Das Mindestgewicht der Formel-1-Boliden sinkt 2023 wieder. Zwar nur minimal von 798 auf 796 Kilogramm, aber entgegen des Trends zu immer schwereren Autos. Im Vergleich zu früher sind die Autos dennoch deutlich schwerer und größer. Das hat neben Auswirkungen auf den Fahrstil auch in Punkto Sicherheit Konsequenzen. Mehr Gewicht heißt mehr Risiko, so George Russell.

Die neue Formel-1-Ära: Untersteuern, heftige Einschläge und Herausforderungen

Zu Beginn der Saison waren alle Teams mit Ausnahme von Alfa Romeo deutlich über dem Mindestgewicht. "Ich denke, dass es für viele Teams die größte Herausforderung der Saison sein wird, die Autos auf das Mindestgewicht zu bringen", orakelte Adrian Newey zu Saisonbeginn. Erst nach und nach näherten sich die Autos den angestrebten 798 Kilogramm an.

Alfa Romeo profitierte in der ersten Saisonhälfte von ihrem leichteren C42, Foto: LAT Images
Alfa Romeo profitierte in der ersten Saisonhälfte von ihrem leichteren C42, Foto: LAT Images

Schon mit der Turbohybrid-Ära stieg das Gewicht der Boliden beinahe sprunghaft um 50 Kilo an. 2022 schlagen die Hybridmotoren mit 151 Kilogramm zu Buche. Die neue Autogeneration mit ihren 18-Zoll-Reifen und neuen aerodynamischen Konzepten macht das Mindestgewicht zur Herkules-Aufgabe für Ingenieure. Und für Fahrer, die vor allem in langsamen Kurven mit Untersteuern kämpften.

Russell: Hohes Gewicht macht uns das Leben schwer

Ursache: Die schweren Boliden. "Das große [Problem] ist das Gewicht", meinte George Russell zu Autosport. 798 Kilo wogen die Dienstwägen der Formel-1-Piloten 2022, über 900 Kilo mit vollem Tank. "Das Gewicht ist wirklich außerordentlich und macht uns im Moment vor allem bei geringer Geschwindigkeit die Performance zunichte."

"Die Autos sind größer und schwerer geworden und aerodynamisch nicht besonders effizient, weil sie einen hohen Luftwiderstand haben", schließt sich Adrian Newey im Interview mit Motorsport-Magazin.com dem Mercedes-Piloten an. "Ich finde es ein bisschen schade, dass die Formel 1 diesen Weg eingeschlagen hat."

Übergewicht als Risikofaktor in der Formel 1

Als Vorsitzender der GPDA ist George Russell Sicherheit in der Formel 1 ein großes Anliegen. Und sein Wort hat Gewicht. "Wir machen die Autos sicherer und sicherer. Aber je schwerer sie sind, desto heftiger die Zusammenstöße", gibt der Mercedes-Pilot zu bedenken. "Es ist, wie wenn du mit einem Bus einen Unfall hast. Im Vergleich zu einer Kollision mit einem Smart."

"Du hast bei gleicher Geschwindigkeit einen viel heftigeren Einschlag mit einem 800 oder 900 Kilogramm schweren Auto", rechnet George Russell vor. "Verglichen mit einem Auto von vor 15 Jahren, als es noch 650 Kilogramm waren."

Als Vorsitzer der GPDA ist Russell stets um die Sicherheit der 20 Piloten besorgt, Foto: LAT Images
Als Vorsitzer der GPDA ist Russell stets um die Sicherheit der 20 Piloten besorgt, Foto: LAT Images

Russell fürchtet Sicherheitsrisiko mit Formel-1-Panzern

"Wenn sie immer schwerer und schwer, stärker und stärker werden kommst du irgendwann an einen Punkt, wo schwerer nicht mehr sicherer ist", ist der Brite überzeugt. Auch wenn gerade Sicherheitsstrukturen wie der Halo (9 Kilo) das Auto schwerer machen. Russell vertraut aber auf die FIA, die 2023 umstrukturiert wird. "Ich bin mir sicher, dass gerade analysiert wird, wie man die richtige Balance hält." Russell selbst wisse nämlich nicht, wie die Grenze gezogen werden könnte.

RennserieGewicht
Formel 1798 Kilo
Formel E780 Kilo
Porsche 911 GT3 R1.290 Kilo
Reisebus Mercedes Tourismo L 24.000 Kilo
Deutscher Kampfpanzer Leopard 262.000 Kilo

Ganz so schwer wie ein Reisebus oder ein deutscher Kampfpanzer sind Formel-1-Autos noch nicht, aber die Entwicklung geht immer mehr weg von den einstigen leichten Flitzern. Von den 450 Kilogramm bei der Einführung des Mindestgewichtes (ohne Fahrer) ist die Königsklasse mittlerweile weit entfernt. Und das nicht, weil ab 1995 die Fahrer miteingerechnet werden.