Nachdem gestern Dienstag der künftige und der scheidende Teamkollege von Ferrari-Star Michael Schumacher ihre Runden um die Highspeedbahn im königlichen Park von Monza gedreht haben, ging es heute Mittwoch so richtig zur Sache. Quasi ein "Petit Prix" vor dem GP von Italien am übernächsten Wochenende - wobei der Begriff "Petit Prix" seit dem USA-GP wohl eher negativ belegt ist. Wie dem auch sei - bei Sonnenschein und 29 Grad Celsius Lufttemperatur schärften heute 16 Piloten aus acht Teams ihre Boliden. Und weil der Italien-GP das Rennen mit dem wenigsten Abtrieb im GP-Kalender darstellt, präsentierten sich diese Boliden quasi im Flachflügel-Outfit. Ebenfalls mehrfach zu sehen war die rote Ampel, welche den Beteiligten signalisiert, dass die Session wegen eines Zwischenfalls auf der Strecke unterbrochen ist.

"Die MP4-20 fahren mit dem Aerodynamik-Paket für Monza", klärt eine Presseaussendung des McLaren-Teams auf. Wer hätte das gedacht? Doch Ironie beiseite - die Silbernen waren heute mit allen vier Piloten im Einsatz. Der Fokus der "fantastischen Vier" hieß: Renndistanzen absolvieren, Arbeiten am Set Up und natürlich Reifentests für Michelin. Der Plan war, dass am Vormittag die beiden Testpiloten Alex Wurz und Pedro de la Rosa die Arbeit beginnen und am Nachmittag die Einsatzfahrer Kimi Räikkönen und Juan Pablo Montoya übernehmen. So geschah es dann auch. Doch in der Inlap seines letzten Stints am Vormittag drehte sich De la Rosa in das Kiesbett - als die Mechaniker das Auto vom Schotter befreiten, entdeckten sie ein Problem mit dem Getriebegehäuse. Und weil das wiederum dauerte, konnte Istanbul-Sieger Räikkönen heute nur fünf Runden abspulen.

Am schnellsten war am Ende, nach 49 Umläufen, Juan Pablo Montoya mit einer Zeit von 1:19.880 Minuten - das bedeutet einen neuen inoffiziellen Rundenrekord in Monza! Der Kolumbianer war damit auch um eine volle Sekunde schneller als WM-Leader Fernando Alonso im Renault, obwohl der Spanier 50 Runden mehr als JPM absolviert hat. Die Silberpfeildominanz blüht also richtig auf - auch wenn Alonso und Fisichella (der rund 5/10 langsamer als sein Teamkollege war) die Plätze 2 und 3 belegen und somit drei McLaren-Piloten hinter sich lassen konnten. Renault-Cheftestingenieur Christian Silk erklärte: "Am ersten Tag ist es immer ein bisschen schwierig, da sich die Piloten erst an die Low Downforce-Konfigurationen gewöhnen müssen und die Strecke immer recht schmutzig ist." Beide Einsatzfahrer hätten am Set Up gearbeitet und die "Evaluierung von Reifen-Komponenten und Konstruktionen" vorgenommen, sagte Silk. Hinter Fisichella belegte die McLaren-Armada Wurz, De la Rosa und Räikkönen die Ränge 4, 5 und 6. Bezeichnend Kimi Räikkönen: Obwohl er, wie erwähnt, nur fünf Runden abspulen konnte, war er in etwa so schnell wie De la Rosa, dem auf Wurz 2/10 und auf die Rekordrunde von JPM 2,1 Sekunden fehlten.

Die Formel 1 ist also auf vier Performance-Ebenen verteilt: Ganz oben McLaren. Dann Renault. Dann der Rest, bis auf Jordan und Minardi. Schnellster Nicht-McLaren/Renault-Pilot war heute David Coulthard im Red Bull, dem nach 55 Umläufen nur 1/10 auf Räikkönen fehlte. Neben DC war Tonio Liuzzi für die roten Bullen im Einsatz - nach 35 Runden fand sich der Italiener auf Rang 14 wieder, Rückstand 3,3 Sekunden.

