Der gestrige Sieg war ein historischer Moment, der erste für einen Werks-Silberpfeil seit 57 Jahren. Was bedeutet das für Sie?
Norbert Haug: Dieser Sieg ist der Lohn für alle Kollegen, die so hart gearbeitet haben und sich nie von ihrem großen Traum - Rennen in der Formel 1 zu gewinnen - haben abbringen lassen. Er ist auch Beispiel dafür, dass man erreichen kann, was man erreichen will, wenn man die richtigen Voraussetzungen schafft und unnachgiebig die richtige Richtung verfolgt. Nico war gestern große Klasse und überlegen, sein Sieg war souverän und mit 20 Sekunden Vorsprung.

Wie sahen Ihre Gefühle während des Rennen und nachdem Nico die Ziellinie überquert hat aus?
Norbert Haug: Ich war ziemlich cool unterwegs, hatte ein gutes Gefühl und dachte schon nach ein paar Runden "heute packen wir es". Schade dass dann Michael Schumacher auf Platz zwei liegend nach dem Boxenstopp das Problem mit der nicht korrekt befestigten Radmutter hatte, wir hatten durchaus einen Doppelsieg in der Hand. Als Nico über die Ziellinie fuhr, war das ein erhebendes Gefühl - Freude pur, für alle, die so hart für diesen Sieg gearbeitet hatten.

Und es war ja nicht nur der Sieg von Nico, dreimal Mercedes-Power auf dem Podium...
Norbert Haug: Drei von drei möglichen ist natürlich die Sahne obendrauf - besser geht es nicht. Wir haben lange genug mit McLaren gearbeitet und sind mit dafür verantwortlich, dass McLaren-Mercedes heute dort steht, wo es steht. Am letzten Sonntag haben wir sie geschlagen - fair and square - und sie waren die Ersten, die uns gratuliert haben.

Nico ist nun Teil eines sehr exklusiven Clubs von Fahrern, die mit einem Silberpfeil ein Formel 1-Rennen gewonnen haben. Was können wir noch von ihm erwarten?
Norbert Haug: Nico wird so gut sein, wenn wir dafür die Voraussetzungen schaffen. Er hat das gestern gezeigt. Und Michael ist nicht weniger gut drauf, wenn sein Auto ihm die Möglichkeit gibt.

Was haben Sie über Michael gedacht, als er das Rennen aus der Box anschauen musste?
Norbert Haug: Das war schade für Michael - er hätte den Podiumsplatz so verdient gehabt. Aber der wird kommen und schon heute weiß jeder, der einst kritisiert hatte, wie wichtig und wie richtig es war, Michael Schumacher ins Team zu holen. In zwei der drei Qualifyings in diesem Jahr hat Michael Nico geschlagen - und Nico hat letzten Sonntag gewonnen. Michaels Startplätze 2012 zeigen seinen Trend: Vier in Australien, drei in Malaysia, zwei in China.

Herr Haug, Sie sind ein echter Racer. Was können wir noch von dieser Saison erwarten, in der es in drei Rennen, drei Sieger gab und insgesamt bereits 17 Fahrer gepunktet haben?
Norbert Haug: Dies ist die beste Formel 1-Saison aller Zeiten und härter umkämpft denn je - und gerade das macht unseren Sieg so wertvoll. Der amtierende Weltmeister war im Qualifying knapp über drei Zehntel langsamer als der Schnellste - und musste als Elfter losfahren. Rosberg startete als Erster, Vettel als Elfter, das zeigt für welche Überraschungen die Formel 1 gut ist.

Verändert das Resultat die Team-Ziele für diese Saison?
Norbert Haug: Wir wollen uns fortlaufend steigern, die Füße auf dem Boden halten und keine unnötigen Wellen machen, von denen gibt's in der Formel 1 schon mehr als genug. Was mir jetzt ganz besonders gefiel: Die ganze Welt hat sich mit uns über unseren ersten Sieg mit unserem jungen Team gefreut. Und Daimler gibt heute weniger als die Hälfte für die Formel 1 aus als noch vor fünf Jahren und sind trotzdem mit einem eigenen Team siegfähig. Unser Erfolg vom letzten Sonntag ist uns allen Ansporn, noch besser zu werden.