Ferrari durchlebt in der zweiten Woche der Formel-1-Testfahrten in Barcelona eine gewisse Götterdämmerung. Nachdem drei von vier Tagesbestzeiten in Woche eins mehrere grobe Probleme - etwa die Kühlung oder das Benzinsystem an Kimi Räikkönens SF16-H - recht gut kaschiert hatten, fiel dieser Bonus beim zweiten Test-Durchlauf in Spanien bislang flach. Am Dienstag und Mittwoch setzten Mercedes und Williams die Bestzeiten.

Noch dazu quälten sich auch die Kundenteam Haas (Turbo-Desaster) und Sauber mehr oder weniger mit technischen Problemen an der Power Unit herum, wenngleich Marcus Ericsson dem neuen Ferrari-Herz im Sauber immerhin eine stark verbesserte Fahrbarkeit bescheinigte. Dennoch kamen in der bekanntlich heißesten Gerüchteküche der Welt - dem F1-Fahrerlager - schnell Spekulationen auf, das neue Ferrari-Aggregat sei von grundauf extrem anfällig. Zusätzlich befeuert wurden die Gerüchte durch neue Luftlöcher im Ferrari-Chassis, vermeintlich zur Extra-Kühlung vorgesehen.

Ferrari teste erstmals die Sicht mit einem Halo-Schutz, Foto: Sutton
Ferrari teste erstmals die Sicht mit einem Halo-Schutz, Foto: Sutton

Räikkönen lässt Arrivabene-Machtwort Taten folgen

Zwar spielte Kimi Räikkönen all das noch am Dienstag herunter. "Der Sinn von Testfahrten ist zu testen. Das Ziel ist, das Auto an sein Limit zu pushen und wenn du das erreichst, geht es kaputt", sagte der Finne in ähnlicher Manier wie schon so oft Nico Rosberg bei Mercedes betonte. Doch lassen sich Gerüchteköche von derlei Floskeln kaum beeindrucken. Grund genug für den Teamchef, ein Machtwort zu sprechen.

"Ich habe immer gesagt, dass wir nicht arrogant sind, aber ich bin nicht im Ansatz besorgt. Das Auto ist neu und weil ein Formel-1-Auto aus mehr als 40.000 Teilen besteht ist es normal, dass es ein paar Bereiche gibt, die man entwickeln muss. Aber ich bestätige allen weisen Eulen, dass der Motor okay ist. Ich denke, Mercedes ist vorne, sie sind diejenigen, die es zu schlagen gilt. Aber wir sind hier, um ihnen Ärger zu machen und das werden wir in Australien sehen", sagte Maurizio Arrivabene der italienischen Ausgabe von Sky Sports News noch am Mittwochabend.

Umso besser für ihn, dass Kimi Räikkönen den Worten des Teamchefs am nächsten Tag Taten folgen ließ. Nach seinem kurzen, aber medienwirksamen Halo-Test, knallte der Finne in 1:23.009 Minuten erst eine neue Test-Gesamtbestzeit für Soft-Reifen hin, ehe er in 1:22.765 auf Ultrasofts sogar die bisherige absolute Test-Hausnummer von Sebastian Vettel knapp unterbot.

Damit nicht genug. Endlich gelang Ferrari auch an einem Einsatztag des Finnen ein mehr als solides Pensum. Insgesamt 136 Runden spulte Räikkönen am Donnerstag ab - mehr als zwei Renndistanzen. Eine davon nutze der Iceman obendrein für die erste komplette Ferrari-Rennsimulation des Jahres. Diese wurde allerdings durch eine rote Flagge leicht behindert, eigene Probleme blieben hingegen aus.

Entsprechend war Räikkönen zu hundert Prozent von seinem neuen Ferrari begeistert. Es sei gar noch Luft nach oben, betonte der Tagesschnellste: "Es war einer unserer besten Testtage. Wir konnten ohne einen einzigen Stopp fahren, die roten Flaggen ausgenommen. Auf ein paar Runden hätten wir noch schneller sein können, wenn wir gewollt hätten. Generell war das Gefühl gut und wir sind mehr oder weniger zufrieden damit, wie die Dinge laufen."

Kimi Räikkönen meint, er hätte auf so mancher Runde eigentlich noch schneller über die Ziellinie fahren können, Foto: Sutton
Kimi Räikkönen meint, er hätte auf so mancher Runde eigentlich noch schneller über die Ziellinie fahren können, Foto: Sutton

Lauda: Ferrari wird eine Bedrohung

Zu großartigen Spekulationen ließ sich der Finne jedoch nicht hinreißen, das ist einfach nicht sein Ding. Die Konkurrenz jedoch ist spätestens seit diesem Donnerstag gewarnt vor der roten Gefahr. "Ferrari ist sehr, sehr nahe dran, das zeigen sie jeden Tag. Deswegen müssen wir gucken, dass wir alles rausholen aus dem Auto, um vorne zu bleiben", warnte Rosberg. "Ich denke, dass Ferrari eine Bedrohung für uns sein wird", ergänzte Mercedes-Chefaufseher Niki Lauda bei Sky.