Mit dem Startschuss in die neue Saison beginnt für Caterham das vierte Jahr in der Formel 1. Schon bei der Präsentation des CT03 wurde deutlich, dass sich das Team zu einer Weiterentwicklung des Vorgängermodells entschieden hat, um zweigleisig an der Entwicklung des Boliden für 2014 zu arbeiten. Wie in allen Jahren der Teilnahme war das Team auch 2012 'Best of the Rest' und sicherte sich den zehnten Rang in der Gesamtwertung.

Caterham stapelt für 2013 tief, Foto: Sutton
Caterham stapelt für 2013 tief, Foto: Sutton

Das Saisonziel, erstmals in der Formel 1 Punkte einzufahren, wurde ganz knapp verfehlt. In Brasilien rutschte Vitaly Petrov durch die Wetterkapriolen auf den elften Rang und sicherte damit in letzter Sekunde das Minimalziel: vor Marussia in der WM zu landen. Ein Warnschuss für Caterham - aber in eine andere Richtung. Anstatt alles auf Fortschritt zu setzen und endlich den Anschluss ans Mittelfeld zu schaffen, entschied man sich für eine Korrektur der Ziele. "Wenn alles nach Plan verläuft, werden wir auch in diesem Jahr kein Kandidat für Punkte sein", machte Teamchef Cyril Abiteboul unmissverständlich deutlich. Realistisch sei ein Top-10-Ergebnis nur unter turbulenten Rennbedingungen. In diesem Fall will die Mannschaft aber alles daran setzen, den ersten Zähler aufs Team-Konto zu packen.

Das Team: Viele Wechsel, wenige Kontante, fasst die Situation bei Caterham am besten zusammen. Bis auf Heikki Kovalainen wechselten die Piloten beinahe im Jahrestakt - nun ist auch sein Vertrag Geschichte. In der Teamführung gab es ebenfalls große Änderungen. Caterham-Besitzer Tony Fernandes gab Anfang November das Zepter des Teamchefs an den ehemaligen Renault-Mann Cyril Abiteboul ab. Fernandes wollte seinen Blick mehr in Richtung des Automobilsektors orientieren.

Cyril Abiteboul beerbte Tony Fernandes als Teamchef, Foto: Sutton
Cyril Abiteboul beerbte Tony Fernandes als Teamchef, Foto: Sutton

Damit begann das große Aufräumen und Ziele, Hoffnungen und Wünsche wurden korrigiert. Erst kürzlich holte sich die Mannschaft erneut Verstärkung von Lotus. Mit Hari Roberts wurde ein neuer Aerodynamik-Chef bestellt. Fraglich ist allerdings, wie viel er mit dem Boliden für 2013 zu tun haben wird, da das Augenmerk primär auf die große Regelrevolution im kommenden Jahr geht.

Die Fahrer: Alles neu - alles besser? Caterham war in Sachen Fahrerentscheidung eines der mutigsten Teams. Lange wurde spekuliert, wer neben dem ehemaligen Marussia-Mann Charles Pic im Auto sitzen würde. Letztlich fiel die Entscheidung auf Giedo van der Garde. Damit setzt Caterham auf einen Piloten mit lediglich einjähriger F1-Erfahrung und einen Rookie. "Es bleibt eine mutige Sache, die Fahrerpaarung komplett zu verändern und junge Fahrer mit begrenzter Erfahrung einzusetzen", gab Teamchef Cyril Abiteboul zu.

