Die große sportliche Lehre des Nürburgring-Wochenendes ist offensichtlich: Ferrari ist endgültig zurück. Nach dem Imola-Sieg gab es noch Zweifel daran, ob die Scuderia auch auf anderen Strecken konkurrenzfähig sein würde. Zu Füßen der Nürburg erteilten sie den Zweiflern eine Lehre. Aber das traf nicht nur auf sie zu...

Die Lehre vom Motorhome

Wer durch das F1-Fahrerlager schlenderte, erlebte am Ende der Boxengasse bei MF1 Racing ein Déjà-vu der besonderen Art: Statt dem neuen Midland-Motorhome parkte das aus der DTM bekannte Futurecom TME Motorhome im Paddock. Der Grund: Das neue Heim von Alex Shnaider und Colin Kolles sorgte bei seiner Premiere in Imola noch für Sorgenfalten. Deshalb griff man in Deutschland kurzerhand auf das bewährte DTM-Motorhome zurück. Aber egal wie die Hospitality aussieht: Wer genug von der Energy Station und den allgegenwärtigen Red Bull Dosen hat, der kann sich bei MF1 wagemutig mit viel schrägeren östlichen Energy Drinks versorgen...

Die Lehre von der Flagge

Große Auswahl bei den Motorhomes, nicht den Autos., Foto: Sutton
Große Auswahl bei den Motorhomes, nicht den Autos., Foto: Sutton

Eine rote Flagge unterbricht eine Trainingssession. Alle Fahrer müssen den Fuß vom Gas nehmen und notfalls anhalten. So steht es im Regelbuch der FIA. Die modernen Computer scheinen sich darum aber nicht zu scheren: Mitten während der ersten Qualifying-Session setzte der Zeitnahmecomputer aus. Noch schlimmer: Er zeigte für einige Sekunden eine rote Flagge an, weshalb die Renningenieure geistesgegenwärtig ihren Piloten ins Cockpit funkten langsamer zu fahren. Nur Pech, dass sie einem verspäteten April-Scherz des Zeitencomputers auf den Leim gegangen waren. Die Session wurde von alleine wieder freigegeben und etliche Piloten verloren eine wertvolle Runde. Was lernen wir daraus? Selbst auf rote Flaggen ist kein Verlass mehr - oder wie der bestrafte Christian Klien sagte: "Ich sollte plötzlich wieder Gas geben und weiterfahren. So etwas passiert normalerweise nie..."

Die Lehre vom Grid

Zurückgenommene Beinahe-Rote-Flaggen mögen fast nie vorkommen. Unendliche Diskussionen um die Startaufstellung gehören seit Malaysia aber zum guten Paddock-Ton. So prüften die Stewards stundenlang nach dem Qualifying, ob Giancarlo Fisichella von Jacques Villeneuve regelwidrig aufgehalten wurde. Erst Stunden später, als das Media Centre schon fast gänzlich verwaist war, schlug die Nachricht ein: Villeneuve werden die drei schnellsten Runden aberkannt. So weit so gut. Doch eine Strafversetzung wäre keine FIA-Strafe, wenn sie kein Chaos in der Startaufstellung auslösen würde. Zunächst hieß es Villeneuve würde bis hinter Ralf Schumacher auf Platz 10 zurückfallen - der Toyota-Pilot war jedoch gar nicht im 3. Qualifying dabei. Eine weitere Stunde später kam die Entwarnung: Die FIA-geschädigten Gehirne unserer Schreiberlinge sind doch nicht so schlecht - Villeneuve startete wie erwartet von Platz 9; vor Ralf Schumacher.

Die Lehre von den Entschuldigungen

Jacques wusste nicht, wofür er sich entschuldigen soll., Foto: Sutton
Jacques wusste nicht, wofür er sich entschuldigen soll., Foto: Sutton

"I'm sorry." Diese drei Worte hätten uns am Samstag viele Streitereien ersparen können - jedenfalls wenn sie von Jacques Villeneuve und Takuma Sato benutzt worden wären. Doch Villeneuve weigerte sich die Schuld für Fisichellas Ausscheiden auf sich zu nehmen und musste sich dafür vom Italiener anhören, dass er eines Tages dafür bezahlen werde.

Christian Klien bekam für den gleichen Sachverhalt von Takuma Sato ebenfalls kein "Es tut mir leid." zu hören. Stattdessen sagte er: "Sato macht immer die gleichen Fehler und ist nicht ehrlich zu sich selbst."

Bei Midland verlangte Tiago Monteiro derweil eine Entschuldigung für das Flaggenchaos: "Hoffentlich haben die Organisatoren eine Erklärung dafür, denn am Ende war es für sie vielleicht keine große Sache, aber mich kostete es meinen zweiten Run und damit die Möglichkeit in die zweite Session zu gelangen."

