Keine neue Ferrari-Bestzeit in Barcelona! Das ist dieser Tage fast schon die größte Nachricht zum Start der zweiten - und letzten - Woche der Formel-1-Testfahrten 2016. Kimi Räikkönen beendet seinen dritten Einsatztag im Cockpit des SF16-H am Abend 'nur' auf dem vierten Platz des Zeitentableaus, fast zwei Sekunden fehlen auf die Tagesbestzeit von Nico Rosberg. Allerdings setzt der Mercedes-Fahrer auf seinem schnellsten Run die weiche Reifenmischung ein, Räikkönen diesmal nur die Mediums.

Dennoch ein respektabler Abstand. Wie der sich erklärt? Zum Beispiel mit erneut wenig Streckenzeit für den Finnen. Gleich nach der Mittagspause wirft ein Getriebeschaden Ferrari erneut zurück, mehrere Stunden muss die Scuderia reparieren. "Es könnte, was das angeht, natürlich besser sein, aber wir sind hier beim Testen und probieren gewisse Dinge aus. Manchmal geht da was kaputt und wir haben ein Problem, aber das können wir alles noch lösen. Wir haben noch Zeit", beruhigt Räikkönen selbst. "Es ist jedes Jahr die gleiche Story. Du pushst, pushst, pushst, dann hast du ein Problem, das du versuchst zu beheben. Das ist der Sinn des Testens. Dinge über das Auto zu lernen. Gewisse Dinge passieren da eben. Das ist normal. Besser jetzt als im Rennen", sagt er.

Wieder erwischt es Räikkönen. Getriebeschaden. Drei grobe Defekte an drei Testtagen für den Finnen, Foto: Sutton
Wieder erwischt es Räikkönen. Getriebeschaden. Drei grobe Defekte an drei Testtagen für den Finnen, Foto: Sutton

Räikkönen hat keine Angst vor Mercedes

Erst eine Stunde vor Testende geht Räikkönen wieder auf Zeitenjagd. Am Ende stehen 72 Runden für den Iceman zubuche, exakt 100 weniger als Mercedes an diesem Tag zustande bringt. Kein Grund für Räikkönen, sich Sorgen zu machen. "Nein, wir haben nie sowas wie die anderen versucht. Nur Kilometer zu fahren hilft natürlich in gewissen Gebieten, aber nicht auf einer anderen Seite ...", beschreibt der Finne.

Auch zum Kräfteverhältnis erlaube er sich noch kein Urteil: "Ich kann nicht spekulieren. Ich weiß nicht, was sie machen. Sie machen andere Dinge. Du kannst dir die Rundenzeiten anschauen, die sind nah zusammen. Aber da sind auch noch die Reifen", sagt Räikkönen. "Wir haben auf jeden Fall ein gutes Gefühl und haben über den Winter gute Fortschritte gemacht. Wir sind mehr oder weniger da, wo wir sein wollen. Ob das reicht? Wer weiss ..."

Ferrari-Präsident Sergio Marchionne will Räikkönen oder Vettel in Australien ganz vorne sehen, Foto: Sutton
Ferrari-Präsident Sergio Marchionne will Räikkönen oder Vettel in Australien ganz vorne sehen, Foto: Sutton

Marchionne fordert Ferrari-Pole in Australien

Ob diese Unsicherheit seinem höchsten Vorgesetzten reicht? Ferrari-Präsident Sergio Marchionne fordert 2016 deutlich bessere Resultate. Reihe eins, Weltmeistertitel heißt die klare Zielvorgabe. Doch angesichts der bisherigen Test-Eindrücke zittert der Italo-Kanadier vor den Silberpfeilen. "Ich finde, bei Mercedes ist alles zu ruhig. Und wenn sie zu ruhig sind, muss man sich Sorgen machen", sagt Marchionne am Dienstag beim Autosalon in Genf.

Allerdings glaubt der Ferrari-Boss auch an seine Mannschaft. "Ferrari hat ebenfalls einen sehr wettbewerbsfähigen Boliden. Unser Minimalziel ist, besser als letztes Jahr abzuschneiden. Ich habe großes Vertrauen", sagt er. "Die Piloten sind zufrieden, doch in weniger als 20 Tagen gibt es noch viel Arbeit zu leisten. Meine Hoffnung ist, dass Ferrari schon in Australien von der Pole Position startet."

Damit setzt Marchionne auch seinem Fahrergespann eine hohe Latte. Räikkönen jedoch nimmt das völlig entspannt. Ob er den Ferrari in Australien in Reihe eins stellen kann, wir er am Abend in Barcelona gefragt. "Ich weiß nicht. Niemand weiß es. Ich kann nicht anfangen zu spekulieren, was passieren wird. Es ist nur noch eine kurze Zeit, das wissen wir. Aber das Auto fühlt sich gut an. Wir wissen, was wir tun und wissen, wie sich das Auto verhält und wie es läuft. Auch die Bedingungen auf diesem Kurs sind anders als das, was wir vielleicht in Australien haben werden. Aber ich bin sicher das wir ein starkes Paket haben werden, wie stark wird sich zeigen", sagt er.

Kimi Räikkönen erklärt, wie er den Druck in Maranello sieht, Foto: Sutton
Kimi Räikkönen erklärt, wie er den Druck in Maranello sieht, Foto: Sutton

Räikkönen über Druck und das teaminterne Duell

Einen zweiten Versuch, den Iceman aus der Reserve zu locken, redet Räikkönen ebenfalls weg. Es gebe keinen Druck - weder durch Marchionne, noch den Fakt, jetzt zwei Jahre in Folge das teaminterne Duell verloren zu haben. Räikkönens Einschätzungen dazu dokumentiert Motorsport-Magazin.com im Wortlaut:

Kimi Räikkönen über das verlorene teaminterne Duell gegen Sebastian Vettel: Natürlich hilft es, wenn du mehr vorne bist, als hinten. Aber gewisse Dinge passieren. Die Hauptsache war doch, dass wir Dritter und Vierter geworden sind. Wir wollen beide an der Spitze sein. Wenn du Erster oder Zweiter bist, erst dann macht es einen wirklichen Unterschied. Wir wollen als Fahrer einfach das Team pushen so gut es geht. Ich bin sicher, dass wir einen guten Job machen können. Schauen wir, wie sich das Jahr entwickelt.

Kimi Räikkönen über Druck aus der Ferrari-Chefetage: "Wir wissen, was die Leute von uns erwarten. Unsere eigenen Ziele als Fahrer und die des Teams sind es doch, unsere Ergebnisse aus dem vergangenen Jahr zu verbessern. Das ist das Ziel von uns allen. Das ist es, was wir wollen. Ob es passieren wird? Weiß ich nicht. Aber wir wollen alle unsere Resultate verbessern. Ob mit oder ohne Druck ist es dasselbe Ziel. Hoffentlich können wir das erreichen, aber es wird nicht leicht."