Die Formel 1 biegt auf die Zielgerade der Saison 2013 ein und alle Zeichen stehen auf Red Bull. Die Bullen könnten am kommenden Wochenende in Indien gleich doppelt feiern: Sebastian Vettel steht kurz vor der Titelverteidigung in der Fahrer-WM und auch in der Konstrukteurs-Wertung könnte Red Bull in wenigen Tagen vorzeitig den Titelgewinn klarmachen. Hinter der Platzhirsch-Truppe geht es richtig rund: Ferrari, Mercedes und Lotus kämpfen um den Vize-Titel, um das Jahr zumindest halbwegs versöhnlich abzuschließen. Das zweitplatzierte Team aus Maranello und Lotus auf Platz vier trennen gerade einmal 33 Punkte. Motorsport-Magazin.com nimmt die Top-Teams vor dem Großen Preis von Indien unter die Lupe.

Red Bull

Vettel, Vettel, Vettel - sportlich dreht sich alles um den Heppenheimer, der die vergangenen fünf Rennen gewann und auch in Indien als absoluter Top-Favorit an den Start geht. Wer zocken möchte, sollte besser nicht auf Vettel als Rennsieger tippen: Nach seinen zwei Indien-Siegen und der aktuellen Top-Form dürften die Quoten verschwindend gering ausfallen. "Wenn er keine Probleme mit der Zuverlässigkeit bekommt, dann wird er einen Durchmarsch hinlegen. Darauf würde ich mein Geld setzen", meinte sogar Lewis Hamilton. Da bietet sich schon eher ein Tipp auf Teamkollege Mark Webber an, der zuletzt in Suzuka hinter Vettel die Ziellinie überquerte. Die Indien-Bilanz des scheidenden Australiers ist ordentlich, aber weitaus unspektakulärer als Vettels: 2012 wurde Webber Dritter, 2011 fuhr er auf den vierten Platz.

Der Weltmeister im Rampenlicht, Foto: Red Bull
Der Weltmeister im Rampenlicht, Foto: Red Bull

Angesichts der momentanen Performance des RB9-Boliden stehen die Chancen auf den nächsten Doppel-Erfolg des Teams äußerst gut. Die meisten Beobachter glauben, dass lediglich ein technischer Defekt die Truppe ausschalten kann. Doch Vettel bewies in Japan, dass ihn selbst der Defektteufel nicht stoppen kann: Mit KERS-Problemen schnappte er sich in Suzuka den zweiten Startplatz, die Konkurrenz schaute nur mit dem Fernglas hinterher. Sollten die beiden Red Bulls in Indien ein problemfreies Wochenende erleben, ist die Titelfrage für die Saison 2013 endgültig entschieden.

Lotus

Klar, Red Bull bestimmt das Geschehen in der Formel 1, doch die wirkliche Überraschung ist Lotus. Kimi Räikkönen etwa? Nein, vielmehr trumpft Romain Grosjean seit Wochen auf und mausert sich immer mehr zu einem Fahrer, der nach Räikkönens Abschied die Führungsrolle in Enstone für sich beansprucht. Der Franzose war in Japan der einzige, der in der Liga der Red Bulls fuhr und wurde folgerichtig mit seinem zweiten Podiumsplatz nacheinander belohnt. In den vergangenen Rennen machte Grosjean seinem Teamkollegen mächtig Dampf. Die Tage des Crash-Kid sind gezählt. Eng verknüpft mit Grosjeans aufsteigender Form ist die Änderung der Pirelli-Reifen seit dem Ungarn GP. Im Vergleich zu Räikkönen kommt er wesentlich besser mit der Kombination aus 2012er Kevlar-Karkasse und 2013er Gummi-Mischungen zurecht.

Mann der Stunde: Romain Grosjean, Foto: Sutton
Mann der Stunde: Romain Grosjean, Foto: Sutton

In Indien muss man Lotus definitiv wieder auf der Rechnung haben. Ein Grund ist der Wechsel der Reifen-Kombinationen im Vergleich zum Vorjahr: Diesmal liefert Pirelli die Soft/Medium-Variante, 2012 war es Soft/Hart, was zu einer Ein-Stopp-Strategie führte. Diesmal gelten zwei Reifenwechsel als wahrscheinlich, doch Lotus könnte es wegen seines starken Reifenmanagements gelingen, zwei Stints auf den weichen Reifen zu fahren oder sogar mit nur einem Boxenstopp durchs Rennen zu kommen. Der lange erprobte, verlängerte Radstand des E21-Boliden macht sich bezahlt und kommt den Stärken des Autos weiter entgegen. "Unser Auto performt momentan sehr gut, daher denke ich, dass wir wieder stark sein können", reist Grosjean mit breiter Brust zum viertletzten Rennen des Jahres.

