McLaren weiß nur allzu gut, wie sich eine rauschende Siegesfeier in Sepang anfühlt. Zwei Mal stellte das Team schon den Sieger des Großen Preises von Malaysia. Ein dritter Erfolg wird in diesem Jahr jedoch nur dann dazukommen, wenn das Wetter selbst für das südostasiatische Land außergewöhnliche Kapriolen schlägt und die Konkurrenz vom Monsun nahezu ausnahmslos von der Strecke gespült wird. Wie schon in Australien scheiterte McLaren mit beiden Autos in Q1, doch sieht man genauer hin, sind deutliche Fortschritte zu erkennen.

Im Albert Park fehlten Jenson Button noch 2,8 Sekunden auf die Bestzeit Lewis Hamiltons im ersten Abschnitt des Qualifyings, diesmal waren es hingegen nur mehr 2,3 Sekunden. Ein Fortschritt von einer halben Sekunde, der tatsächlich aber noch wesentlich größer ist. "Mercedes ist in Australien [im Gegensatz zu Malaysia] nicht mit den Option-Reifen gefahren. Ich würde sagen, es sind 1,6 Sekunden und daher mehr als es scheint", rechnete Button vor.

Konservativer Beginn

Wie ist dieser durchaus gewaltige Performancesprung zu erklären? McLaren ging beim Saisonauftakt in allen Bereichen äußerst behutsam zur Sache, um keinen Ausfall zu riskieren und jene Kilometer nachzuholen, die bei den Wintertestfahrten versäumt wurden. "Je mehr Runden wir fahren, desto zuversichtlicher werden wir, um mehr Performance aus dem Auto zu holen", erklärte Renndirektor Eric Boullier. "Von einem sehr konservativen Ansatz zu einem konservativen Ansatz ist es ein großer Fortschritt." Mittlerweile wurde etwas mehr Power freigegeben, was sich auch sogleich im Zeitentableau niederschlug.

"Der Job, den das Team in den letzten 15 Tagen gemacht hat, ist beeindruckend. Wir bewegen uns definitiv in die richtige Richtung", freute sich Fernando Alonso, für den die Saison nach seinem Testunfall erst in Malaysia beginnt. Allerdings ist sich der Spanier bewusst, dass nicht jedes Mal so große Zeitsprünge wie zwischen Melbourne und Sepang möglich sein werden. "Wenn wir pro Rennen 1,6 Sekunden aufholen, wird es schwierig, denn in drei Rennen wären wir dann auf Pole und das ist doch ein bisschen zu optimistisch", grinste er.

Zwar wird es noch lange dauern, bis McLaren wieder in der Lage ist, den Platz an der Sonne ins Visier zu nehmen, doch dieses Ziel ist es, das Alonso antreibt. "Ich will auf Pole Position stehen und nicht Zweiter sein", machte er unmissverständlich klar und sprach dem Team im gleichen Atemzug sein vollstes Vertrauen aus. "Wir haben den Fortschritt in den letzten zwei Wochen gesehen", hielt er fest. "Um Mercedes zu schlagen, muss man etwas Spezielles tun. Das wird einige Zeit dauern, aber wir werden gemeinsam wachsen." Auch die Zusammenarbeit mit den japanischen Honda-Ingenieuren wird sich noch besser einspielen, ist der zweifache Weltmeister überzeugt. "Wenn wir in ein paar Monaten in den Punkten und auf dem Podium sind, werden wir uns gegenseitig sagen, dass es ein aufregender Trip war."

Alonso freut sich über die Fortschritte bei McLaren, Foto: Sutton
Alonso freut sich über die Fortschritte bei McLaren, Foto: Sutton

McLaren mag Hitze

Doch nicht nur die Weiterentwicklungen an Motor und Chassis lassen McLarens Rückstand schrumpfen, auch die Begebenheiten in Malaysia kommen dem Team mehr als in Australien entgegen. "Für mich sind wir bei Highspeed näher dran, vor allem wenn die Temperaturen heiß sind", erläuterte Button. "Das zeigt, dass wir mehr Downforce als die Autos vor uns haben. Sie verlieren mehr, wenn die Strecke heiß wird, was normalerweise auf einen Mangel an Downforce hindeutet."

McLaren brachte einige neue Aerodynamikteile nach Malaysia, die das in Melbourne eingesetzte Basis-Auto verbesserten. "Wir haben alle Teile am Auto, die wir während des Wochenendes getestet haben", verriet Button. "Alles geht also in die richtige Richtung, was toll ist, weil das nicht immer so ist." Auch wenn noch ein weiter Weg vor dem Team liege, könne man mit der Entwicklung seit Saisonbeginn zufrieden sein, hielt der Routinier fest. "Die Verbesserungen bei Power Unit und Aerodynamik sind ein guter Schritt nach vorne, auf denen wir jedes Mal, wenn wir ins Auto steigen, aufbauen wollen", gab er die Marschroute vor.

Vor allem bei Honda ist die Erleichterung groß, dass die massiven Motorprobleme, die keine reguläre Saisonvorbereitung erlaubten, offenbar überwunden wurden. "Wir haben in den letzten zwei Wochen große Anstrengungen vollbracht und besteigen weiterhin einen hohen Berg, an dessen Mittelstation wir uns jetzt befinden", formulierte es Motorsportchef Yasuhisa Arai etwas blumig. Und Boullier fügte hinzu: "Wir können erwarten, dass wir in den nächsten drei Rennen einige Verbesserungen erzielen werden. Als Team sind wir jetzt bei 90%. Die zehn übrigen Prozent sind damit begründet, weil wir zwei sehr unterschiedliche Kulturen sind, die Zeit brauchen, um zusammenzufinden."

So groß die bisherigen Fortschritte auch sein mögen, Zählbares liegt für McLaren beim zweiten Saisonlauf unter normalen Bedingungen aber noch außer Reichweite. Im Gegensatz zu Australien ist jedoch zumindest die Chance intakt, sich mit den Piloten anderer Teams Zweikämpfe zu liefern. "Ich denke, wir sind ein bisschen näher an den Autos vor uns dran, was das Rennen etwas interessanter machen sollte", mutmaßte Button, der am Freitag bei Longruns ein gutes Gefühl verspürte. "Es ist wie ein Schneeballeffekt, wenn man mehr Power findet. Es hilft uns im Renntrimm vermutlich mehr als im Qualifying."

McLaren würde sich über Regen freuen, Foto: Sutton
McLaren würde sich über Regen freuen, Foto: Sutton

Endlich wieder im Auto!

Alonso zeigte sich mit den Volltanktests hingegen nicht übermäßig zufrieden, was allerdings daran lag, dass McLaren am Freitag zahlreiche Setupänderungen vornahm. Schließlich saß der Spanier zum ersten Mal seit einem Monat wieder im Cockpit, was er auch sichtlich genoss. "Ich habe das Auto vermisst, bin vier Wochen nicht gefahren. Der Simulator ist okay, aber es ist nie dasselbe wie ein echtes Auto", schwärmte Alonso vom MP4-29. "Gestern war ich in der Lage, 45 Runden ohne Probleme zu fahren. Das war eine sehr nette Überraschung."

Vielleicht meint es das eingangs erwähnte Wetter mit McLaren am Sonntag ja tatsächlich gut und erlaubt das Einfahren der ersten Punkte. Es wäre mehr als nur eine nette Überraschung und würde nicht nur Alonso, sondern der gesamten leidgeplagten Crew ein breites Lächeln ins Gesicht zaubern.