Nach dem Rennen war allen klar: Ferrari und Fernando Alonso hatten alles richtig gemacht. Doch wie kam der Asturier so heimlich, still und leise von seiner dritten Startposition auf Rang eins? Den Grundstein für den Erfolg legte Alonso schon am Start, indem er an Kimi Räikkönen, der Probleme mit seiner Kupplung hatte, vorbeigehen konnte. Anschließend konnte im ersten Stint eine Runde länger auf den weichen Reifen bleiben als Lewis Hamilton, der schon in Runde fünf seine Boxencrew aufsuchen musste, nachdem er unmittelbar zuvor die Führung an Alonso abgeben musste.

Strategie und Performance: Bei Ferrari passte in China einfach alles, Foto: Sutton
Strategie und Performance: Bei Ferrari passte in China einfach alles, Foto: Sutton

Nachdem der Ferrari-Pilot in Runde sechs auf die mittlere Mischung gewechselt hatte, sortierte er sich erneut vor dem Mercedes-Piloten ein und ging somit virtuell wieder in Führung. Der zweite und der dritte Stint brachten Alonso dann einen am Ende doch recht komfortablen Rennsieg ein. Ferrari machte am Freitag seine Hausaufgaben und wusste genau, wie lange sie zu welchem Zeitpunkt mit welchen Reifen fahren können. So splitteten die Roten aus Maranello die Rennstrategie auf den mittleren Reifen recht gleichmäßig.

Im zweiten Stint absolvierte der Weltmeister von 2005 und 2006 17 Runden auf dem Medium-Reifen, im dritten 18 Runden und der letzte Rennabschnitt war beim Spanier 15 Runden lang. Extrem wichtig für das Aufgehen der Ferrari-Strategie war die Tatsache, dass Alonso nahezu immer freie Fahrt hatte. Zwar fand er sich zwei Mal hinter Sebastian Vettel wieder, doch Alonso machte kurzen Prozess und ging umgehend am Dreifachweltmeister vorbei. Das war umso wichtiger, weil die sensiblen Reifen die Fahrt im Windschatten nicht mögen, sie verschleißen in dirty Air um etwa 20 Prozent stärker, wie es im UBS Strategy Report heißt.

Spannender Kampf um die Plätze zwei, drei und vier

Am Ende trennten den zweitplatzierten Kimi Räikkönen und den viertplatzierten Sebastian Vettel weniger als zweieinhalb Sekunden. Und das, obwohl der Finne von Rang zwei ins Rennen gegangen war und Sebastian Vettel seine Aufholjagt von Rang neun aus startete. Dazwischen: Pole-Setter Lewis Hamilton. Spannend ist die Frage, wie sich diese Konstellation am Rennende ergab, schließlich schien es doch über weite Strecken des Wochenendes so, als wäre der Mercedes das stärkste Auto im Feld.

Räikkönen hing lange in Hamiltons Heck, Foto: Sutton
Räikkönen hing lange in Hamiltons Heck, Foto: Sutton

Lewis Hamilton hatte von der Pole Position aus einen guten Start, musste allerdings früh zum Reifenwechsel kommen, weil der Mercedes die weichen Pirelli-Pneus stärker verschliss. Schon in Runde fünf kam der Mercedes-Star und wechselte auf die mittlere Mischung, verlor dabei eine Position an Fernando Alonso, blieb aber vor Kimi Räikkönen. Im zweiten Stint war der Finne konstant nah am Heck des Briten, konnte aber nicht am Mercedes vorbeigehen. Weil die beiden Weltmeister in Runde 21 gemeinsam zum zweiten Stopp kamen, änderte sich an der Reihenfolge weiterhin nichts.

Bemerkenswert war, wie nah Räikkönen hinter Hamilton herfahren konnte, ohne sich dabei seine Reifen zu ruinieren. Allerdings griff der Lotus-Kommandostand beim letzten Boxenstopp in die Trickkiste und holte Räikkönen schon einige Runden früher als geplant zum Reifenwechsel. Weil Hamilton bereits mit seinen Pneus haushalten musste und erst drei Runden später, nämlich in Runde 37 zum Wechsel kam, kehrte sich die Reihenfolge zwischen den beiden im letzten Stint um.

