Der britische Grand Prix sah ein spannendes Duell zwischen Red Bull und Ferrari, da beide Teams in puncto Rennstrategie andere Wege einschlugen, wobei sich Red Bull schlussendlich durchsetzte. Als Folge konnte Mark Webber den Führenden Fernando Alonso fünf Runden vor dem Ende noch abfangen und seinen zweiten Saisonsieg feiern. McLaren enttäuschte hingegen einmal mehr, sodass Lewis Hamilton weiteren Boden auf die Meisterschaftskonkurrenten einbüßte, während Lotus mit beiden Autos punkten konnte.

Hintergrund

Aufgrund des schweren Regens in den Freien Trainings und im Qualifying verfügten die Teams über sehr wenige Informationen, wie die Reifen am Rennsonntag funktionieren würden. Nur das dritte Freie Training am Samstagmorgen bot trockene Bedingungen und auf der kalten Strecke stellte sich schnell heraus, dass der weichere der beiden Reifentypen zu Graining neigte, was vor allem Ferrari hinsichtlich des Rennens Sorgen bereitete.

Silverstone präsentierte sich typisch britisch, Foto: Sutton
Silverstone präsentierte sich typisch britisch, Foto: Sutton

Das Wetter präsentierte sich über das gesamte Wochenende äußerst unberechenbar, sodass es am Rennsonntag entgegen der Erwartungen trocken blieb. Viele Teams, darunter auch McLaren und Mercedes, hatten sich jedoch auf ein Regenrennen eingestellt. Obwohl die Streckentemperatur bei über 24 Grad Celsius lag, war der Asphalt noch immer zu kalt, um den weichen Reifen gut zum Arbeiten zu bekommen und die härtere Mischung kristallisierte sich als die bessere Wahl für das Rennen heraus. Der Schlüsselfaktor, um stark abzuschneiden, war daher, gut mit dem weichen Reifen umzugehen.

Hätte Alonso mit einer anderen Strategie gewinnen können?

Ferrari und Alonso waren klug und starteten auf den harten Reifen, da sich diese als die besten für das Rennen herausgestellt hatten. Der Plan sah vor, so wenige Runden wie möglich auf den weichen Reifen zu drehen und es wurde schnell klar, dass Alonso zwei längere Stints auf den harten und einen kürzeren, finalen auf den weichen Pneus fahren würde. Webber begann auf den weichen Reifen und sein Ziel bestand darin, den Kontakt zum Spanier nicht abreißen zu lassen, um dann am Ende des Rennens näher kommen zu können.

Ferrari verfügte auch über eine zweite Waffe, da man Felipe Massa auf den weichen Reifen starten ließ, um Daten über deren Performance zu sammeln. Es stellte sich allerdings heraus, dass dieser Plan weniger hilfreich war, als gedacht.

Fernando Alonso sah lange Zeit wie der sichere Sieger aus, Foto: Sutton
Fernando Alonso sah lange Zeit wie der sichere Sieger aus, Foto: Sutton

Massas erster Stint ging über 13 Runden. Aufgrund der Performance des Brasilianers dachte das Team, dass die weichere Mischung nicht so schlecht sei, wie man ursprünglich angenommen hatte. Diese Einschätzung führte dazu, dass man Alonso am Ende des Rennens 15 Runden auf den weichen Reifen fahren ließ, was sich als schwerer Fehler herausstellte. Hätte der Spanier seine ersten beiden Stopps wenige Runden später absolviert, hätte er die Führung vermutlich nicht verloren. Ohne Massas Daten hätte das Team danach getrachtet, so wenige Runden wie möglich auf den weichen Reifen zu fahren, was Alonso wohl den Sieg gebracht hätte.

Als Webber in Runde 14 zum ersten Mal an die Box kam, hatte Alonso einen Vorsprung von fünf Sekunden herausgefahren und blieb nur für einen weiteren Umlauf auf der Strecke. Die Pace des F2012 war auf den harten Reifen noch immer gut genug, sodass der Spanier vor seinem ersten Stopp einige schnelle Rundenzeiten setzen konnte, die vergleichbar mit den Zeiten waren, die Webber in den ersten zwei, drei Runden auf neuen Gummis produzieren konnten.

