Ab dem kommenden Freitag wird es wieder ernst, wenn die Formel-1-Teams zu den ersten Test-Sessions im Albert Park zu Melbourne ausrücken. Auch in diesem Jahr spielt die Strategie eine wesentliche Rolle bei der Entscheidung über Sieg und Niederlage. Der Fokus liegt wieder einmal auf den Pirelli-Reifen, die bereits 2011 dank ihrer hohen Verschleißrate wesentlich zur Spannung und strategischen Geplänkeln beitrugen. In diesem Jahr bringt das italienische Unternehmen größtenteils runderneuerte Reifen an den Start. Ziel: die verschiedenen Mischungen sollen in ihrem Performance-Level nicht mehr so weit auseinanderklaffen.

Für 2012 peilt Pirelli einen zeitlichen Unterschied von rund 0,8 Sekunden auf einer Runde zwischen den diversen Reifen an. Dies erlaubt den F1-Teams beim Großen Preis von Australien eine hohe Dichte an verschiedenen Möglichkeiten, das Reifen-Management möglichst optimal in den Griff zu kriegen. Laut dem UBS Strategy Report stehen sich die weichen und Medium-Mischungen in Sachen Performance ein wenig zu nah, in Australien beträgt die Differenz etwa 0,3 Sekunden auf einer Runde.

Pirellis neue Palette, Foto: Pirelli
Pirellis neue Palette, Foto: Pirelli

Mehr Grip an der Hinterachse

Der weiche Reifen soll zwischen 20 und 23 Runden halten, bis er seinen Zenit überschritten hat, dem Medium werden 22 bis 25 Runden zugesprochen. Zu Beginn des Rennens werden die jeweiligen Reifen allerdings wohl nicht so lange halten, schließlich sind die F1-Autos während des ersten Stints mit vollen Tanks unterwegs. Die 2012er Pirellis bieten im Vergleich zum Vorjahr mehr Grip an der Hinterachse, außerdem sollen sie langlebiger sein und nicht mehr so schlagartig ihr Performance-Level verlieren.

Zudem lassen sich die neuen Reifen nicht mehr so schnell auf Arbeitstemperatur bringen wie ihre Vorgänger, weil sie nun mehr Kontaktfläche bieten. 2011 hatte vor allem Ferrari lange Zeit damit zu kämpfen, die Reifen aufzuwärmen. Noch gut ist in Erinnerung, wie sich Fernando Alonso beschwerte und anmerkte, dass die Reifen schon runter seien, obwohl er sie gerade erst auf Temperatur gebracht habe. Womit die Fahrer im Albert Park mit Sicherheit wieder konfrontiert werden, ist das berüchtigte Graining, also der Abrieb der obersten Reifenschicht, der sich dann auf den Asphalt legt.

Kommt Ferrari diesmal besser mit den Reifen klar?, Foto: Sutton
Kommt Ferrari diesmal besser mit den Reifen klar?, Foto: Sutton

Albert Park lässt grüßen

Das liegt vor allem an den hohen Streckentemperaturen in Australien, sie gelten als entscheidender Faktor für das Graining. Wenn die Reifen benutzt werden, ohne dass sie schon das geeignete Arbeitsfenster erreicht haben, gibt der Gummi weniger nach und reißt schneller ab. Da der Albert Park keine permanente Rennstrecke ist, kommt es leichter zum Graining: der Asphalt gehört nicht gerade zum Neuesten, Unebenheiten und kleine Risse im Belag führen vor allem zu seitlichem Graining, weil die Autos in den Kurven rutschen.

Noch ist es ziemlich schwierig, die Einschätzungen in Sachen Boxenstopps abzugeben. Basierend auf den Test-Erkenntnissen und der Strecken-Charakteristik sollten zwei Reifenwechsel in diesem Jahr die Regel in Melbourne sein. In der vergangenen Saison gab es eine Reihe an Variationen: unter den Top-7 fuhr ein Auto lediglich einmal die Box an, zwei Autos stoppten drei Mal, die Podiums-Fahrer entschieden sich für eine Zwei-Stopp-Strategie.

Dieses Mal Perez 2.0?

Wie viele Boxen-Stopps gibt es in Melbourne?, Foto: Red Bull
Wie viele Boxen-Stopps gibt es in Melbourne?, Foto: Red Bull

Für ein schnelles Auto ergeben sich Vorteile, wenn es außerhalb der Top-10 startet, weil der Pilot sich für einen Reifen seiner Wahl entscheiden kann. So begann etwa Sergio Perez im vergangenen Jahr den Australien GP auf der harten Mischung, musste nur einen Reifenwechsel einlegen und arbeitete sich schließlich vom 13. auf den 7. Platz vor. In diesem Jahr kommen in Australien die Medium- sowie die weiche Mischung zum Einsatz.

Keinesfalls unbedeutend für die Strategie-Planung ist das Safety Car. Runden hinter Bernd Mayländer spielen eine wichtige Rolle in Sachen Haltbarkeit der Reifen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Safety Car in Melbourne auf die Strecke abbiegt, beträgt 57 Prozent. Die durchschnittliche Anzahl für eine Safety-Car-Phase beträgt 1,7.