aber noch. "Ich denke nicht, dass Jenson das fehlt, ich habe einfach noch nicht mit ihm gearbeitet. Ich will ihn damit also nicht kritisieren", griff Brawn bereits einigen Wortverdrehern vor.

Brawn selbst wird versuchen, nicht mehr allzu sehr eine Rolle ausfüllen zu müssen, die in bei Ferrari berühmt gemacht hat. So will er die Strategie-Arbeit an der Boxenmauer anderen überlassen, auch wenn er immer darüber informiert sein wird, was passiert. "Es ist aufregend, die Balance zu finden, Leuten Verantwortung zu geben und danach nicht im Weg zu stehen. Das ist in einem Rennen manchmal schwierig", sagte er. Er sieht bei Honda gute Leute, die an der Strategie arbeiten können und dadurch hätte Brawn selbst mehr Zeit für andere Dinge. "Ich liebe aber das Racing und habe viel Erfahrung, also wird es Dinge in dem Prozess geben, bei denen ich involviert bin. Es ist nur die Frage, ob ich an der Boxenmauer stehe und alles Ansage."