"Aufgrund eines Elektronikfehlers am Bedienelement der Startampel wurde aus Versehen das Signal für einen Abbruch über die Startampel und die Zeitenmonitore angezeigt. Die FOM entschuldigt sich für jegliche Unannehmlichkeiten." Ob ihn diese Antwort versöhnlich stimmte, ist nicht bekannt. Aber mit Bernie legt man sich bekanntlich besser nicht an.

Die Lehre von den Flügeln

Sato verlor schon das ein oder andere Teil..., Foto: Sutton
Sato verlor schon das ein oder andere Teil..., Foto: Sutton

Schon in ihrem ersten Freien Training in Bahrain verloren die Super Aguri Boliden gerne einmal ein Teil oder einen kleinen Flap. Am Nürburgring setzten sich die Auflösungserscheinungen fort: Im Rennen flatterte einer der Airbox-Flügel munter im Fahrtwind. Als Ursache für die vorzeitigen Ausfälle von Takuma Sato und Franck Montagny kam das aber wohl eher nicht in Frage.

Die Lehre von der Taktik

Im letzten Jahr funktionierte bei Ferrari gar nichts. Das Auto war langsam, die Reifen hatten keinen Grip, die Fahrer machten Fehler und die Strategien gingen nicht auf. Kaum haben die Roten auf die Siegerstraße zurückgefunden, scheinen diese Probleme wie verflogen zu sein. Das Auto ist schneller als die Konkurrenz, die Reifen sind den Rivalen überlegen, die Piloten fahren fehlerlos und die Strategien gehen zweimal hinterher besser auf als bei den Gegnern. Erfolg scheint sich also wirklich auf das nötige Quäntchen Glück auszuwirken.

Die Lehre von den Überrundungen

In einem seiner letzten Interviews als Formel 1-Einsatzpilot sagte Yuji Ide der adrivo Sportpresse: "Ich möchte an sich gar nicht anderen Platz machen, sondern um meine Position kämpfen." Dennoch fiel der Japaner an seinen vier Rennwochenenden vor allem durch zwei Dinge auf: Überrundungen und Abflüge ins Kiesbett.

Bei seinen Hauptkonkurrenten von MF1 Racing erzielte man diesbezüglich am Nürburgring einen Durchbruch: "Das war heute ein Fortschritt für uns", sagte Johnny Herbert stolz. "Wir wurden nur einmal überrundet." Dass also meinen die Grauen, wenn sie seit Wochen tagtäglich davon sprechen, dass sie die Lücke weiter geschlossen hätten...

Ganz nach Felipes Geschmack..., Foto: Sutton
Ganz nach Felipes Geschmack..., Foto: Sutton

Die Lehre vom Champagner

Zum ersten Mal durfte Felipe Massa am Nürburgring Siegerchampagner verspritzen. Und wie hat er dem Brasilianer geschmeckt? "Super - ich liebe Champagner!", strahlte er. "Ich bin versucht meinen Rennanzug anzubehalten - der Champagner riecht so gut!" Da kann er ja froh sein, dass seine Podest-Premiere erst in der Eifel und nicht schon bei seinem ersten Ferrari-Rennen in Bahrain stattfand. Da hätte er nämlich das schräge Mix-Getränk Warrd verspritzen und vor allem riechen müssen. Und das wäre dann wohl eher ein Podestplatz zum Abgewöhnen gewesen...

Die Lehre von den Siegen

Michael Schumacher rechnete nach seinem zweiten Saisonsieg mit vielen Fragen. Aber RTL-Boxengassenreporter Kai Ebel erwischte ihn trotzdem eiskalt: "Kann man sich nach so einem tollen Sieg vorstellen noch einmal zwei Jahre dranzuhängen?" Nach einem herzhaften Lachen erwiderte der Ex-Champion nur: "Du hast bestimmt noch mehr Fragen als diese."

Die lieben Kollegen auf jeden Fall. Und zwar richtig einfallsreiche: "Inwieweit beflügeln Siege Sie dazu die Karriere fortzusetzen?" "Es gibt sicherlich noch bessere Fragen, die ich zum jetzigen Zeitpunkt auch beantworten kann." Also musste Manager Willi Weber herhalten: Unterschreibt es sich mit einigen Siegen im Rücken leichter? "Die Unterschrift ist nicht das Problem. Auch die Vertragsverhandlungen sind nicht das Problem." Was also ist das Problem? "Er muss sich entscheiden: Macht er weiter oder hört er auf." So einfach ist das.