Auf Platz 8, nur 3/100 hinter DC, Ricardo Zonta im aktuellen Toyota TF105. Ralf Schumacher durfte in eine modifizierte Version des TF105 klettern, musste jedoch bald wieder rausklettern, da sich der Motor verabschiedete. Als dieser gewechselt wurde, flog Schumacher von der Strecke. Am Ende hatte er zwar sieben Runden auf dem Buckel, allerdings ohne eine gültige Rundenzeit. Alttester Olivier Panis arbeitete wieder mit dem V8-Hybrid von Toyota, absolvierte 78 Runden und lag am Ende 8,1 Sekunden zurück. Panis gegenüber Autosport-Atlas: "Der V8 ist ein guter Motor, aber hier in Monza kannst du den Unterschied wirklich sehen und spüren - denn ich war so beunruhigt, habe ständig darauf geachtet, dass ich alle anderen überholen lasse."

Nicht ganz so langsam, aber auch nicht wirklich schnell, waren die roten Renner aus Maranello unterwegs. Rubens Barrichello übergab an Tester Luca Badoer, der mit 125 Runden die fleißigste Biene des Tages war - die Belohnung: Platz 9, Rückstand 2,5 Sekunden. Weniger als 1/10 langsamer, auf Rang 10, Felipe Massa, der wegen eines Mechanikproblems auf der Strecke ausrollte. Das könnte ein ungewöhnlicher Heim-GP werden...

Vorsichtig war die Mannschaft von BMW-Williams am Werk. Technikdirektor Sam Michael: "Nach den Reifenschäden in Istanbul verbrachten wir den ersten Testtag damit, den Grund für das Problem zu suchen." Michael erklärte, man habe mit Michelin die technischen Parameter überprüft, diese seien in Ordnung, auch die Kerbs seien nicht die Ursache gewesen. Williams habe zudem in Grove herauszufinden versucht, welcher Teil des Autos an den Reifen gerieben habe. "Wir werden im Laufe der Testfahrten viele Veränderungen durchführen, um ein neuerliches Auftreten dieses Problems zu verhindern", fügte der Technikchef hinzu. Mark Webber belegte nach 43 Runden Rang 11, der junge Nico Rosberg vermochte zu überzeugen und war in der schnellsten seiner 50 Runden nur um eine halbe Sekunde langsamer als der Australier.

Sauber war mit Jacques Villeneuve unterwegs, der 98 problemlose Runden absolvierte und mit rund drei Sekunden Rückstand Platz 12 belegte. Villeneuve diktierte den britschen Kollegen: "Ich habe heute beinahe zwei GP-Distanzen abgespult. Der Wagen war okay. Wir arbeiteten an mechanischen und aerodynamischen Set Ups und hatten dabei überhaupt keine Probleme. Aber es war sehr, sehr heiß, hier so viele Runden zu fahren, mit den hohen Randsteinen."

Jordan brachte einen Wagen für Tiago Monteiro, der damit achtundfünfzigmal den Kurs umkreiste und 4,8 Sekunden Rückstand sowie Platz 14 von 16 Teilnehmern verbuchen ließ. Hinter ihm nur noch der V8-Toyota und der zeitenlose Ralf Schumacher. Die Testfahrten in Monza werden morgen Donnerstag fortgesetzt, da sollen dann alle zehn Formel 1-Teams an die Arbeit gehen.

Die Testzeiten aus Monza

Platz Fahrer (Team) Reifen Zeit Runden
1. Juan Pablo Montoya (McLaren) M 1:19.826 49
2. Fernando Alonso (Renault) M 1:20.867 99
3. Giancarlo Fischella (Renault) M 1:21.304 92
4. Alex Wurz (McLaren) M 1:21.706 49
5. De la Rosa (McLaren) M 1:21.922 56
6. Kimi Räikkönen (McLaren) M 1:21.971 5
7. David Coulthard (Red Bull) M 1:22.004 55
8. Ricardo Zonta (Toyota) M 1:22.007 105
9. Luca Badoer (Ferrari) B 1:22.395 125
10. Felipe Massa (Ferrari) B 1:22.423 95
11. Mark Webber (Williams) M 1:22.491 43
12. Jacques Villeneuve (Sauber) M 1:22.890 98
13. Nico Rosberg (Williams) M 1:22.951 50
14. Tonio Liuzzi (Red Bull) M 1:23.155 35
15. Tiago Monteiro (Jordan) B 1:24.670 58
16. Olivier Panis (Toyota) M 1:27.983 78
17. Ralf Schumacher (Toyota) M keine Zeit 7