Erst vor kurzem hatte GPDA-Präsident Alexander Wurz angemerkt, die Formel 1 sei mittlerweile politisch geworden. Unter den Piloten taten sich zuletzt besonders Lewis Hamilton und Sebastian Vettel mit sozialkritischen Forderungen hervor.

FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem hatte diese Entwicklung in einem Interview mit grandprix247.com ebenfalls erkannt. Er gab zwar an, dass seine Rally-Karriere ihn mit vielen Kulturen und Menschen aus diversen Hintergründen bekannt gemacht habe und er diese Erfahrungen sehr schätze. Aber Ben Sulayem ärgerte sich auch über die verschwimmende Grenze zwischen Sport und Politik.

Niki Lauda und Alain Prost hätten sich im Gegensatz zu den heutigen Fahrern nicht in die Politik eingemischt, meint Sulayem, Foto: Sutton
Niki Lauda und Alain Prost hätten sich im Gegensatz zu den heutigen Fahrern nicht in die Politik eingemischt, meint Sulayem, Foto: Sutton

"Du versuchst den Sport von der Politik zu trennen. In unseren FIA-Statuten steht Neutralität", gab der FIA-Präsident an. "Politik sollte Politik sein und Neutralität soll Neutralität bedeuten. Daher sind wir nur aus einem Grund hier und das ist der Sport. Heute soll man politisch sein, ohne wirklich Politiker zu sein." Der 60-Jährige fuhr fort: "Wo ist da die richtige Balance? Die FIA sollte vorsichtig sein und sich nicht in die Politik hineinziehen lassen, indem sie unsere Verwurzelung im Motorsport vergisst."

Ben Sulayem gab als Beispiel für Neutralität seine eigene Arbeit an: "Ich komme aus einer arabischen Kultur. Ich bin international und muslimisch eingestellt. Wenn sie sich meine Arbeit in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansehen, dann arbeiten dort 16 Nationen miteinander. Aber gehe ich da hin und drücke den Leuten meine Überzeugungen auf? Nein." So habe er es auch in der Schmuck-Diskussion gemacht. Es zähle nicht seine Meinung, sondern das Regelwerk.

"Niki Lauda und Alain Prost haben sich nur für das Rennfahren interessiert. Jetzt fährt Vettel ein Regenbogenfahrrad, Lewis kümmert sich um Menschenrechte und Norris um mentale Gesundheit. Jeder darf sich Gedanken machen. Für mich geht es darum, ob wir die ganze Zeit unsere eigenen Überzeugungen über den Sport stellen müssen", monierte der 60-Jährige.

Ben Sulayem auf Twitter: Unterstütze Engagement der Fahrer!

Im Zuge des 'Pride Month' gibt es in der Formel 1 jedoch zahlreiche Aktionen, um Unterstützung für die LGBTQ+ Gemeinschaft zu signalisieren. Mercedes beispielsweise wird im Juni mit einem regenbogenfarbenen Stern auf der Nase an den Start gehen. Sebastian Vettel wiederum meinte im britischen Schwulen-Magazin Attitude, die Formel 1 sollte einen homosexuellen Fahrer begrüßen, um ein Zeichen gegen Vorurteile zu senden.

FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem reagierte im Zuge dessen auf Kritik an seinem Interview und ruderte auf Twitter zurück: "Ich habe immer an den Sport als Katalysator für gesellschaftlichen Fortschritt geglaubt. Deswegen betrachte ich Nachhaltigkeit, Vielfalt und Inklusion als Schlüsselfaktoren meiner Amtszeit. In diesem Sinne schätze ich den Einsatz aller Fahrer und Champions für eine bessere Zukunft", schrieb der ehemalige emiratische Rallyefahrer.

Gerade beim Thema Homosexualität befindet sich der FIA-Boss in einer heiklen Situation. In seinem Heimatland werden homosexuelle Handlungen nicht geduldet. Gleichzeitig sind in der Formel 1 Fahrer, Teams und Sponsoren an einer Inklusion der LGBTQ-Gemeinschaft offensichtlich sehr interessiert.