Bevor sich die Formel 1-Welt in den dreiwöchigen Sommerurlaub verabschiedete, wurden ihr beim 13. Saisonlauf noch einmal einige Dinge mit auf den Weg gegeben; zum Beispiel, dass der vielfach gelobte "beste Grand Prix" des Jahres eigentlich nur ein Grand Prix war, wie man ihn immer erleben sollte: Nämlich voller Spannung und Überholmanöver.

Die Lehre von den Dämpfern

Begonnen hat das Ungarn GP-Wochenende mit einer unendlichen Geschichte: Die Dämpfer hielten den Paddock in Atem. Zunächst waren sie wieder erlaubt, dann wurden sie wieder angeprangert, danach wurden sie wieder ausgebaut und am Ende wieder nicht eingesetzt. Bei den Dämpfern war die Hölle los. Während der Dämpferstreit erst am 23. August bei der Urteilsverkündung des FIA-Berufungsgerichts ein Ende finden wird, baut Renault schon einmal mit dem nächsten Fahrzeugteil vor: Im Rennen übernahm statt den fehlenden Dämpfern eine Radmutter die Hauptrolle. Mal sehen welches Teil sich in der Türkei in den Vordergrund drängt?>

Die Lehre vom Tabak

Was haben Reifen & Grid Girls gemeinsam? Beiden war es zu kalt., Foto: Sutton
Was haben Reifen & Grid Girls gemeinsam? Beiden war es zu kalt., Foto: Sutton

Ab dem nächsten Jahr ist es auch in Ungarn vorbei mit Tabakwerbung. Am letzten Wochenende übten sich BAT und Philip Morris bereits in Zurückhaltung, auf den Autos von Honda und Ferrari prangten die bekannten Non-Tobacco-Schriftzüge und Ersatzlogos. Renault fuhr hingegen mit Mild Seven-Werbung - noch ist es ja erlaubt. Derweil nahm sich auch König Fußball Anleihen bei der Königsklasse des Motorsports: Angesichts des Verbots privater Sportwetten trabten die Löwen von 1860 München mit dem Schriftzug "we win!" auf der Brust über den nassen Rasen der Allianz-Arena - in der F1 sind Eratzslogans wie "look left", "team spirit" oder "be on edge" schon lange Gang und Gebe. Man kann also tatsächlich noch etwas von der Formel 1 lernen...

Die Lehre für die Presse

Hört Michael Schumacher auf oder macht er doch weiter? Nicht nur der Ex-Champion selbst muss immer wieder auf diese Frage vertröstende Antworten geben, auch sein Bruder Ralf ist ein beliebtes Opfer der Fragesteller. "Sämtliche TV- und Rundfunkstationen sowie Schreiberlinge wären gut damit beraten nicht immer über Gerüchte und Spekulationen zu schreiben", sprach Ralf wahre Worte. "Michael ist alt genug seine Entscheidung alleine zu treffen und es muss ihm niemand vorschreiben was er tun soll. Das sind alles sinnlose Kommentare, die man sich sparen kann und die Euch sowie Michael nur unnötig Arbeit machen."

"Aber man muss doch nachfragen!", schallte es aus der Presserunde zurück. "Warum muss man das? Ihr macht Euch einfach zu viele Gedanken darüber. Michael sagte, er will es in Monza bekannt geben, dann wartet doch so lange und erspart Euch das, geht stattdessen in der Zeit lieber schön essen, da habt ihr mehr davon." Apropos Essen: Wo geht Ralf denn in Budapest gerne speisen? "Die Stadt hat viele sehr schöne Ecken", weiß er. Sicherlich schönere als zum Beispiel das allseits geliebte Magny Cours. "Mir gefällt Magny Cours auch...", grinste Ralf, "das ist Geschmackssache."

Was tun, Mr Schu?, Foto: Sutton
Was tun, Mr Schu?, Foto: Sutton

Die Lehre vom Rotwein

Viele sahen Alex Wurz schon auf immer und ewig auf dem Abstellgleis Edel-Testfahrer einrangiert, doch Wurz sah sich nie als Schaffner, sondern vielmehr als edler Tropfen: "Es ist wie beim Rotwein, man wird immer besser - zumindest sagt mir das meine Frau."

Die Lehre vom Boss

Obwohl die Regenwolken schon im Freitagstraining drohten, ließen sich die Teams nicht aus der Ruhe bringen: Die Strecke blieb weitestgehend vom Fahrverkehr frei. Die Rettung schien in Person von F1-Zampano Bernie Ecclestone zu nahen: Bei seinem traditionellen Boxengassenspaziergang flehten die Beobachter regelrecht, dass Bernie die Fahrer am Kragen packen, in die Autos zerren und dann selbst auf die Strecke schieben würde. Leider blieben diese Hoffnungen unerfüllt...

