Die 2000er Jahre waren die Hochzeit der Werke in der Königsklasse des Motors - und der Geldvernichtung. Mit Beginn der neuen Formel-1-Ära 2022 werden die Hersteller wieder aktiver. Neben den Traditionsmarken wie Ferrari, Mercedes und Alpine (Renault) mischt mittlerweile auch Aston Martin als Werksteam mit. Zudem nimmt Red Bull mit den von Red Bull Powertrains eingesetzten Honda-Triebwerken eine Zwischenstellung ein. Mit Audi folgt ab der Saison 2026 ein weiterer Hersteller dem Ruf der Königsklasse. Aber auch die Kundenteams wollen zukünftig wieder mehr Komponenten in Eigenregie entwickeln und produzieren. Haas-Teamchef Günther Steiner hält von diesem Trend nicht allzu viel.

Der Südtiroler glaubt, dass man auch als Kundenteam in der Formel 1 erfolgreich sein kann und versichert, dass Haas das auch bleiben wird. "Ich glaube, derzeit denken alle etwas zu viel über die Regelveränderungen im Jahr 2026 nach. Natürlich kann nicht jedes Team ein Werksteam sein. Stand jetzt wird es 2026 vier Kundenteams geben und wir werden eins davon sein", sagte Steiner. "Ich möchte nicht zu negativ klingen, aber Hersteller kommen und gehen. Was bleibt sind die Teams. Vielleicht ist man in 10 Jahren lieber ein Kundenteam. Wir sind jedenfalls bereit für 2026 und sind glücklich über unseren Kundenmotor", fügte er hinzu.

Steiner: Schauen Sie sich Aston Martin an

Aston Martin hat, trotz Rückstand in der Gesamtwertung, bisher ein schnelleres Auto als Motoren- und Getriebelieferant Mercedes. Dass die Grünen in der Konstrukteurs-WM aktuell hinter dem einstigen Erfolgsteam liegen, liegt zum Großteil an den fehlenden Punkten von Fernando Alonsos Teamkollege Lance Stroll. Für Günther Steiner ist der Umstand, dass Aston Martin als Kundenteam ein podiumsfähiges Auto bauen konnte, der Beweis, dass ein Kunde nicht zwangsläufig schlechter als das Werksteam sein muss. Schließlich war es einst Haas, das mit Komponenten von vielen verschiedenen Herstellern in ihren Anfangsjahren gute Ergebnisse erzielen konnte.

"Aston Martin benutzt einen Mercedes-Motor, hat aber das schnellere Auto. Man muss sich auch immer die Realität vor Augen führen. Im Moment schlägt ein Kundenteam ein Werksteam - und zwar kein schlechtes. Im Jahr 2026 wird es voraussichtlich sechs Motorenhersteller geben. Wenn zwei bis drei davon einen besseren Motor entwickeln als die anderen, könnten wir vor Teams landen, die einen schlechteren Motor haben. Es gibt also Vor- und Nachteile, wenn man ein Kundenteam ist", erklärte Steiner.

Werksteams in der Formel 1: Der Schlüssel zum Erfolg?

Es ist zwar herrschende Meinung in der Formel 1, dass man für langfristigen Erfolg ein Werksteam sein muss, jedoch bestätigt die Ausnahme die Regel. Nachdem Mercedes bereits jahrelanger Motorenlieferant von McLaren war, entschied sich der Autohersteller aus Stuttgart 2009 das frisch gebackene Weltmeisterteam Brawn GP zu übernehmen, und als Werksteam in die Formel 1 zurückzukehren. Der Erfolg blieb allerdings zunächst aus und McLaren konnte drei Jahre in Folge mehr Punkte einfahren als ihr Zulieferer, ehe Mercedes im Jahr 2014 in ihre dominante Ära startete. Doch welche Werksteam-Vorteile haben dazu geführt?

Zusammenspiel aus Motor und Chassis: Der größte Vorteil entsteht durch die besseren Abstimmungsmöglichkeiten zwischen Chassis und Motor des Autos. Kundenteams, die auf die Motoren von anderen Teams angewiesen sind, müssen ihr Fahrzeugkonzept an den Motor anpassen, den sie geliefert bekommen. Das hat zur Folge, dass bestimmte vielversprechende Aerodynamische Konzepte unter Umständen gar nicht realisiert werden können, einfach weil der Motor zu diesem Konzept passt. Diese Einschränkung hat sich in der Vergangenheit vor allem bei der Konstruktion der Hinterradaufhängung und dem Kühlsystem bemerkbar gemacht. Ein Werksteam dagegen kann sich bereits bei der Entwicklung des Motors mit ihren Aerodynamikern abstimmen, um einen möglichst guten Kompromiss zwischen Motor und Chassis zu finden. Dadurch kann in der Entwicklung des Motors auf aerodynamische Schwachstellen des Autos eingegangen und reagiert werden.

Besseres Motorenverständnis: Seit 2020 ist es den Motorenherstellern zwar nicht mehr erlaubt, ihren Kundenteams gewisse Motoreneinstellungen vorzuenthalten, jedoch besteht bei den Motoren weiterhin ein zumindest kleiner Vorteil für die Werksteams. Sie verfügen über umfangreiche Daten ihrer Motoren, deren Leistung über verschiedene Parameter hinweg sorgfältig überwacht und analysiert werden kann. Dadurch können Bereiche zur Verbesserung identifiziert und ihre Motoren entsprechend abgestimmt werden. Außerdem sie haben dank ihrer Zusammenarbeit mit mehreren Teams einen noch breiteren Zugang zu wertvollen Informationen.

Keine Abhängigkeit von der Performance der Konkurrenz: Wie Günther Steiner bereits erwähnt hat, kann man bei der Wahl seines Motorenlieferanten viel gewinnen. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass man genauso viel verlieren kann, wenn der Hersteller einen leistungsschwächeren Motor baut als die Konkurrenz. Die Abhängigkeit von anderen Teams kann eine Gefahr darstellen. Als Werksteam ist man im wahrsten Sinne des Wortes seines eigenes Glückes Schmied. Schwachstellen bei der Motorleistung können gezielt angegangen werden und man ist nicht auf die Fortschritte anderer Teams angewiesen.

Der Saisonauftakt von 2014 markierte den Startschuss der Mercedes-Dominanz, Foto: Mercedes AMG
Der Saisonauftakt von 2014 markierte den Startschuss der Mercedes-Dominanz, Foto: Mercedes AMG