Auf die Teams wartet in Ungarn nicht nur die gefürchtete Gluthitze, sondern auch die Herausforderung neue Reifen. Beim Young Driver Test in Silverstone konnten sie die neuen Walzen, die eine Kombination aus der 2012er Konstruktion und den 2013er Mischungen darstellen, zwar schon testen, doch erst auf dem Hungaroring schlägt die Stunde der Wahrheit. Denn die Stammpiloten durften noch nicht am Setup tüfteln, was sie auf einer zunächst noch "grünen" Strecke im Freien Training nachholen müssen. Doch damit nicht genug: Als Damoklesschwert schwebt der Defektteufel, der in Ungarn gerne mal zuschlägt, über den Teams. Wer meistert das letzte Rennwochenende vor der Sommerpause am besten?

Lotus feierte in Ungarn zuletzt ein Doppelpodest., Foto: Sutton
Lotus feierte in Ungarn zuletzt ein Doppelpodest., Foto: Sutton

Die Bedingungen in Ungarn mit erwarteten Außentemperaturen über 40 Grad und Streckentemperaturen von mehr als 50 Grad spielen Lotus in die Karten. In Deutschland musste sich Kimi Räikkönen noch knapp Sebastian Vettel geschlagen geben, Romain Grosjean wurde Dritter. Auch im vergangenen Jahr in Ungarn feierte Lotus ein Doppelpodest. Doch das Team und vor allem Räikkönen will mehr. Er war bei seinem "Heimrennen" in der Vergangenheit meist erfolgreich und ist es leid, Zweiter zu werden. Die Siegchancen von Lotus hängen jedoch stark davon ab, wie sie sich im Qualifying schlagen, denn Überholen ist in Ungarn trotz DRS schwierig. Lotus kann zudem nicht mehr so sehr auf seinen reifenschonenden Boliden setzen, denn die neuen Pneus halten auch bei den anderen Teams länger - etwa bei Red Bull.

Sebastian Vettel hat mit dem Sieg auf dem Nürburgring seinen Juli-Fluch besiegt und hat nun den nächsten weißen Fleck auf der Landkarte ins Visier genommen. Zweiter und Dritter war er auf dem Hungaroring schon, der Sieg fehlt ihm noch. "Ich habe einige interessante Erinnerungen an Ungarn", so der amtierende Weltmeister. "Hoffentlich kann ich vor meinem Urlaub noch die Erinnerung an meinen ersten Sieg dort hinzufügen." Teamkollege Mark Webber hat in Ungarn schon gewonnen, gegen einen Sieg in seinem Abschiedsjahr hätte er jedoch sicherlich nichts einzuwenden.

Schwarzes Gold ein weißes Blatt

Ein Sieg ist für Mercedes dagegen angesichts der Wetterprognose in weiter Ferne. Im Qualifying werden die Silberpfeile wohl wieder allen um die Ohren fahren, doch der Deutschland GP hat gezeigt, dass die Probleme mit den Reifen noch nicht gelöst sind. Da Mercedes nicht am Young Driver Test teilnehmen durfte, fehlt ihnen die Erfahrung auf den neuen Pneus. Zwar werden sie von Pirelli die gleichen Daten erhalten wie die anderen Teams, aber eine Ausfahrt mit den Boliden kann das nicht ersetzen. Am Freitag und Samstagmorgen gibt es für Mercedes also erst einmal allerhand zu tun.

Bei Ferrari zeigt sich in gewisser Weise das umgekehrte Mercedes-Problem: Im Qualifying hapert es, im Rennen geht es vor allem für Fernando Alonso meist weit nach vorne. Für Felipe Massa ging es in letzter Zeit viel zu oft ins Kiesbett oder in die Streckenbegrenzung, weshalb das Team in der Herstellerwertung bereits 70 Punkte Rückstand auf Red Bull hat. "Auch wenn Ungarn normalerweise eine gute Strecke für Red Bull ist, hoffe ich, dass wir dort wettbewerbsfähig sein können", so Massa. "Es ist wichtig, heiße Bedingungen zu haben, da sie immer eine große Hilfe für unser Auto sind."

Die ungarische Hitze sollte bei McLaren vor allem für Hobby-Triathlet Jenson Button kein Problem darstellen. Der Brite hat gute Erinnerungen an den Kurs, auf dem er 2006 sein erstes Rennen und 2011 im 200. Rennen gewann. Im vergangenen Jahr war Lewis Hamilton für McLaren auf dem Hungaroring erfolgreich. "Natürlich wird ein Sieg in diesem Jahr schwierig", weiß Button. Doch beim Deutschland GP zeichnete sich beim Traditionsteam ein Aufwärtstrend ab. "In Deutschland war unser Reifenverschleiß, die Strategie und unser Renn-Management top. Es wäre schön, jetzt noch ein Auto mit etwas mehr Pace zu haben, um das umsetzten zu können und vorne angreifen zu können." Stallgefährte Sergio Perez bezeichnete die doppelte Punktefahrt in Deutschland als extrem motivierend.

Für Force India war der Nürburgring dagegen ein negativer Ausrutscher - so hofft das Team zumindest. "Wenn wir auf einen normaleren Kurs zurückkehren, sollte die Stärke unseres Autos deutlicher zum Vorschein kommen. Ich bin überzeugt, dass wir wieder Punkte holen können", erklärte Paul di Resta. "Ich hoffe, dass wir zurückschlagen können." Unwahrscheinlich ist das nicht, denn die Reifen haben sich im Vergleich zum Deutschland GP noch einmal verändert. Zudem sollte das Team das Problem mit dem DRS, das Adrian Sutil am Nürburgring das Qualifying verhagelte, in den Griff bekommen haben.

Force India wird in Ungarn ebenso wie McLaren wohl wieder um Punkte kämpfen, Ausreißer nach vorne nicht ausgeschlossen. Mit wie vielen Punkten Mercedes abreisen wird, hängt stark davon ab, wie sie mit den neuen Reifen zurechtkommen. Ums Podest werden sie eher kein Wörtchen mitreden, das obliegt Ferrari, Lotus und Red Bull, wobei der Sieg aller Voraussicht nach zwischen den letzten beiden entschieden wird.