Es dauerte ein bisschen, aber ein paar Stunden nach dem Qualifying in Shanghai konnte Alex Wurz endlich genauer darüber sprechen, was an seinem Auto nicht funktioniert hatte. Dabei bot er zwei Varianten an: eine kurze und eine lange. Die kurze bot nicht viel Neues und lautete: "Es hat nicht gut funktioniert, die Reifen sind nicht auf Betriebstemperatur gekommen. Das war beim Nico und bei mir so. Deshalb sind wir unter ferner Liefen hinten nach."

Die lange war dann doch etwas aufschlussreicher und beschäftigte sich mit der chemischen Reaktion zwischen Reifen und Asphalt. "Hier in Shanghai haben wir einen Asphalt, der nicht die Frequenz erzeugt, damit unser Reifen arbeiten kann. Das ist dasselbe wie bei Renault. Fisichella ist einen Platz vor mir. Das ist ein fundamentales Problem, das die Konstruktion des Autos in sich trägt", erklärte Wurz. Einfach zu lösen sei die ganze Sache nicht, sondern müsse über die Langezeit-Entwicklung angegangen werden. Allerdings betrifft es nur den Asphalt in Shanghai und sollte in Brasilien überhaupt kein Thema mehr sein.

Das Phänomen, das auftritt, nennt Wurz Micrograining, da es zwar ähnlich ist, wie das normale Graining, sich aber nur Microteile aus dem Reifen herauslösen. "Es ist wie ein Radiergummi, der sich auflöst." Dabei spielt die Temperatur an sich eigentlich keine große Rolle, wie der Österreicher noch betonte. "Es geht nur um die chemische Reaktion, die zwischen Reifen und Asphalt stattfindet. Wenn das nicht von alleine normal funktioniert, dann kann der Kutscher machen, was er will." Das Micorgraining zeigt sich laut Wurz dadurch, dass man Wellen auf der Reifenoberfläche sieht, die sich dann abschmieren, indem man rutscht - dadurch lösen sich dann auch die Kleinstteile ab. In Shanghai komme das deswegen zu tragen, weil der Asphalt von der Oberflächenbeschaffenheit her besonders glatt sei, erklärte er noch.

Nico Rosberg hatte guten Windschatten, Foto: Sutton
Nico Rosberg hatte guten Windschatten, Foto: Sutton

Dass er deswegen vor allem im letzten Sektor der Runde besonders viel Zeit verloren hat, verneinte Wurz aber. Zwar war Nico Rosberg dort etwas schneller, aber er hatte guten Windschatten und holte dadurch zwei Zehntel mehr Zeit heraus. "Ansonsten waren wir absolut parallel, mehr ging heute nicht", betonte der Österreicher. Da der 19. Startplatz für Sonntag nicht ideal ist, hofft Wurz nun natürlich, dass der Taifun wirklich eintrifft, da im Trockenen nicht mehr viel auszurichten wäre. "Außerdem wird unser Problem im Trockenen nicht behoben sein. Im Regen wäre das wieder eine andere Geschichte."

Wie schlimm das Wetter wirklich wird kann Wurz nur dem Team-Wetterbericht nach abschätzen, aber der sieht nicht allzu freundlich aus. "Ab Vormittag soll es laut unserem Wetterbericht schon regnen und ab Mittag soll es so stark sein, dass man meines Erachtens morgen eine Schwimmbrille, Flossen und Badehose mitbringen muss, aber kein Rennauto", meinte er. Wenn der Regen nicht zu stark sein sollte, hätte er kein Problem damit, zu fahren, schließlich ging es im Vorjahr ja auch. "Ich fahre auch gerne im Regen. Du musst zumindest vor dir mehr als dein eigenes Lenkrad erkennen können. Aquaplaning auf der Geraden, wenn man nichts sieht, ist für den heutigen Stand des Sicherheitsaspektes der Formel 1 einfach zu gefährlich", meinte er. Ob eine Absage möglich wäre, konnte er nicht sagen, er konnte nur betonen, dass niemand will, dass etwas Katastrophales passiert.

Sollte nicht gefahren werden, wäre Lewis Hamilton Weltmeister, sollte gefahren werden, hätte er eine gute Chance, den Titel zu fixieren. Für Wurz wäre der Brite auf jeden Fall ein würdiger Champion, sieht die Sache aber noch nicht ganz abgeschlossen. "Er hat absolut die Voraussetzungen dafür. Er ist ziemlich cool, wie er ans Werk geht - auch heute, mit der Pole Position. Abwarten. Die Formel 1 hat schon viele verrückte Geschichten geschrieben. Aber ich glaube, er wird es schaffen." Die Stärken von Hamilton konnte der Williams-Pilot in der kurzen Variante zusammenfassen: "Dass er keine Schwäche hat und dass er auf den Punkt die Leistung bringt."