Ferraris Abwärtsspirale erreichte beim Grand Prix von Deutschland ihren Tiefpunkt. Beim letzten Rennen vor der Sommerpause rutschte die Scuderia in der Konstrukteurs-WM vom zweiten auf den dritten Platz ab. Mit dem nun entbrannten Kampf gegen Red Bull ergibt sich für Ferrari in der zweiten Saisonhälfte eine neue Zielsetzung. Trotzdem gibt es beim Großen Preis von Belgien noch keine Großoffensive in Sachen Entwicklung.

"Wie sich die Leute vorstellen können, ist es schwer, so schnell zu reagieren - auch wenn sich die Dinge in der Formel 1 oft schnell ändern. Aber manche Dinge brauchen einfach etwas Zeit", sagt Sebastian Vettel hinsichtlich des ausgebliebenen technologischen Konters gegen Red Bull.

Stattdessen lieferte Maranello für Spa das, was ohnehin schon in der Entwicklungs-Pipeline war, wie Vettel auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com zu Protokoll gibt: "Es ist keine Evolution in dem Sinne, sondern nur das, was von langer Hand sowieso schon geplant war."

Einem Schnellschuss der Entwicklungsabteilung standen laut Vettel schlichtweg die Ruhezeiten während der Sommerpause im Weg. "Es scheint zwar so, als ob es eine Pause gab - aber tatsächlich hatten wir nur ein bis eineinhalb Wochen, um zu reagieren. Da kann man keine riesen Schritte erwarten."

Im Rahmen der Möglichkeiten hat Ferrari kurzfristig zwar schon auf die Konkurrenz reagiert, mehr für einen Gegenschlag soll aber erst später folgen: "Aufgrund der Lehren der vergangenen Rennen haben wir kleine Anpassungen für Spa gemacht. Ich denke aber, wir werden später in der Saison noch mehr davon sehen", so Vettel.

Bei Ferrari gibt es in Spa nur vereinzelte Updates, Foto: Sutton
Bei Ferrari gibt es in Spa nur vereinzelte Updates, Foto: Sutton

Spa-Layout als Heilsbringer?

Im vergangenen Jahr landete Vettel in Spa in der Qualifikation nur auf dem neunten Rang und schied im Rennen mit einem Reifenschaden aus. Trotzdem soll die Streckencharakteristik der Ardennenachterbahn den Roten im Duell gegen Red Bull Abhilfe schaffen. "Die Strecke hier ist noch ein bisschen anders als die vergangenen Kurse, deshalb sollte es auch für uns ein bisschen anders aussehen. Hier sind ein paar Ecken dabei, wo wir uns über das Jahr gesehen schon wohl gefühlt haben", so Vettel zuversichtlich.

Wie so ziemlich jeder Fahrer zählt auch Vettel zu denjenigen, die die Rennstrecke von Spa-Francorchamps aufgrund ihres Layouts sehr schätzen - bis auf eine Kleinigkeit: "Ich fahre jede Kurve gerne, bis auf die letzte Schikane. Irgendwann hat man angefangen sie jedes Jahr umzubauen und was da am Ende bei rausgekommen ist, ist ein bisschen Murks."

Vettel kollidierte 2010 in der letzten Schikane mit Button, Foto: Bridgestone
Vettel kollidierte 2010 in der letzten Schikane mit Button, Foto: Bridgestone

Keine Angst vor erneutem Reifenschaden

Ansonsten hat Vettel keinerlei Kritikpunkte am Kurs. Auch sein Reifenschaden im vergangenen Jahr, der Laut Pirelli vom zu harten Überfahren der Randsteine verursacht wurde, sorgt bei ihm für keinerlei Bedenken. "Letztes Jahr ist einfach etwas schiefgegangen. Ich glaube, es ist halb so tragisch, wenn man ein bisschen über den Kerb fährt oder auch mal ein bisschen mehr. Wir fahren am Freitag alle und dann wird sich in der Fahrerbesprechung zeigen, ob es etwas gibt, worüber wir reden sollten", so der 29-Jährige.

Dabei hat sich Ferrari in Sachen Reifenwahl für das Rennen in Belgien klar von der direkten Konkurrenz abgespaltet. Sowohl Vettel als auch sein Teamkollege Kimi Räikkönen haben nur einen Satz der härtesten zur Verfügung stehenden Mischung, den Medium-Reifen, im Gepäck. Mit Soft und Supersoft müssen daher die zwei Mischungen mit der geringeren Lebensdauer herhalten. Für Vettel ist das allerdings kein Grund, voreilig ins Grübeln zu geraten: "Wir hoffen, dass wir den Medium gar nicht benutzen müssen. Normalerweise sind wir uns immer sehr sicher, dass wir die richtigen Reifen gewählt haben."

Vettel hatte 2015 in Spa einen heftigen Reifenschaden, Foto: Sutton
Vettel hatte 2015 in Spa einen heftigen Reifenschaden, Foto: Sutton

Motorstrafe droht auch Vettel

Lewis Hamilton und Mercedes haben sich entschieden, für Spa freiwillig eine Zurückversetzung in der Startaufstellung für den ohnehin in der zweiten Saisonhälfte fälligen Motorwechsel in Kauf zu nehmen. Auch Vettel droht in den noch ausstehenden neun Rennen dieses Schicksal. "Es wird mit Sicherheit eng. Wir haben in Bahrain einen Motor verloren, der sehr wenige Kilometer hatte. Aber bei uns steht das noch nicht auf dem Plan", so Vettel.

Das Thema wird bei Ferrari jedoch keineswegs verdrängt. Viel mehr ist das Team laut Vettel noch damit beschäftigt, über den richtigen Zeitpunkt zu verhandeln: "Es ist schon drüber gesprochen worden aber da sind wir uns noch nicht ganz einig."