"Besser als heute hätte es doch gar nicht laufen können", strahlte Fernando Alonso am Sonntag in Shanghai, ein paar Stunden nachdem das Rennen vor den Toren der Millionenmetropole abgewunken wurde und er sich zum 31. Mal in der Formel 1 zum Sieger gekrönt hatte. Das schob ihn in der ewigen Bestenliste auf einen geteilten vierten Platz mit Nigel Mansell, der ebenso bei 31 Triumphen hält. Der nächste Pilot auf dieser Liste, den Alonso nun schlagen will, ist kein Geringerer als Ayrton Senna, der auf zehn Grand-Prix-Siege mehr als der Spanier kommt. An Anreiz für weitere Erfolge sollte es dem Doppelweltmeister in naher Zukunft also nicht mangeln, wenngleich er darum bemüht war, nach seiner Siegesfahrt in China auf dem Teppich zu bleiben.

"Der Sieg heute hat sich irgendwie speziell angefühlt, denn es war ein kniffeliges Rennen voller Action", so Alonso. "Es zu lesen und immer alles zu verstehen, war dabei gar nicht so einfach. Wir haben die McLarens überholt, Hülkenberg, Sebastian... irgendwie war es ein ganz schönes Durcheinander", fand der Spanier, der erst einmal durchatmen und seine Gedankenwelt ordnen wollte. "Ein einfaches Rennen war es nicht, dafür aber manchmal voller Risiken und Gefahren." Fehler zu machen, sei am Sonntag in Shanghai relativ einfach gewesen, fand Alonso und erklärte: "Man musste schon immer sehr gut aufpassen, wann und wie man am klügsten überholt." Positiv sei gewesen, dass er selbst gleich bestmöglich aus den Startblöcken gekommen sei.

Glücksfaktor nicht zu unterschätzen

"Der Start war gut, wir konnten Kimi überholen. Dann ist es mir im ersten Stint auch noch gelungen Lewis zu schnappen", ließ der 31-Jährige die Anfangsphase seines Rennens noch einmal Revue passieren. "In Sachen Reifenverschleiß hat sich das Auto heute gut angefühlt, wenngleich man das ganze Rennen über natürlich schon sehr auf die Reifen aufpassen musste - zeitgleich war es aber auch wichtig, dabei immer die Lücke zu den Jungs hinter einem im Auge zu behalten und zu verwalten. Unterm Strich haben wir aber das Beste aus unserer Pace herausgeholt und einen guten Job gemacht." Besonderes Lob gab es auch für sein Team. "Sie haben so hart gearbeitet, um mich überhaupt in diese Position zu bringen, so dass ich die Konkurrenz nun mit gleichen Waffen bekämpfen kann", bedankte sich Alonso.

Der Moment der Zieldurchfahrt: Alonso siegt in China, Foto: Sutton
Der Moment der Zieldurchfahrt: Alonso siegt in China, Foto: Sutton

Gewonnen sei trotz des Höhenfluges von China aber noch lange nichts, wie der Ferrari-Star zu bedenken gab: "Da brauchen wir uns überhaupt keine Illusionen machen. Wir müssen uns weiter voll konzentrieren und uns auch in Zukunft verbessern." Nicht zu unterschätzen sei bei einem derart engen Feld wie dem, das es aktuell in der F1 zu bestaune gebe, nach Meinung Alonsos auch der Faktor Glück. "Nico ist es hier und in Australien passiert, mir in Malaysia... wenn man sich Kimis Aussagen heute anhört, hätte es auch ihm blühen können", so Alonso mit Blick auf den zweitplatzierten Lotus-Piloten, der sich bei einer Kollision mit Sergio Perez den Frontflügel beschädigte. Alonso machte nach einer ähnlichen Aktion zuletzt in Sepang schlechte Erfahrungen damit, trotz beschädigten Flügels weiterzufahren. "Man weiß nie, ob er dranbleibt und man ins Ziel kommt oder ob der Flügel auf einmal unter dem Auto ist und man rausfliegt", sagte er mit Blick auf Räikkönens Risiko.

Nicht zuletzt hätte auch Mark Webbers Ausfall in China bewiesen, wie schnell es jeden aus der Spitzengruppe treffen könne. "Es kann einfach jedem passieren, wir müssen also hoffen, dieses Jahr den Glücksfaktor mit auf unserer Seite zu haben." Einen weiteren Baustein für sein Erfolgsrezept nannte Alonso dann auch noch: Die gute Pace des F138 über die Distanz. "Das ist normalerweise immer eine unserer größten Stärken, nicht nur dieses Jahr sondern auch schon in den letzten zwei oder drei Jahren. Am Sonntag sehen wir zumeist ganz gut", zeigte sich der Weltmeister der Jahre 2005 und 2006 zufrieden. Er räumte ein: "Auf einer schnellen Runde haben wir manchmal noch ein paar Probleme, aber aus welchen Gründen auch immer, sind wir auf den Long-Runs naturgemäß gut. Warum das so ist, wissen wir aber selbst nicht", lachte Alonso.

Der Druck ist bei Ferrari immer da

Daher gelte es umso mehr, die Punkte jetzt zu holen, wenn es gerade laufe. "Denn ich bin mir auch sicher, dass wieder Wochenenden kommen, wo das nicht so ist, deswegen müssen wir jetzt die maximalen Ergebnisse einfahren. Manchmal kann man einfach nicht gewinnen, manchmal ist Dritter oder Fünfter das Optimum." Dass er zur Zeit zusätzlichen Druck verspüre, weil in jüngerer Vergangenheit auch bei seinem Teamkollegen Felipe Massa ein signifikanter Formanstieg zu beobachten war, wollte Alonso nicht sagen. "Ich denke, der Druck ist bei jedem Rennen da, jedes Jahr und besonders wenn man bei Ferrari fährt. In jeder Saison, die man startet, erwarten die Leute hier von einem Siege und letztendlich auch die Weltmeisterschaft."

"Eigentlich ist jedes Rennen diesbezüglich gleich. In jeder Saison, die ich bisher gefahren bin, gab es Duelle mit Teamkollegen und auch Diskussionen darüber. Das ist dieses Jahr nicht anders", meinte Alonso. "Meiner Meinung nach ist der Druck immer und überall da. Wie gesagt: Man muss einfach gute Resultate abliefern, dann sind sowieso alle glücklich. Und wenn das einmal nicht möglich ist, dann sollte man sich wenigstens im Rahmen seiner Möglichkeiten verbessern." Allgemein wollte der Spanier seinen Blick jedoch wieder nach vorne richten: "Ich freue mich schon auf das nächste Wochenende in Bahrain, denn das wird ein guter Test in Sachen Temperaturen. Die werden uns sicher vor Probleme stellen und dann müssen wir schnell reagieren und erneut abliefern, wenn es die Situation erfordert", sagte Alonso.