Alles Vettel oder was? Normalerweise wäre Nick Heidfeld dieser eine gewesen. Der eine, nach dem sich die Mikrofone recken, dem die Fotografen folgen, der im Blitzlichtgewitter steht. Er ist der bestplatzierte Deutsche in der Formel 1, hat vor einer Woche auf dem Podium gestanden, war sogar damit unzufrieden, nun nur Fünfter geworden zu sein und ärgerte sich, die Ferrari nicht geschlagen zu haben. Außerdem hat er einfach das am meisten Aufsehen erregende Aussehen. Doch irgendwie schienen ihn die werten Medienkollegen nicht hinter seinem Murmeltierbart zu finden. Nicht, dass dies Nick stören würde, er steht ohnehin nicht gerne im Mittelpunkt der Medien, ihrer sinnlosen Fragen und ständigen Nervtöterei. Aber wenn sie ihn dann doch eine Viertelstunde Löcher in den Bart fragen, dann doch bitteschön auch zu ihm und seiner Leistung, nicht nur zum Qualifying- und Renndebüt seines Teamkollegen.

Alles Vettel oder was? Jeder wollte ein Stück abhaben..., Foto: Sutton
Alles Vettel oder was? Jeder wollte ein Stück abhaben..., Foto: Sutton

"Das ist für meinen Teamkollegen sicher schwerer als für mich", versuchte er klarzumachen, dass es für ihn kein Problem ist, wenn der Teamkollege sein Renndebüt bestreitet, vor allem dann nicht, wenn dieser schon etliche Tests und Freitagseinsätze für das Team bestritten hat. So kam er dann doch zum Vettel, nein, Thema des Tages: "Er hat mir am Anfang des Wochenendes ein oder zwei Fragen gestellt, Kleinigkeiten über Strecke und Belastung, dann hat er anfangs auch ein sehr ähnliches Set-up gewählt wie ich", erzählte Heidfeld, "und dann ist er seinen Weg gegangen." Trotzdem ist sich Heidfeld sicher: "Es wird nichts kommen, was ihn umhaut."

Alles Vettel oder was? Meinetwegen, wird sich Ralf Schumacher gedacht haben, solange er dafür in Ruhe gelassen wird. Denn wie es ist, ein hoch gelobter Neuling zu sein, hat Ralf Schumacher nie erfahren dürfen. Er war selbst bei seinem Einstieg in die Formel 1 immer nur der kleine Bruder vom Michael - da konnte man ja nur schlecht aussehen. Doch ausgerechnet heute war seine Leistung gar nicht so schlecht. Er erreichte sogar die zweite Qualifyingrunde. Wie konnte das passieren? "Ich hatte bei meinem ersten Run in Q1 Verkehr, aber wir bekamen am Ende der Session dann eine freie Runde", erklärte Ralf Schumacher. Bis ins Q3 reichte es allerdings auch dieses Mal nicht. Aber vielleicht ist es gar nicht so schlecht, wenn sich Ralf Schumacher diesen Coup für ein anderes Mal aufhebt. Bei der Vettelmania hätte es ja eh keiner mitbekommen.

Alles Vettel oder was? Er kann es selbst schon nicht mehr hören..., Foto: Sutton
Alles Vettel oder was? Er kann es selbst schon nicht mehr hören..., Foto: Sutton

Alles Vettel oder was? Sicher nicht bei Williams. Dort durfte Nico Rosberg im Vorjahr feststellen, wie es ist, wenn sich alles auf einen stürzt und auch wenn das Rampenlicht sicher auch ganz nett ist, so ist ein wenig Ruhe keineswegs zu verachten. Nico Rosberg nutzt die Situation als "normaler" Formel 1-Fahrer mit seiner gesammelten Erfahrung dazu, um mit dem Williams schnell zu fahren. Doch das ging diesmal etwas in die Hose. "Heute war es noch schwieriger als gestern", sagte Nico Rosberg. "Die Plätze 14 und 17 sind ein Desaster." Schuld daran waren zu kühle Bremsen und auch ein paar Mängel am Gesamtpaket, weswegen er nicht den vollen Speed nutzen konnte. Vielleicht hätte er sich vor dem Qualifying etwas hinlegen sollen, wie es junge Leute so zu machen scheinen.

