Regeländerungen verlangen einiges von den Design-Teams der Rennställe ab. Ob Stufen- oder Doppelnase, Dreiachser mit sechs Rädern oder Hörner auf der Airbox: Jeder legt das Regelwerk entsprechend aus, um das maximale an Performance herausholen zu können, zumindest in der Theorie. Doch auch abseits von Regelwerks-Änderungen rackern sich die Adrian Neweys dieser Welt ab, um auch optisch was für die Fans der Königsklasse zu bieten. Motorsport-Magazin.com blickt auf die verrücktesten Auto-Überraschungen in der Geschichte der Formel 1.

Erster Flügel in der Formel 1

Lotus 1968 erstmals mit Flügel im Einsatz, Foto: Sutton
Lotus 1968 erstmals mit Flügel im Einsatz, Foto: Sutton

Beim Großen Preis von Monaco im Jahr 1968 sorgte Team Lotus für eine Sensation. Das britische Team revolutionierte mit dem erstmaligen Einsatz von Flügeln die gesamte Königsklasse. An der Front ragten zwei Seitenflügel, am Heck erstmals ein Flügel, der allerdings eher an einen Spoiler erinnerte. Diese Idee kam gut an, denn bereits beim nächsten Rennen, dem Großen Preis von Belgien, adaptierten Brabham und Ferrari das Modell und verwendeten freistehende Heckflügel, welche die Königsklasse entscheidend prägen sollten.

Erneut Lotus: Erstes Auto, das Ground Effect nutzt

Lotus 1977 mit revolutionärem Unterboden, Foto: Sutton
Lotus 1977 mit revolutionärem Unterboden, Foto: Sutton

Lotus war erneut Wegbereiter für ein Konzept, das sich grundlegend auf die Formel 1 auswirken sollte. Das Team machte sich beim Design des Lotus 78 den Bodeneffekt zunutze. Da die Bodenfreiheit der Boliden ziemlich gering war (und immer noch ist), führte Lotus einen neu designten Unterboden ein, der sogar noch zusätzlich Luft unter das Fahrzeug leiten sollte, um den Ground Effect auszunutzen. Die Seitenkörper des Fahrzeugs waren wie umgekehrte Flügel geformt, außen durch Schürzen weitestgehend abgedichtet. Dadurch stieg der Anpressdruck enorm ohne gleichzeitigen Anstieg des Strömungswiderstand.

Brabhams Gegenentwurf: Das Fan-Car

Brabhams Fan-Car nach nur einem Rennen verboten, Foto: Sutton
Brabhams Fan-Car nach nur einem Rennen verboten, Foto: Sutton

Um der Dominanz von Lotus mit ihrem Ground-Effect-Konzept etwas entgegen zu setzen, wurde bei Brabham eifrig geforscht und experimentiert. Heraus kam mit dem BT46B ein durchaus gewöhnungsbedürftiger Bolide, der unter dem Heckflügel einen Ventilator montiert hatte. Chefdesigner Gordon Murray folgte dem Beispiel des Sucker-Car, eines bekannte Sportwagens. Besagter "Fan" saugte die Luft vom Unterboden auf und blies sie nach hinten hinaus. Der Bolide kam beim Großen Preis von Schweden 1978 erst- und einmalig zum Einsatz. Während Niki Lauda das Rennen gewinnen konnte, war der Protest seitens der anderen Teams drückend: Fahrer, die Lauda und John Watson folgten, beschwerten sich über aufgewirbelten Schmutz und Kies, die der Ventilator auswarf. Teamchef Bernie Ecclestone gab dem Druck nach und zog den BT46B nach nur einem Rennen wieder zurück. Wenig später folgte das offizielle Verbot für derlei Bauteile.

BAR in der Zwickmühle

BAR im Sponsorenclinch, Foto: Sutton
BAR im Sponsorenclinch, Foto: Sutton

Bereits vor Saisonbeginn 1999 handelte sich BAR erste Probleme ein. Das Team wollte nämlich für die beiden Fahrer Jacques Villeneuve und Ricardo Zonta mit zwei unterschiedlich lackierten Versionen des BAR001 an den Start gehen. Hintergrund: Man wollte für zwei unterschiedliche Marken des Tabakkonzerns British American Tobacco werben. Ein Auto sollte in den Farben Lucky Strikes, das andere in den Farben von State Express 555 lackiert werden. Doch die FIA hat da klare Richtlinien. Beide Autos müssen identisch lackiert sein, Abweichungen gibt es nur bei der Fahrzeugnummer, dem Fahrernamen und seiner Heimatfahne. Eine Lösung hatte man dennoch parat: Auf der einen Seite die Lackierung in Lucky Strike-Farben, die andere im Blau-Gelb von State Express 555, getrennt durch einen Reißverschluss.

Doppelnase bei Williams

Die polarisierende Doppelnase des FW26, Foto: Sutton
Die polarisierende Doppelnase des FW26, Foto: Sutton

Im Kampf um jede Hundertstelsekunde setzte man bei Williams für die Saison 2004 mit dem FW26 auf ein optisch äußerst gewöhnungsbedürftiges Konzept. Der Bolide an sich machte schon was her, wenn nur diese seltsame Doppelnase nicht gewesen wäre. Natürlich erhoffte man sich dadurch einen aerodynamischen Vorteil. Doch als die Erfolge ausblieben, die Frontkonstruktion also auch nicht ihren Zweck erfüllte, ruderte Williams noch während der Saison zurück und ersetzte die Nase durch eine konventionellere Alternative.

Lotus: Einmal Nasenkorrektur bitte, Herr Schönheitschirurg

Der missglückte Zweizack des Lotus E22, Foto: Sutton
Der missglückte Zweizack des Lotus E22, Foto: Sutton

Kimi Räikkönen verließ nach 2013 Lotus Richtung Ferrari und schon begann das Schiff zu sinken. Möglicherweise sah er kommen, in welche Richtung sich die Front bei Lotus entwickeln würde. Durch Reglementänderungen, welche die Spitze der Fahrzeugnase betrafen, griff das eine oder andere Team zu gewagten Lösungen. Die Doppelnase mit den zwei unterschiedlich langen Nasenteile sorgten nicht für den gewünschten Erfolg. Während man im Vorjahr mit Räikkönen einen Sieg und sieben weitere Podestplätze einfuhr, fiel Lotus 2014 deutlich ab und rutschte vom fünften auf den achten Rang in der Konstrukteurswertung.

Sechs Reifen sind zwei zu viel

Tyrrells Six-Wheeler: Der P34, Foto: Phipps/Sutton
Tyrrells Six-Wheeler: Der P34, Foto: Phipps/Sutton

Um unsere größten Überraschungen würdig abzuschließen, noch ein Knaller zum Schluss. Im Designkrieg setzte man bei Tyrrell auf eines der ungewöhnlichsten Konzepte, die die Königsklasse je gesehen hat. Im Jahr 1976 brachte das britische Team mit dem P34 einen Boliden an den Start, der neben den beiden riesigen Hinterreifen auf vier Vorderreifen setzte. Vom ersten Rennen, dem Großen Preis von Spanien, konnten die beiden Piloten Jody Scheckter und Patrick Depailler mit der Konkurrenz mithalten. Der größte Erfolg war der Doppelsieg beim Großen Preis von Schweden. Da für diesen Boliden Goodyear spezielle Reifen entwickeln musste, jene aber qualitativ immer weiter abnahmen, entschied man sich, den P34 nach dem Großen Preis von Japan 1977 einzustampfen.