Am Ende wurde es knapp zwischen Hamilton und Vettel, Foto: Sutton
Am Ende wurde es knapp zwischen Hamilton und Vettel, Foto: Sutton

Hamilton konnte Räikkönen zu Beginn mit frischeren Reifen zwar unter Druck setzten, der Lotus-Pilot behielt aber die Oberhand. Doch hätte Mercedes den zweiten Platz mit einer rechtzeitigen Reaktion auf den frühen Lotus-Stopp behalten können? Fakt ist zwar, dass Hamilton wahrscheinlich vor Räikkönen geblieben wäre, wäre er unmittelbar nach ihm zum Reifenwechsel gekommen, doch der Silberpfeil beanspruchte das schwarze Gold stärker, als das der Lotus E21 tat. Somit hätte der Brite mit großer Wahrscheinlichkeit gegen Ende des Rennens Probleme bekommen, seine Position zunächst gegen den Iceman zu verteidigen und hätte durch den Zeitverlust des Zweikampfs und der generell langsameren Strategie auch noch einen Platz gegen Sebastian Vettel verloren.

Mercedes musste so gesehen einen Tod sterben und entschied sich letztendlich für die richtige Variante. Hätte sich Räikkönen außerdem nicht Frontflügel und Nase beschädigt, wäre das Duell vermutlich klarer für den Finnen ausgegangen. Lotus berechnete, dass der Schaden an der Lotus-Front etwa eine viertel Sekunde pro Runde kostete. Zwar hätte ein Wechsel während eines planmäßigen Boxenstopps 'nur' einige Sekunden gekostet, doch dadurch wäre der Weltmeister von 2007 nach dem Stopp in den Verkehr gekommen, was die Strategie nicht aufgehen hätte lassen.

Außenseiter Button und Vettel

Weltmeister Sebastian Vettel und Jenson Button gingen mit einer anderen Strategie ins Rennen. Sie fuhren im Qualifying keine, respektive eine sehr langsame Runde auf den mittleren Reifen, um mit dieser Mischung dann ins Rennen gehen zu dürfen. Der Brite startete von Rang acht, der Deutsche von Platz neun. Der Hintergedanke bei Red Bull und McLaren war klar: Beide Teams hatten während der Trainingssessions erkannt, dass sie die Pace der Spitze in China nicht mitgehen konnten, folglich entschieden sie sich für eine andere Herangehensweise.

Zwischenzeitlich war Button nahe an Alonso dran, Foto: Sutton
Zwischenzeitlich war Button nahe an Alonso dran, Foto: Sutton

Dass die Strategie bei Red Bull nicht ganz aufging, hatte einen einfachen Grund: Verkehr. Während der ersten Rennhälfte befand sich der Heppenheimer fast durchgehend im Verkehr, verlor vor allem hinter Nico Hülkenberg viel Zeit, die ihm am Ende eine Platzierung auf dem Podium kostete. Bei Jenson Button sieht es ein wenig anders aus. Der Brite kam in Runde 23 gemeinsam mit Fernando Alonso zum Reifenwechsel, beide fuhren den anschließenden Stint auf den härteren Reifen.

Nach dem Boxenstopp trennten den McLaren-Piloten nicht einmal fünf Sekunden, am Ende des Alonso-Stints waren es fast 25 Sekunden. Die Erkenntnis: Der McLaren war einfach zu langsam. Mit Rang fünf haben die Briten somit das bestmögliche Ergebnis geholt, die Strategie ging in Kombination mit Buttons cleverer Fahrweise komplett auf. Bei Sergio Perez lief es umgekehrt: Der Mexikaner wechselte in der Mitte des Rennens auf die weiche Mischung, verlor bei seinem allzu kurzen Stint jedoch viel Zeit und kam am Ende lediglich auf Rang elf ins Ziel.