Alles Vettel oder was? Für Alex Wurz ganz sicher nicht, denn der Österreicher durfte sich wieder einmal darüber ärgern, früh aus dem Qualifying geflogen zu sein. "Ich bin verärgert", sagte er. "Das war nicht gut." Auf seinem ersten Run sei das Auto noch gut gewesen, "aber danach nicht mehr. Ich konnte mich nicht an die Balance gewöhnen, das hat mich eine halbe Sekunde im ersten Sektor gekostet." Damit kann er nur auf ein Rennen wie in Kanada hoffen, wo es von Startplatz 19 auf Platz drei ging - diesmal steht er zwei Plätze weiter vorne... den Rest können Sie sich selber ausrechnen. Dank des schlechten Startplatzes waren Wurz irgendwelche Debütanten jedenfalls ziemlich egal. Vor allem kann auch er sich daran erinnern, einmal ein hoch gelobter Neueinsteiger gewesen zu sein, was danach kam, war dann etwas Anderes.

Alles Vettel oder was? So allein war er selten..., Foto: Sutton
Alles Vettel oder was? So allein war er selten..., Foto: Sutton

Alles Vettel oder was? Adrian Sutil ist vielleicht ein wenig neidisch auf diesen 19-jährigen Dreikäsehoch. "Immer wenn ich in einem Topteam gefahren bin, habe ich auch keine Fehler gemacht, weil das Auto wie auf Schienen lag", sagte Sutil in Indiananpolis. Doch auf Schienen liegt sein orangener Bolide sicher nicht. "Das Auto war nervös und auch heute hatten wir Probleme beim Anbremsen. Dann bleibt das Rad stehen, es ist sehr schwierig einzulenken, ohne dass ein Rad stehen bleibt. Gestern hatten wir noch ein paar mehr Probleme. Aber es ist trotzdem noch sehr schwer, das Auto am Limit zu fahren", erzählte Adrian Sutil im Interview mit motorsport-magazin.com. Spyker ist eben nicht BMW und so befand sich Sutil auch heute ein paar Mal neben anstatt auf der Strecke. Wenigstens war er auch dieses Mal schneller als sein Teamkollege.

Alles Vettel oder was? Aber sicher doch. Schließlich ist das sein Name. Vettel, Sebastian Vettel. Noch ist er bis Anfang Juli 19 Jahre jung. Somit könnte er am Sonntag der jüngste WM-Punkteträger aller F1-Zeiten werden. "Das ist mir nicht bewusst", sagte er lächelnd. Das ist ihm sogar ziemlich egal, momentan jedenfalls. Zwangsweise erfuhr er es trotzdem. Denn heute war ja alles Vettel. "Ich muss ja zuhören", scherzte er weiter. Schließlich drehte sich heute bei den deutschen Berichterstattern alles um Vettel. So muss sich also Lewis Hamilton fühlen. Nur, dass dieser bereits sechs Grand Prix auf dem Buckel, zwei Pole Positions eingefahren, einen Sieg geholt und sechs Mal auf dem Podium gestanden hat. Obendrein ist er auch noch WM-Führender - der Formel 1 wohl gemerkt, nicht des Lada Revolution Cup. Was also war an Vettels siebtem Qualifyingrang so toll, dass ihn die deutschen Medien zum Mittelpunkt des Fahrerlagers erklärten?

"Sebastian hat die Herausforderung souverän gemeistert", sagte sein Motorsportdirektor Mario Theissen, der muss es ja wissen. Vettel selbst war hingegen gar nicht mal so begeistert. "Am Ende hätte ich etwas besser sein können", gestand er. Aber das Wichtigste ist es für ihn sowieso, morgen sein erstes Rennen zu beenden. "Dann gehört es aber natürlich zu meinem gesunden Ehrgeiz, dass ich das möglichst weit vorne tun möchte." Schlaflose Nächte bereitet ihm das nicht, nur von Donnerstag auf Freitag war sein Schlaf etwas unruhig. Am Samstag hatte er sogar die Ruhe so weg, dass er sich vor dem Qualifying noch einmal hinlegte. Die schwierigste Hürde hat er gut ausgeruht bereits übersprungen - das Qualifying. Jetzt steht noch die zweitschwierigste an: der Start. "Man kommt relativ schnell an und die Kurve ist relativ trickreich, sie verleitet dazu, spät zu bremsen, da ist man schnell mal zu spät, aber die anderen sind ja auch keine Nasenbohrer, sie wissen, was sie tun, da kann man sich relativ sicher sein." Keine Nasenbohrer, aber mal sehen, ob es nach dem Rennen wieder heißt: Alles Vettel oder was?