Die Lehre vom Kontaktsport

So ziemlich jeder Fahrer betont immer wieder, dass er alles gegeben habe oder alles geben werde - alles andere wäre ja auch irgendwo fehl am Platz, oder nicht? Für Rubens Barrichello gilt diese 2-Euro-Phrase jedoch verstärkt: Schon in der Startaufstellung des Frankreich GP gab der Brasilianer wirklich alles und machte aus Spaß mit seinen Ingenieuren und Mechanikern den "Materrazzi". Im Freien Training in Budapest ging es ähnlich kontaktfreudig zu: Rubinho und Teamboss Nick Fry ringten in der Box - hoffentlich ist Rubens nicht der nächste Fahrer, der bei so viel Freude am Kontaktsport in die NASCAR Serie wechselt. Übrigens: Gute Laune wird am Ende belohnt, nämlich mit dem ersten GP-Sieg für Honda, wenn auch nicht für Rubens, sondern für Jenson Button. Beim Feiern waren die Japaner dann aber nicht ganz stilecht: Welcher Kontaktsportler stößt schon mit Champagner an? Bei BMW Sauber passte hingegen alles: Dort floss typisch bayerisch der Gerstensaft...

Multiple-Choice für F1-Fahrer..., Foto: Toro Rosso
Multiple-Choice für F1-Fahrer..., Foto: Toro Rosso

Die Lehre mit dem Kreuz

Wir können schon gar nicht mehr an unseren vielen Händen abzählen, wie oft wir uns schon über die Inhalts- und Sinnfreiheit der Team-Press Releases beklagt haben. Zumindest bei der Scuderia Tor Rosso scheint man dies eingesehen zu haben: Am Freitag schmückten nicht die üblichen 08/15-Statements der Fahrer das Press Release, stattdessen wählte man eine Multiple-Choice-Variante zum Ankreuzen - die Ergebnisse glichen den herkömmlichen Aussagen wie ein körnender Reifen dem anderen...

Die Lehre von den Reifen

Bei Bridgestone arbeiten eine Menge helle Köpfe und dieses Wissen geben sie an ihre Partnerteams und deren Fahrer weiter. So zum Beispiel Hisao Suganuma, der uns in Frankreich zwar noch nicht verraten konnte, wie die Einheitsreifen 2007 beschaffen sein werden, "aber eins ist klar: Sie werden rund und schwarz sein und vier Rillen haben."

Dieses Insider-Wissen machte sich Ralf Schumacher schon in Ungarn zu Nutze, als er gefragt wurde, ob er mit den gleichen Reifen wie sein Bruder gefahren sei? "Ich weiß nicht welche Reifen Ferrari gewählt hat, aber es waren beides Bridgestone. Sie waren auch beide schwarz und in der Regel rund - das gibt weniger Vibrationen." Was lernen wir daraus? Bei Bridgestone kann man sich die legendären Schwingungsdämpfer sparen, weil man runde statt eckige Reifen einsetzt!

Die Lehre von der Schadenfreude

Wie schnell das berühmte Blatt ein Wendemanöver vollführen kann, erfuhren Michael Schumacher und Fernando Alonso an diesem Wochenende am eigenen Leib. Konnte am Freitagabend noch Schumacher über Alonsos Strafe grinsen, war es am Samstagmorgen Flavio Briatore der sich ein Lächeln nicht verkneifen konnte. Schon vor der Bekanntgabe der Strafe freute er sich, dass "vielleicht ja noch etwas kommen" könnte. Danach strahlte er: "Vielleicht hat Michael es das gemacht, um den Fans etwas zu bieten. Ich weiß nicht, was er da heute gemacht hat, wie das passieren konnte." Vielleicht hätte Flavio bei seinem Fahrer nachfragen sollen, der hat am Freitag ja auch eine Flagge überfahren, wenn auch keine rote. Aber die beiden Titelkandidaten waren nicht die einzigen, die sich an diesem Wochenende einen Klops leisteten - mit seinem Auffahrunfall gegen Tonio Liuzzi komplettierte Kimi Räikkönen den Hattrick der "komplett unnötigen" Fehler der Top-3-Piloten.

113-mal ist nichts passiert..., Foto: Sutton
113-mal ist nichts passiert..., Foto: Sutton

Die Lehre von der 11

Nach dem Deutschland GP stand für Michael Schumacher fest: "Die wichtigste Zahl ist die 11." So viele oder wenige Punkte hatte er Rückstand auf Fernando Alonso. Beinahe wäre dies auch nach Ungarn so geblieben: 11 Punkte Rückstand, die 11 als Rückennummer beim Fußball und Startplatz 11 im Rennen. Dank der genauen Eichung der FIA-Waagen ist nun aber doch die "10" die neue wichtigste Zahl. Mal sehen ob nach dem Saisonfinale in Brasilien dann die "8" diese Rolle übernimmt.

Die Lehre vom 1. Mal

Jenson Button, Honda, BMW Sauber, Robert Kubica und der SA06: Alle feierten sie in Ungarn ihr erstes Mal; entweder den ersten Sieg, das erste Podest, das erste Rennen oder die erste Zielankunft. Nur die ersten Punkte wurden Robert Kubica wieder aberkannt.

"Setzen Sie sich gut hin und bestellen sie einen harten Drink, bevor Sie den nächsten Satz lesen: Jenson Button hat einen Grand Prix gewonnen", schrieb die Daily Mail am Montag. Welche Tragweite der 1. GP-Erfolg von Jenson Button und Honda hat, wird uns allerdings erst im nächsten Winter vor Augen geführt. Dann nämlich werden wir sie vermissen: Die alljährlichen Ankündigungen vom 1. Sieg - wenigstens bleiben uns die Vorhersagen für den 1. Titelgewinn...