Der Abstand zwischen dem Spanier und dem Australier pendelte sich im mittleren Stint bei fünf Sekunden ein. Webber steuerte die Box zum zweiten Mal in Runde 33 an, sodass er noch weitere 19 Umläufe mit einem Satz frischer härterer Reifen zurückzulegen hatte.

Am Ende stand Mark Webber ganz oben, Foto: Sutton
Am Ende stand Mark Webber ganz oben, Foto: Sutton

Alonso blieb für vier weitere Runden auf der Strecke, kam in Runde 37 an die Box und kehrte mit einem Vorsprung von vier Sekunden auf Webber auf die Bahn zurück. Obwohl Webber vor dem Ferrari-Stopp einige schnellere Runden als Alonso drehen konnte, fand der Spanier auf seinen gebrauchten Reifen abermals Zeit und eine weitere Runde wäre möglich gewesen. Mit zwei oder drei Runden mehr im ersten Stint und einer weiteren im mittleren, wäre er in Runde 41 zwar mit einem kleineren Vorsprung gegenüber Webber, dafür aber auch nur mehr zehn oder elf verbleibenden Runden auf den weichen Reifen zurück auf die Strecke gekommen. Das hätte vermutlich ausgereicht, um die Führung bis zum Rennende zu verteidigen.

Alternativ hätte es Alonso auch Lewis Hamilton gleichtun und einen kurzen mittleren Stint mit den weichen Reifen fahren können, der nicht länger als zehn Runden dauerte. Damit hätte er das Rennen wie Webber auf den harten Reifen beenden können.

Es ist immer leicht, Dinge rückblickend zu beurteilen. Ferrari hat einen brillanten Job gemacht, um die Weltmeisterschaft zu diesem Zeitpunkt anzuführen, aber hat auch strategische Fehler begangen, die Alonso Punkte kosteten. In Silverstone wäre definitiv ein Sieg möglich gewesen, wäre man im Rennen mit den weichen Reifen etwas vorsichtiger umgegangen.

Hamilton und Grosjean setzten auf andere Strategien

Lewis Hamilton und Romain Grosjean wählten am Sonntag zwei andere interessante Strategien, die ebenfalls zeigten, was für Alonso möglich gewesen wäre.

Sowohl McLaren als auch Lotus merkten wie Ferrari schnell, dass der harte Reifen im Rennen schneller sein würde. Hamilton begann auch auf dieser Mischung, während Grosjean am Start in einen Zwischenfall mit Sebastian Vettel verwickelt wurde und bereits in der zweiten Runde an die Box kommen musste. Er wechselte von den weichen auf die harten Reifen, und nahm nur mehr einen einzigen weiteren Stopp vor, sodass er sich praktisch auf einer Ein-Stopp-Strategie befand.

Grosjean fuhr je einen Stint zu 24 und 26 Runden und war damit wettbewerbsfähig. Nach der dritten Runde lag er auf Platz 22, kam jedoch als Sechster ins Ziel, direkt hinter seinem Teamkollegen Kimi Räikkönen, der mit Vettel und Massa kämpfte. In Runde 50 setzte der Franzose mit seinen bereits stark abgenutzten Reifen die zweitschnellste Runde des Rennens.

Grosjean glänzte trotz Problemen am Start, Foto: Sutton
Grosjean glänzte trotz Problemen am Start, Foto: Sutton

Es war eine weitere beeindruckende Vorstellung Grosjeans und eine Demonstration des Speeds und der Haltbarkeit der harten Pirelli-Reifen. Mit einer besseren Qualifying-Performance würde Lotus über einen Wagen verfügen, der Rennen gewinnen kann.

Hamilton startete mit einem langen Stint auf den harten Reifen, was ihm den Eindruck vermittelte, mit Grosjean um Platz sechs kämpfen zu können. Es folgte ein kurzer Mittelstint auf den weichen Reifen, ehe er wieder auf die harte Mischung wechselte, mit der er jedoch keinen Speed fand. McLaren hat Probleme damit, die richtigen Temperaturen für die Vorder- und Hinterreifen zu finden, was das Team teuer zu stehen kam.