Ferrari

Bei der Scuderia hat das große Zittern begonnen: Mit Red Bull konnte Ferrari wieder einmal nicht mithalten, also soll zumindest die Vize-Meisterschaft in der Konstrukteurswertung für einen versöhnlichen Saisonabschluss sorgen. Doch Maranello kann sich auf einen harten Kampf mit Mercedes gefasst machen, die Silberpfeile liegen in der Gesamtwertung gerade einmal zehn Zähler hinter Ferrari auf der dritten Position. Dahinter drückt Lotus aufs Gas. "Es ist sehr eng und wir müssen sicherstellen, dass wir das Auto verbessern können. Und wir können das", war Teamchef Stefano Domenicali sicher. Doch mehr als ein paar Schönheitskorrekturen werden die Teams in dieser Saison nicht mehr bringen, der Fokus liegt vollständig auf 2014.

Der letzte Samurai: Fernando Alonso, Foto: Sutton
Der letzte Samurai: Fernando Alonso, Foto: Sutton

Ferraris Problem: die leidige Schwäche im Qualifying. Seit elf Qualifyings hat es Fernando Alonso nicht mehr in die ersten zwei Startreihen geschafft. Teamkollege Felipe Massa übertrumpfte den Spanier zuletzt, konnte im Vergleich zu Red Bull und Mercedes aber auch nicht glänzen. Grund genug für James Allison, der in Indien erstmals als Technischer Direktor fungiert, auf die Pauke zu hauen. "Korea und Japan verliefen für uns sehr enttäuschend, da unser Auto nicht mit an der Spitze mitkämpfen konnte", sagte der frühere Lotus-Mann schonungslos. "Wir sind nicht auf dem Level, wo wir eigentlich sein sollten." Immerhin: Im Rennen sind die Roten - vor allem in Form von Alonso - immer für Highlights gut. Alonso fuhr bei den beiden bisherigen Indien-Rennen stets aufs Podium.

Mercedes

Zuletzt war bei Mercedes mehr Schatten als Licht zu erkennen. Nach einer starken ersten Saisonhälfte sah es danach aus, als würden sich die Silberpfeile als zweite Kraft etablieren. Dann ging es kontinuierlich abwärts. In den Qualifyings sind Nico Rosberg und Lewis Hamilton noch immer stark, aber längst nicht mehr dominant - Red Bull hat Brackley den Rang abgelaufen. Ärgerliche Ausfälle sorgten dafür, dass Ferrari in der Konstrukteurs-WM wieder vorbeiziehen konnte - Mercedes droht eine Saison ohne nennenswerte Erfolge. Umso mehr ist das Team darauf bedacht, in den letzten Rennen des Jahres noch einmal an die alte Stärke anzuknüpfen. "Nach einigen schwierigen Rennen wollen wir in Indien ein stärkeres Wochenende zeigen", so Hamilton. "Wir wissen, dass wir ein gutes Auto haben - wenn wir nun alle Teile zusammenfügen und ein gutes Wochenende haben können, besitzen wir das Potential, um noch vor dem Saisonende einige starke Ergebnisse einzufahren."

Mercedes: Zu viele Ausfälle, Foto: Sutton
Mercedes: Zu viele Ausfälle, Foto: Sutton

Allerdings: Mercedes hat die Entwicklung des Silberpfeils eingestellt, wie Hamilton kürzlich verriet. Nun muss die Truppe aus dem vorhandenen Material das Optimum herausholen, doch zuletzt vergriffen sich die Ingenieure gerne einmal mit den Setups. In Japan etwa versuchte das Team komplett unterschiedliche Ansätze. Mercedes macht sich nichts vor: Weitere Siege sind 2013 wohl nicht drin. "Das wird nicht passieren", so Hamilton. "Aber wir können versuchen, einige Punkte mitzunehmen und ich rechne damit, dass wir auf das Podium fahren können." Aktuell ist Mercedes trotz der Qualifying-Stärke nur vierte Kraft in der Formel 1, selbst Podestplätze wären bei aktuellem Leistungsstand schon ein großer Erfolg.