Charles Pic und Giedo van der Garde sind Caterhams Investition in die Zukunft, Foto: Sutton
Charles Pic und Giedo van der Garde sind Caterhams Investition in die Zukunft, Foto: Sutton

Grund für diese Entscheidung war der Blick in die Zukunft, denn die Mannschaft möchte gemeinsam mit den jungen Fahrern in die Saison der Regeländerungen starten. "Wenn es eine Sache gibt, die wir kontrollieren können, dann ist es, die Fahrerfrage zu klären, um zwischen 2013 und 2014 ein bisschen Extra-Stabilität zu haben", blickte der Teamchef voraus. Im Hier und Jetzt rissen die beiden Piloten in Jerez und Barcelona zwar nicht die Welt aus den Angeln, zeigten aber gute Leistungen. Ungeachtet der möglichen Testprogramme müssen sich van der Garde und Pic aber Sorgen um die Konkurrenz machen, denn während sie in Jerez noch deutlich die Oberhand über Marussia hatten, ließen sie die beiden Rookies Max Chilton und Jules Bianchi in Barcelona in sechs von acht Fällen stehen.

Das Auto: Beim neuen Boliden von Caterham gab es nicht nur beim Namen Verwirrung. Der CT03 ist das vierte Auto des Teams und das zweite Auto unter dem neuen Teamnamen. Da der Vorgänger auf den Namen CT01 hörte, wäre CT02 die logische Folgerung gewesen. Doch dieses Kürzel ist einem Straßen-PKW der Sportwagenschmiede vorbehalten. Nicht genug der Verwirrung: große Aufregung gab es beim sogenannten Exhaust-Wing. Der kleine Flügel im Coanda-Schacht leitet die Abgase gezielter zum Diffusor, soll allerdings illegal sein. Die Mannschaft von Cyril Abiteboul entfernte zum letzten Barcelona-Test das strittige Teil, ist aber weiterhin von der Legalität überzeugt.

Der Auspuffflügel ist wieder abmontiert, Foto: Sutton
Der Auspuffflügel ist wieder abmontiert, Foto: Sutton

Zwar konnten die Briten immerhin mehr Kilometer als Force India, Marussia und Lotus abspulen, doch die Performance war ernüchternd. Statt endlich das Mittelfeld anzugreifen, muss der Blick eher nach Hinten, Richtung Marussia gerichtet werden. Der CT03 ist nur eine kleine Evolution des CT01, signifikante Neuerungen sucht man vergebens. Auch die unschöne Stufennase wurde eins zu eins vom Vorgänger übernommen. Die Tatsache, dass Caterham das einzige Renault-Team ist, das keinen Voll-Coanda-Auspuff fährt, spricht Bände.

Saisonziel: Punkte bei turbulentem Rennverlauf

PRO: Beim Finale in Brasilien hätte es ja schon beinahe geklappt mit dem ersten Punkt für Caterham. Dem Team ist bewusst, dass es chaotischer Rennen bedarf, um in die Top-10 vorzustoßen. Doch die Chance für solche ist 2013 durch die neue, unberechenbarere Reifengeneration von Pirelli gestiegen. Neo-Teamchef Cyril Abiteboul und die beiden jungen Piloten bringen jedenfalls genug neuen Elan mit, um das "Projekt WM-Punkt" in die Tat umzusetzen. (Michael Höller)

CONTRA: Bei Caterham überwiegen in den letzten Monaten die negative Schlagzeilen. Allein das Fahrer-Line-Up für 2013 gleicht einer Bankrotterklärung - die Demontage des erfahrenen und schnellen Heikki Kovalainen und Hereinnahme von Giedo van der Garde, der trotz ausbleibender GP2-Erfolge von seinem Schwiegervater ins Cockpit gekauft wurde, ist keine glorreiche Entwicklung. Technisch stagniert die Truppe aus Leafield, selbst das genauso schwache Marussia-Team scheint näher zu kommen. Für das Mittelfeld benötigt man weiterhin ein Fernglas und während Chefingenieur Mike Gascoyne den Winter dazu nützte, um die Welt zu umsegeln, anstatt das Auto voranzubringen, scheint es spätestens seit Tony Fernandes' Aus als Teamchef so, als verliere er langsam die Lust am F1-Projekt. Gute Zeichen sehen vor allem eines: anders aus. (Frederik Hackbarth)