Der Mercedes W05 Hybrid wird wohl in einem Atemzug mit dem McLaren MP4/4 und dem Ferrari F2002 als eines der besten Fahrzeuge aller Zeiten in die Annalen der Formel-1-Geschichte eingehen. Der führenden Kopf des gesamten Unternehmens, Toto Wolff, hatte aber trotzdem keine entspannte Saison, und das nicht nur wegen des spektakulären Duells zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg. Überhaupt schien dieses Duell nur ein Nebenkriegsschauplatz in der Gefühlswelt Wolffs gewesen zu sein. Seine größte Sorge sei es gewesen, dass die Konkurrenz den Vorsprung doch noch zufahren könne.

"Ich bin von Natur aus eine so pessimistische Person", sagt er gegenüber Autosport. Erst nach Suzuka habe er realisiert, dass das Paket wirklich dominant sei, "und da hingen die dunklen Wolken des Bianchi-Unfalls über uns." Zuvor habe er nie solche Gedanken gehabt: "Ich hätte nie gedacht, dass es eine leichte Aufgabe werden würde, im Prinzip war es ja auch das Gegenteil." Das mahnende Beispiel von 2009 war noch im kollektiven Gedächtnis des Teams hängen geblieben: Jenson Button hatte die erste Hälfte der Saison dominiert, aber gegen Ende der Saison fiel Brawn GP zum Teil sogar ins Mittelfeld zurück, zum WM-Titel reichte es knapp.

Es gibt den lächelnden Wolff - wenn es vollbracht ist, Foto: Sutton
Es gibt den lächelnden Wolff - wenn es vollbracht ist, Foto: Sutton

Zwar gilt es als großen Unterschied festzuhalten, dass der große Vorteils Brawns - der Doppeldiffusor - während der Saison nachgebaut werden konnte, der große Vorteil von Mercedes anno 2014 - der bärenstarke Motor - jedoch vom Reglement her eingefroren war, doch Wolff hatte genug Grund zur Sorge: "Letztes waren wir auch gut dabei bis zur Sommerpause, und dann haben wir neun Siege an Sebastian Vettel verloren. Nur dieses Jahr ist das Gegenteil passiert."

Keine verfrühte Selbstgefälligkeit

Dabei schlug die Wolff‘sche Paranoia auch 2014 bereits früh zu: "Als wir nach Melbourne kamen, fuhr Ricciardo vor seiner Disqualifikation auf Rang zwei - und das fast ohne Testfahrten." Zur Erinnerung: Red Bull erlebte einen desaströsen Alptraum während der 2014er-Wintertests. Aus dieser Ausgangssituation heraus direkt auf das Podium zu fahren, nahm Wolff als Anlass zur Sorge, die Bullen könnten 2014 das Loch noch stopfen. "Alles, was wir zu Beginn der Saison gesehen haben, war kein ausreichender Indikator, dass unser Paket gut genug sein würde."

Daniel Ricciardo sorgte bei Toto Wolff für den meisten Angstschweiß, Foto: Sutton
Daniel Ricciardo sorgte bei Toto Wolff für den meisten Angstschweiß, Foto: Sutton

Wolff der Dauernörgler also? Ein bisschen zumindest sieht es der Österreicher selbst so: "In all meinen Jobs habe ich mich nie zufrieden gefühlt, bevor es vollbracht war. Ich bin so kalibriert. Ich sehe etwas nie als komplett an, bevor es nicht so ist." Das mache sein Leben sicher nicht leichter, weil ein schlechter Tag den nächsten jage, gibt er zu, "aber es ist durchaus eine Stärke, immer das Schlimmste zu befürchten. So hält man seine Erwartungen unter Kontrolle und gibt immer Gas, weil man nie denkt, das etwas gut genug ist."

Und genau mit dieser Herangehensweise sicherte er auch die Mercedes-Dominanz bis zum Saisonende: "Der Auftakt [von Red Bull] war eine Erinnerung, dass wir nicht in Selbstgefälligkeit verfallen sollten. Das ist der Grund, warum wir von Rennen zu Rennen gedacht haben, versucht haben, unsere Performance zu verbessern, und erstmals den Abstand über das Jahr vergrößert haben anstatt zurück zu fallen."