Die Formel-1-Welt rätselt: Warum hat Nico Rosberg seinen Teamkollegen Lewis Hamilton beim Saisonfinale so gut im Griff? Fünf Pole Positions in Folge, zuletzt zwei Siege - das Pendel ist klar in Richtung des Vize-Weltmeisters ausgeschlagen. Rosberg wunderte sich am Rande des Abu Dhabi Grand Prix über die Nachfragen. "Was gibt´s da zu rätseln", fragte Rosberg. "Gut war ich auch letztes Jahr. Da war ich im Qualifying das ganze Jahr über schneller."

Doch am Ende zählen nur die Ergebnisse. Hier hatte Doppel-Weltmeister Hamilton in der laufenden Saison klar die Nase vorn. Erst nach dem vorzeitigen Gewinn des Titels riss Rosberg das Ruder herum. Zu spät. "Besser wäre die Frage: Warum war ich nicht schneller zu Beginn des Jahres", sagte Rosberg nun selbst. "Jetzt ist das Pendel in die andere Richtung ausgeschlagen. Wir sind immer noch nah beieinander, aber jetzt habe ich die Nase vorn."

Nico Rosberg hat Lewis Hamilton im Griff, Foto: Mercedes-Benz
Nico Rosberg hat Lewis Hamilton im Griff, Foto: Mercedes-Benz

Hamilton: Es hat sich etwas geändert

Laut Rosberg gebe es nicht den einen Grund für die aktuelle Situation. Doch Hamilton wurde zuletzt nicht müde darauf hinzuweisen, dass es nach dem schlechten Rennen von Mercedes in Singapur eine Änderung im Auto gegeben habe. Nach den Reifenproblemen habe das Team einige Dinge am Silberpfeil verändert, deutete Hamilton in seiner BBC-Kolumne an diesem Donnerstag an. "Die Balance des Autos hat sich geändert, und es fühlt sich nicht mehr so wohl an", sagte er. "Nico scheint sich damit wohler zu fühlen."

Seit Singapur habe sich die Balance verändert, doch einen Grund dafür wusste Hamilton noch nicht. Das Gefühl sei nicht mehr das gleiche wie bei den vorangegangenen Rennen. Er sagte: "Das macht nicht wirklich Sinn für mich. Ich habe im Rennen immer noch die Pace. Aber ich habe etwas von meinem Gesamtvorteil eingebüßt. Ich muss jetzt versuchen, das Auto wieder dorthin zu bekommen, wo es einmal gewesen ist."

Rosberg: Keine Lust auf Diskussionen

Während Hamilton noch grübelte, wollte sich Rosberg nicht auf solche Diskussionen einlassen. "Ich bin nicht sicher, worauf er sich bezieht", sagte er am Donnerstag in Abu Dhabi. "Es gab keine große Änderung, wie sich das Auto anfühlt." Natürlich entwickle das Team den Silberpfeil-Boliden konstant weiter.

Rosberg glaubte aber nicht, dass er sich dadurch einen entscheidenden Vorteil gegenüber Hamilton verschaffen konnte: "Wir ändern immer Kleinigkeiten, bei denen ich das Gefühl habe, das sie helfen könnten. Meist sind sie aber auch hilfreich für den anderen Fahrer. Es kommt selten vor, dass nur mir etwas hilft und Lewis nicht."

Rosberg wird nun versuchen, auch das dritte Rennen in Folge zu gewinnen. Nach dem schwierigen Jahr wäre ein gelungener Abschluss umso wichtiger - auch mit Blick auf das teaminterne Psychoduell. "Ich glaube, Spaß macht ihm das nicht", antwortete Rosberg gegenüber Motorsport-Magazin.com auf die Frage, ob ihm die Siegesserie auch mental einen Vorteil gegenüber Hamilton bringe. "Aber ich freue mich über die Situation."

Da stellt sich die Frage, wie sehr Hamilton an der aktuellen Lage zu knabbern hat. Sein Rückstand auf Rosberg war nie groß gewesen - doch zuletzt reichte es nicht mehr zu Poles oder Siegen. Nicht wenige Beobachter glauben, dass Hamilton nach dem WM-Triumph nicht mehr mit dem letzten Biss kämpft. Seine Meinung dazu: "Natürlich weiß man nie, ob das der Fall ist. Aber das war sicherlich nicht meine Intention."

Immer gewinnen wäre langweilig

Rosbergs eindrucksvolle Pole-Serie - seine große Stärke in der vergangenen Saison - wollte der zweifache WM-Champion sowieso nicht überbewerten. "Obwohl Nico fünfmal in Folge auf Pole stand, habe ich drei Rennen davon gewonnen", so Hamilton. "Das spricht für sich." Überhaupt sei es kein Drama, nicht jedes Rennen innerhalb einer Saison zu gewinnen. Aufs und Abs gebe es immer, sagte Hamilton, und manchmal habe man es eben nicht selbst in der Hand. Und weiter: "Wenn ich jedes Rennen gewonnen und überall die Pole geholt hätte, wäre das doch langweilig. Das wäre blöd. Wo ist denn da der Spaß?"

Rosberg dürfte es herzlich egal sein, wie Hamilton den Zweikampf bewertet. Das Ziel ist klar: Der erste Sieg in Abu Dhabi soll her - an dem Ort, an dem er 2014 die Weltmeisterschaft nach einem Ausfall verloren hatte. "Der Sieg-Hattrick ist mir nicht wichtig", betonte Rosberg. "Es ist wichtig, das Rennen zu gewinnen. Das ist hier eine gute Strecke, auch wenn es letztes Jahr nicht gut lief. Abher vor zwei Jahren stand ich hier auf dem Podium. Meine Bilanz ist ernüchternd, da muss ich jetzt mal eine Schippe drauflegen."