Mal ist es zu heiß, mal zu kalt, mal Untersteuern, mal Übersteuern - mal alles zusammen. Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff ist bei der Problemanalyse des Silberpfeils wahrlich nicht zu beneiden. Der Österreicher kann dem Betrachter fast leid tun, während er etwas hilf- und ratlos versucht, das neuerliche Zurückfallen seiner beiden aus Reihe eins gestarteten Fahrer zu erklären.

Fakt ist: Der Mercedes ist ein Reifenmörder. Jetzt gilt es für die Technikriege rund um Ross Brawn, Bob Bell, Aldo Costa und Geoff Willis den Grund dafür herauszufinden und die Schwachstelle schnellstens zu beheben. "Sie hatten schon im letzten Jahr ein gutes Auto, aber es fraß ständig die Reifen auf", erinnert sich Johnny Herbert im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "In diesem Jahr haben sie wahrscheinlich ein noch besseres Auto, aber es verspürt immer noch einen großen Appetit auf Reifen."

Hund im Silberpfeil begraben

Wolff treibt sein Team an, die grundlegenden Entscheidungen der letzten Jahre zu finden, die den Silberpfeil zum Pirelli-Killer hat werden lassen. "Setup, Fahrzeugkonstruktion, Reifenmanagement, Aufhängungspunkte - irgendwo da liegt der Hund begraben", vermutet Wolff. Damit ist einmal nicht Lewis Hamiltons Bulldogge Roscoe gemeint. Herbert sieht für Silber jedoch Schwarz: "Ich glaube nicht, dass das in diesem Jahr noch gelingen wird - dafür ist das Auto zu hart zu den Reifen."

Für Wolff könnte Barcelona ein Weckruf gewesen sein. "Oje, jetzt habe ich wieder ein Schlagwort geliefert", weiß der Mercedes-Chef schon im Vorhinein um die Reaktionen auf seine Aussage. "Aber es ist eine hochinteressante Sache: Es ist nicht so, dass das Team im Qualifying und Rennen nicht performt, dann hätte das Auto keine Performance." Stattdessen sieht Herbert den Silberpfeil auf einer Runde im Qualifying sogar als das schnellste aller F1-Autos an.

Keine Schuld bei Pirelli

Die Reifen und der Silberpfeil: Bislang keine innige Beziehung, Foto: Sutton
Die Reifen und der Silberpfeil: Bislang keine innige Beziehung, Foto: Sutton

Nur im Rennen verspürt der F1 W04 einen zu großen Appetit auf italienische Gummis. "Wir haben ein schnelles Auto, aber wir bekommen die Performance im Rennen nicht hin." Dabei hat Mercedes laut Wolff den Wagen in Barcelona auf das Rennen hin getrimmt und nicht auf eine schnelle Runde. "Es ist nicht so, dass wir uns nicht hineingekniet haben, wir haben all das getan, was man erwarten kann, um eine gute Rennvorbereitung zu haben. Trotzdem ging es dramatisch nach hinten los."

Das Auto müsse laut Wolff viel besser mit den Reifen umgehen, und zwar bald. "Es ist natürlich schmerzhaft, zu sehen, wie wir im Rennen die Pace herunterdrosseln müssen, um nur zwei oder drei Mal zu stoppen - das ist ärgerlich", so Wolff. Mercedes habe jedoch kein Aerodynamik-Problem, das Problem liege woanders. Die allseits kritisierten Reifen möchte Wolff aber auch nicht als Sündenbock hernehmen.

"Die Ausgangslage ist für alle gleich: Wir als Team müssen die Problematik in den Griff bekommen", betont Wolff. "Wir wollen es nicht auf die Reifen schieben. Ich glaube nicht, dass Lotus die gleichen Ressourcen hat wie wir. Wir wollen das Problem selbst lösen und es nicht auf Pirelli schieben. Sie können bis zum nächsten Rennen sicher keine Holzreifen konstruieren, die extrem hart sind."