Beim reinen Blick auf die Punkte sieht das erste Jahr des einzigen Debütanten in der Königsklasse 2022 ziemlich düster aus: Guanyu Zhous 6 Zählern stehen deren 49 seines Alfa-Romeo-Teamkollegen Valtteri Bottas gegenüber. Doch der Schein trügt etwas. Der Alfa Romeo war vor allem zu Saisonbeginn stark, was der erfahrene Finne natürlich besser nutzen konnte als der Rookie Zhou, der erst einmal Fuß fassen musste. Als der erste Chinese der Formel-1-Geschichte dies getan hatte, ließ ihn die Technik seines Boliden zu häufig im Stich. Die Leistung Zhous war im Vergleich nicht so schlecht, wie es die WM-Tabelle suggeriert.

Guanyu Zhous Qualifying-Statistiken 2022

Qualifying 2022
Poles0
Ø Ergebnis14,4
Ø Rückstand auf Teamkollegen+ 0,242
Siege im Quali-Duell7

Guanyu Zhou im Qualifying: Der Debütant musste sich mit Valtteri Bottas gleich einem der besten Qualifyer im Feld stellen. Bei Mercedes hatte der Finne in dieser Disziplin sogar Lewis Hamilton herausfordern können. Dementsprechend war es für den Chinesen zu Saisonbeginn schwer sich auf eine Runde zu behaupten, doch mit der Zeit mauserte er sich. Im achten Saisonrennen in Aserbaidschan qualifizierte er Bottas erstmals aus. Ein Rennen später in Kanada ging es ins Q3, was Zhou kurz darauf in Silverstone wiederholte. Nur fünfmal war bereits in Q1 Schluss. Die sieben Qualifikationssiege gegen Bottas in den fünfzehn Rennen ab Baku können sich durchaus sehen lassen. Der durchschnittliche Rückstand von mehr als zwei Zehnteln hingegen zeugt vor allem vom Saisonbeginn, als Bottas teilweise mehr als eine halbe Sekunde voraus war.

Guanyu Zhous Renn-Statistiken 2022

Rennen2022
Siege0
Podien0
Punkte6
WM-Platz18
Ø Zielankunft12,7
Beste Zielankunft8
Ausfälle6

Guanyu Zhou im Rennen: Beim Blick auf Guanyu Zhous Rennstatistik fällt sofort eine Zahl ins Auge: Sechs Ausfälle musste der Chinese 2022 hinnehmen. Was auf dem Papier den Eindruck eines Crashpiloten vermittelt, war aber mitnichten der Fall. Gleich viermal streikte die Motorentechnick seines Alfa Romeos im Rennen, teilweise in aussichtsreicher Position wie in Baku. In Silverstone wurde er Opfer des Startchaos, in Singapur drängte ihn Nicholas Latifi in die Wand. Zhou hatte also einfach nur Pech. Das klare Saisonhighlight war der achte Platz in Kanada. Zu beachten ist außerdem der zehnte Rang in Italien, denn dort beendete er eine punktelose Durststrecke des zurückgefallenen Alfa-Romeo-Teams von insgesamt sechs Rennen.

Zhou schien vor allem darauf bedacht zu sein, keine Fehler zu machen und das Auto ins Ziel zu bringen. Dies ist ihm in den allermeisten Fällen gelungen. Einige Male gab er aber selbst zu, etwas zu konservativ herangegangen zu sein und das Auto unterfahren zu haben. Dennoch war im Verlauf der Saison auch in Sachen Speed ein Fortschritt zu sehen, der durch den Rückfall Alfa Saubers im Entwicklungsrennen konterkariert wurde. Seine Leistungen im Rennen lassen sich wohl am besten mit dem Wort solide beschreiben: Einem Mangel an herausragenden Auftritten standen aber eben auch keine großen Blamagen gegenüber. Einzig beim Frankreich Grand Prix fiel der Rookie negativ auf, als er Mick Schumachers Haas am rechten Hinterreifen berührte und in einen Dreher zwang.

Guanyu Zhous Entwicklung: Trotz des Punktes beim Auftakt in Bahrain startete Zhou zunächst zaghaft in seine erste Formel-1-Saison. Angesicht von nur drei Testtagen in komplett neuen Autos muss einem Rookie eine gewisse Eingewöhnungszeit aber auch zugestanden werden. Unglücklich war für ihn, dass der Alfa Romeo genau in diesen ersten Rennen eindeutig am konkurrenzfähigsten war. Nach einigen Wochenenden Lernphase robbte er sich näher an Teamkollege Bottas heran, ohne dass seine Leistungen belohnt wurden. Zum Ende der Saison holte sein Teamkollege dann jedoch noch zweimal Punkte, während Zhou sich mit zwölften Plätzen begnügen musste.

Guanyu Zhous Formel-1-Saison 2022 in Noten

MSM-RankingNote (Platz)
Gesamtnote3,19 (15.)
Redaktionsnote3,11 (15.)
Lesernote3,27 (15.)
Bestes RennenKanada (1,94 - 4.)
Schlechtestes RennenFrankreich (4,58 - 20.)

Das sagt Guanyu Zhou: "Es war eine fantastische Rookie-Saison. Wir sind mit einem Hoch gestartet, und es ist schön zu sehen, dass wir sie auch mit einem Hoch beendet haben. Natürlich ist es nicht immer so gelaufen, wie wir es uns erhofft haben. Wir hatten einige Probleme mit der Zuverlässigkeit, aber ich bin zuversichtlich, dass wir das alles über den Winter in den Griff bekommen und nächstes Jahr eine viel bessere Saison haben werden. Insgesamt habe ich meine erste Formel-1-Saison wirklich genossen, mit all der Unterstützung durch mein Team, meinen Teamkollegen Valtteri und den Fans. Ich bin dankbar für all das und kann die nächste Saison kaum erwarten."

Das sagt MSM: Der von vielen vor Saisonbeginn als Paydriver angesehene Guanyu Zhou hat sich seine zweite Chance bei Alfa Romeo 2023 durchaus verdient. Das schweizer Team erkannte, dass der Punktestand kein ehrliches Bild von Zhous Rookie-Saison widerspiegelte und verlängerte den Vertrag des Chinesen bereits im September um ein weiteres Jahr. In Hinwil schätzten die Sauber-Mitarbeiter vor allem seine Arbeitseinstellung und Lernfähigkeit. Zhous größte Stärke ist seine Konstanz, er begeht kaum Fehler. Dennoch muss er in seinem zweiten Formel-1-Jahr noch einmal etwas an Speed zulegen und dann vor allem gleich vom Auftakt an zuschlagen, denn 2023 könnte es wieder bereits in den ersten Rennen der Saison um die meisten Punkte für Alfa Romeo gehen. 2022 hielten Zhou zunächst eine eingeschränkte Vorbereitung und Technikpech zurück, aber zumindest ersteres wird nun nicht mehr als Entschuldigung herhalten können. Der Grundstock für mehr als nur sechs Punkte ist vorhanden, doch Zhou wird sie auch liefern müssen, wenn er über 2023 hinaus in der Formel 1 verbleiben will.