Michael Schumacher und Ferrari beherrschten am Samstagnachmittag beinahe alle Gespräche im Paddock von Monaco. Aber nicht wegen ihrer Pole Position: Es ging um eine mögliche Bestrafung durch die FIA.

"Es geht immerhin um Ferrari", zweifelten Flavio Briatore und Jacques Villeneuve daran, dass Schumacher für den Zwischenfall in den Schlusssekunden des Qualifyings bestraft werden würde. Genauso beurteilte Jarno Trulli die Situation. Von uns danach befragt, ob Schumacher ohne Strafe davon kommen würde, sagte der Italiener überzeugt: "Oh ja, da bin ich mir sicher."

Der Toyota-Pilot hätte nicht mehr falsch liegen können: Michael Schumacher wurden alle Zeiten des Qualifyings gestrichen. Somit muss der Deutsche den Großen Preis von Monaco vom letzten Startplatz in Angriff nehmen - noch hinter seinem Teamkollegen Felipe Massa.

Die Stewards haben keinen Grund gefunden, warum er an dieser Stelle so extrem gebremst habe und mussten daraus schlussfolgern, dass er sein Auto absichtlich an dieser Stelle gestoppt hat. Die Grundlage dafür waren von der FIA und Ferrari gelieferte Daten.

Michael Schumacher hatte die Strecke eine Viertelstunde vor der Urteilsverkündung verlassen und stand somit für keinerlei Kommentar mehr zur Verfügung. Bevor er die Strecke verließ sagte er: "Ich würde nicht verstehen, wenn ich bestraft würde, ich wollte ja nur schnell fahren und wenn man dafür bestraft wird..." Zudem könne er nicht verstehen, warum ihm immer so viele Leute "Böses" unterstellen würden.

Was war geschehen?

"Es war ein verrücktes Qualifying", bilanzierte Michael Schumacher. Wie Recht er damit haben sollte, war dem Deutschen zu diesem Zeitpunkt kurz nach dem Ende wahrscheinlich noch gar nicht klar. Denn obwohl die befürchteten Abbrüche und Verkehrsprobleme weitestgehend ausblieben, bot das Qualifying in Monaco eine höchst umstrittene Szene. Daran beteiligt war Michael Schumacher.

Kurz vor dem Ende der dritten Qualifying-Session blieb der Ferrari-Star in der Rascasse stehen. Die folgerichtigen gelben Flaggen sorgten dafür, dass sich keiner seiner Konkurrenten in den letzten Sekunden verbessern und Schumacher die Pole streitig machen konnte.

"Ich habe in Kurve 18 ein bisschen überbremst. Hier ist alles so eng und der kleinste Fehler verursacht solche Situationen", versuchte der Ex-Champion den Zwischenfall herunterzuspielen. "Ich hatte ein bisschen zu viel drauf und bin aus der Kurve raus getragen worden." Der Motor war zu diesem Zeitpunkt noch nicht aus. "Nicht sofort", sagte er. "Ich suchte nach dem Rückwärtsgang, wollte dann aber nicht rückwärts in den Verkehr fahren. Dann ist der Motor endgültig ausgegangen."

"Im ersten Kurventeil bricht ihm das Heck aus", analysierte Niki Lauda die Szene, "da ist es logisch, dass er nach links lenkt. Danach lenkt er aber wieder nach rechts, macht auf und probiert noch einmal einzulenken. Dabei kommt er nicht um die Kurve und bleibt stehen." Da Ross Brawn ein technisches Problem abstritt, ist dies für Lauda ein klarer Fall: "So lange mir keiner diese unnötigen Lenkbewegungen erklären kann, war es für mich Absicht."

Von Absicht wollte Schumacher jedoch nichts wissen. Während der Pole-PK darauf angesprochen erwiderte er empört: "Ich weiß nicht, warum Ihr so eine böse Frage stellt. Das ist hart. Wenn ihr gerade eben durch Monaco gefahren wärt, würdet ihr diese Frage nicht stellen."

Ins gleiche Horn blies erwartungsgemäß auch Ross Brawn. "Wir müssen noch mit ihm sprechen, um zu erfahren was genau passiert ist, aber wir hörten viele Flüche über den Funk", sagte er gegenüber RTL. "Absichtlich würden wir so etwas niemals machen."

Keine Unterstützung aus dem Fahrerlager

Mit dieser Meinung standen die Roten jedoch fast alleine da. "Da braucht man gar keine Meinung zu haben", sagte Ron Dennis, "das war ja so offensichtlich." Auch Niki Lauda und Helmut Marko sprachen von einer "groben Unsportlichkeit", die Adrian Newey ebenfalls ausgemachte. "Es tut mir leid für den Sport, dass so was passiert und das gerade Michael so was tut", zeigte sich Newey erschüttert. "Das war nicht sauber", fügte Alexander Wurz hinzu, "und Michael gehört dafür bestraft."

Jackie Stewart schloss sich dieser allgemeinen Meinung mit einem Augenzwinkern an: "Ich glaube, dass Michael als siebenmaliger Weltmeister diese Situation hätte vermeiden können." Noch drastischer wurde man bei Renault: "Wir waren extrem überrascht Michael diesen verdächtigen Fehler machen zu sehen", sagte Chefstratege Pat Symonds. "Solch einen Fehler erwartet man von einem Anfänger, aber nicht von einem Weltmeister."

Flavio Briatore schüttelte schon am Kommandostand den Kopf, um wenig später loszupoltern: "Das ist das allerletzte, das war so offensichtlich, der hat das Auto dort ja quasi geparkt - aber der Parc Fermé ist weiter vorne", ärgerte sich der Renault-Teamboss. "Ein siebenfacher Weltmeister hat so etwas nicht nötig."

Damit aber noch nicht genug: "Jemand der sieben Mal Weltmeister gewesen ist, sollte uns nicht glauben machen, dass das keine Absicht war. Das ist ein Märchen. Da wir aber nicht Schneewittchen und die sieben Zwerge sind, war es für mich unsportlich. Es war wirklich erstaunlich und absolut unglaublich."

Mindestens genauso aufgebracht war der noch nicht einmal direkt betroffene Keke Rosberg. "So etwas ist der Untergang für den Sport, diesmal muss Michael als Lügner dargestellt werden. Das passt nahtlos in die Reihe mit Adelaide und Jerez, jetzt ist es wirklich an der Zeit für ihn, aufzuhören. Wenn Nico so etwas machen würde, dann würde ich ihn zurück an die Uni schicken, dann sollte er sofort mit dem Rennfahren aufhören."

Schumachers alter Rivale Jacques Villeneuve führte diesen Gedanken weiter: "Wer so etwas Beschämendes macht, der sollte kein Rennauto mehr fahren dürfen. Das wäre selbst für Ide beschämend gewesen. Wer so einen Fehler begeht, der sollte noch nicht einmal eine Superlizenz besitzen. Das ist einfach nur dumm."