Fabrice, wie lautet Ihre Analyse der beiden zurückliegenden Saisonläufe?
Fabrice Lom: Da habe ich gemischte Gefühle. Auf der einen Seite haben wir in den vergangenen Wochen mit dem Wagen große Fortschritte in puncto Performance gemacht. Das zeigte sich bereits bei den Testfahrten in Jerez und wurde an den Rennwochenenden bestätigt – zumindest, wenn es trocken war. Auf der anderen Seite fiel unsere Punktausbeute leider nicht entsprechend aus. Dabei lagen gute Resultate in beiden Fällen absolut in Reichweite. Daher liegen wir in der Gesamtwertung immer noch hinter Williams, obwohl wir sie längst hätten überholen sollen.

Die Pechsträhne startete mit der Kollision zwischen Mark Webber und Sebastian Vettel in Japan ...
Fabrice Lom: Ganz genau. Marks Wagen funktionierte an diesem Tag außergewöhnlich gut. Nach dem Rennen sagte er mir, dass er überhaupt keine Probleme gehabt hätte, bei diesen Regenbedingungen Lewis Hamilton im McLaren zu schnappen. Er hätte es auf jeden Fall versucht, an ihm vorbeizugehen. Angesichts der Situation im WM-Kampf hätte Lewis wohl kaum mit letzter Konsequenz dagegengehalten. Wir reden hier also von einem möglichen Sieg für Mark. Da Williams in Fuji keine Punkte holte, hätten wir sie in der Konstrukteurswertung überholt. Wirklich frustrierend, je öfter man drüber nachdenkt.

Und was passierte in China?
Fabrice Lom: Im Trockenen war der Wagen sehr schnell. Wir befanden uns auf einem Niveau mit der Konkurrenz. Leider spielten uns die Bedingungen nicht gerade in die Karten. Da beide Autos das Top Ten-Qualifying erreicht hatten, konnten wir in puncto Treibstoff nicht mehr reagieren. Unser erster Boxenstopp erfolgte daher nicht zum richtigen Zeitpunkt, um von Regen- auf Trockenreifen zu wechseln. Wir mussten dafür kurz darauf extra noch mal reinkommen und verloren viele Plätze.

Was überwiegt denn? Die Enttäuschung, hinter Williams zu liegen? Oder – auch mit Blick auf die neue Saison – die Freude über die Leistungssteigerung?
Fabrice Lom: Gute Frage. Wir haben das Duell mit Williams noch nicht aufgeben. Wir müssen in Brasilien lediglich vier Punkte mehr sammeln als sie. Keine einfache, aber auch keine unmögliche Aufgabe. In Bezug auf nächstes Jahr sind wir noch vorsichtig. Zum einen dürfen wir die verschiedenen Regeländerungen nicht vergessen. Keine Traktionskontrolle mehr, Einheits-Elektronik und so weiter. Die Leistungsstärke über den Winter zu konservieren, wird also kein Selbstläufer. Zudem arbeiten Teams wie Renault und BMW bereits mit Hochdruck an ihren Rennwagen für 2008, während bei Red Bull Racing noch die Entwicklung des diesjährigen Modells läuft. Dies verfälscht die derzeit herrschende Hierarchie ein wenig. Da das Team aber eine klare und konsequente Entwicklungsstrategie verfolgt, haben wir dennoch allen Grund optimistisch zu sein.

Auf welchem Motorenrhythmus sind die beiden Piloten derzeit unterwegs?
Fabrice Lom: Mark Webber und David Coulthard werden in Brasilien beide mit neuen V8 fahren.

Beiden Triebwerken steht also nur ein Rennwochenende bevor. Können Sie sie anders abstimmen, um mehr Leistung zu erzielen?
Fabrice Lom:?Das würden wir nur zu gern, aber es ist unmöglich. Die Motorenentwicklung ist per Reglement eingefroren und das Drehzahllimit festgelegt. Mehr Leistung lässt sich daher nicht so einfach generieren. Unsere Fahrer holen an jedem Grand Prix-Wochenenden immer das Maximum aus ihren Motoren. Auch hier können wir also nichts gewinnen - mehr als "pedal to the metal" geht nun einmal nicht ...