Die Formel 1 steht wieder einmal vor einem Regelumbruch. Ab 2017 werden die Reifen deutlich breiter, um 60 mm an der Vorderachse und 80 mm an der Hinterachse. Dadurch sollen die Boliden einen aggressiveren Look erhalten und zudem einige Sekunden schneller als momentan um die Strecken fahren.

Schon in der Vergangenheit gab es immer wieder teils ausgesprochen einschneidende Änderungen bei den Gummis, die die Welt bedeuten. Motorsport-Magazin.com begibt sich auf Reifen-Zeitreise.

Die 50er-Jahre: Schmal und groß

Nino Farina beim Großen Preis von Italien 1950, Foto: Monza Circuit
Nino Farina beim Großen Preis von Italien 1950, Foto: Monza Circuit

Wie heutzutage, war auch in den Urzeiten der Formel 1 Pirelli der dominierende Hersteller. Damals gab es jedoch keinen Einheitslieferanten, sondern es mischten die unterschiedlichsten Hersteller mit. Neben Pirelli waren dies in den 50er-Jahren namentlich Firestone, Dunlop, Englebert, Continental und Avon.

Die Gestalt der Reifen war mit den heutigen Pneus nicht annährend zu vergleichen. Sie waren schmal, hatten einen großen Durchmesser und waren mit Profil für alle Wetterbedingungen geschaffen. Boxenstopps mit Reifenwechseln gab es auch schon in den Anfangszeiten der Königsklasse, waren verglichen mit den perfekt getimten Wechseln der Gegenwart jedoch ziemlich chaotische Angelegenheiten.

Die 60er-Jahre: Power verändert die Reifen

In den 60ern wurden die Autos leistungsstärker und die Reifen breiter, Foto: Sutton
In den 60ern wurden die Autos leistungsstärker und die Reifen breiter, Foto: Sutton

Mit den immer leistungsstärkeren Autos änderte sich in den 60er-Jahren auch die Form der Reifen radikal. Um die immer größere Power auf die Strecke zu bringen, wurden die Pneus sukzessive breiter und entfernten sich zusehends von den Modellen des vorangegangenen Jahrzehnts. Erfolgreichster Hersteller war zunächst Dunlop, ehe Firestone und Goodyear die Marktführerschaft übernahmen.

Die 70er-Jahre: Slicks halten Einzug

Tyrrell: Einmal mit vier und einmal mit sechs Rädern, Foto: Sutton
Tyrrell: Einmal mit vier und einmal mit sechs Rädern, Foto: Sutton

Zwischen 1973 und 1977 war Goodyear der einzige Hersteller, auf dessen Gummis Rennen gewonnen wurden. Erst gegen Ende des Jahrzehnts machte sich Michelin daran, die Vorherrschaft der Amerikaner zu brechen. Beide Hersteller zeichneten für bahnbrechende technische Neuerungen verantwortlich. Zunächst führte Goodyear profillose Slicks ein, dann brachte Michelin Radialreifen auf den Markt, die zunächst von Renault und Ferrari genutzt wurden.

Was in den 70er-Jahren alles möglich war, wird am Beispiel des Tyrrell P34 deutlich. Der Wagen der britischen Traditionsschmiede verfügte über sechs Räder, wobei an den beiden Vorderachsen kleine 10-Zoll-Pneus montiert waren, während an der Hinterachse herkömmliche Reifen zum Einsatz kamen. Tyrrell setzte den Wagen 1977 und 1978 ein und gewann ein Rennen, ehe man wieder zum herkömmlichen Design zurückkehrte.

Die 80er-Jahre: Radialreifen im Trend

In den 80er-Jahren setzten sich Radialreifen durch, Foto: Sutton
In den 80er-Jahren setzten sich Radialreifen durch, Foto: Sutton

Zu Beginn der 80er-Jahre schwenkten allmählich alle Hersteller von Diagonal- auf Radialreifen um, da diese deutliche Performancevorteile boten. Mit den besonders leistungsfähigen Qualifying-Reifen und Heizdecken kam es zu weiteren grundlegenden Neuerungen. Michelin dominierte zu Beginn des Jahrzehnts auf den Rennstrecken nahezu nach Belieben, zog sich 1984 jedoch aus der Formel 1 zurück und überließ bis 1996 Goodyear alleine das Feld.

Die 90er-Jahre: Rillenreifen lösen Slicks ab

1998 kam es zur Einführung von Rillenreifen, Foto: Sutton
1998 kam es zur Einführung von Rillenreifen, Foto: Sutton

1993 wurde die Reifenbreite von 18 auf 15 Zoll verringert. Fünf Jahre später wurden Rillenreifen anstelle von Slicks eingeführt, um die Kurvengeschwindigkeiten zu verringern, was teils harsche Kritik vieler Piloten nach sich zog. Anfangs mussten sie an der Vorderachse drei und an der Hinterachse vier Rillen aufweisen, später kam vorn ebenfalls eine vierte Rille hinzu. Nahezu gleichzeitig betrat Bridgestone nach zwanzigjähriger Abstinenz wieder die F1-Bühne, wohingegen sich Goodyear zurückzog.

Das neue Jahrtausend: Rückkehr der Slicks

Der Beginn des neuen Jahrtausends war vom erbitterten Reifenkrieg zwischen Bridgestone und Michelin geprägt, ehe die Franzosen genug von der Formel 1 hatten und sich nach dem Ende der Saison 2006 aus der Königsklasse zurückzogen. Ab 2007 mussten in den Rennen beide verfügbaren Reifenmischungen eingesetzt werden. Um sie besser voneinenander unterscheiden zu können, wurden die Rillen der weicheren Mischung von Bridgestone, dem nunmehrigen Monopolisten, mit weißer Farbe gekennzeichnet.

Weiß gekennzeichnete Rillenreifen an Ralf Schumachers Toyota, Foto: Sutton
Weiß gekennzeichnete Rillenreifen an Ralf Schumachers Toyota, Foto: Sutton

Nach zehn Jahren Pause kehrten 2009 die Slicks zurück. Ein Jahr später entschloss sich Bridgestone dazu, der Formel 1 den Rücken zu kehren, und mit Pirelli feierte ein alter Bekannter ein Comeback. Die Italiener führten an den Flanken ihrer 13-Zoll-Pneus farbliche Markierungen je nach Mischung ein und sorgten aufgrund mitunter heftiger Reifenschäden für hitzige Sicherheitsdiskussionen.

Seit 2011 gibt Pirelli in der Formel 1 wieder den Ton an, Foto: Sutton
Seit 2011 gibt Pirelli in der Formel 1 wieder den Ton an, Foto: Sutton