Die Kritiker malen sich schon die finstersten Szenarien aus - Ferrari zum Auftakt im Niemandsland der F1? Fernando Alonso will sich von dieser Panik und Hektik rund ums Team aber nicht anstecken lassen. Melbourne sei ohnehin der ideale Ort, um die Dinge etwas entspannter anzugehen. Wichtig sei im Vorfeld eigentlich nur, sich schnell an den großen Zeitunterschied zu Europa anzupassen. "Zwischen hier und Oviedo besteht eine Zeitverschiebung von zehn Stunden", erklärte der übermüdete Spanier nach seiner Ankunft 'Down Under'. Trotz aller Reisestrapazen und der augenscheinlichen Formkrise bei den Roten, herrschte beim Ferrari-Fahrer gute Stimmung.

"Ich komme immer gerne in diese Stadt hier. Die Atmosphäre ist sehr besonders und es herrscht immer ein entspanntes Flair, so dass man sich auch einmal zurücklehnen kann - das findet man nicht so oft auf der Welt", meinte Alonso. "Die Australier scheinen das richtige Rezept für ein gutes Leben gefunden zu haben", erklärte der Spanier ein wenig neidisch und gab zu: "Wahrscheinlich haben sie die gleichen Probleme wie wir alle auch - es ist nur eben einfach der Eindruck, den man in zehn Tagen hier immer gewinnt." Auf den Saisonstart in so einem passenden Umfeld könne er demnach schon gar nicht mehr warten - erst recht nicht, da er im Winter so wenig Zeit im Auto habe verbringen können.

Zu wenig Testfahrten

"Wir hatten dieses Jahr sogar noch weniger Zeit im Auto, da die Tests vor der Saison weiter reduziert wurden. Sechs Tage sind definitiv nicht genug, um meinen Hunger aufs Fahren zu stillen", beklagte sich der Scuderia-Pilot. Er habe bereits in der Vergangenheit oftmals betont, dass die F1 der einzige Sport sei, in dem das Trainieren verboten werde. Wenn er allerdings zwischen mehr Testfahrten und dafür weniger Rennen wählen müsste, würde er doch lieber auf die zusätzlichen Übungskilometer verzichten. "Nichts schlägt eben den Wettkampf", grinste Alonso. Es sei gut, dass es nun endlich wieder losgehe. "Ich vermisse die Spannung im Qualifying, den Kick beim Warten auf den Start und das Adrenalin auf dem Weg in die erste Kurve!"

Die Kritiker sehen bereits Rot - Fernando Alonso noch nicht, Foto: Sutton
Die Kritiker sehen bereits Rot - Fernando Alonso noch nicht, Foto: Sutton

Daran ändere auch das ein oder andere derzeitige Problem nichts. Die Unkenrufe der Kritiker wollte er vorerst ignorieren. "Es ist immer schwierig aus den Testfahrten Schlüsse zu ziehen. Jeder arbeitet nach seinem eigenen Programm, man kann also fast keine Vergleiche ziehen." Man müsse sich zwar definitiv noch verbessern, um den neuen F2012 besser zu verstehen - aber der Quervergleich zur Konkurrenz sei noch nicht abzusehen. "Ich werde wohl auch meinen Fahrstil etwas anpassen müssen, da es mit den neuen Pirelli-Reifen und durch die fehlende aerodynamische Downforce am Heck, schon etwas schwerer geworden ist, das neue Auto zu fahren", so der Weltmeister von 2005 und 2006.

Abwarten & Tee trinken

Ein weiterer positiver Aspekt sei, dass man sehr genau wisse, in welche Richtung man den Boliden entwickeln müsse. Während man also den ersten konkreten Vergleich auf der Strecke vollziehe, sei es das Hauptziel, aus der Frühphase der Saison möglichst viele WM-Punkte mit nach Hause zu nehmen. "Die Wahrheit ist, dass wir noch nicht mit Sicherheit sagen können, wo wir genau stehen. Diesbezüglich müssen wir mindestens einmal bis Samstagabend um sechs Uhr abwarten, wahrscheinlich aber sogar bis nach den ersten Rennen", meinte Alonso.

"Wir müssen cool bleiben und Ruhe bewahren - es ist wichtig, jetzt jeden Schritt zu seiner Zeit zu gehen und in Melbourne geht es damit los. Da kriegen wir einen ersten Eindruck", so der Ferrari-Star. "Wenn wir dann erst einmal wissen, wo wir stehen, dann können wir uns selbst auch wieder konkretere Ziele stecken." Sicher sei daher für den Moment nur eines: "Der Wille zu siegen wohnt jedem bei Ferrari inne und mit der ganzen Geschichte, die hinter uns steht, haben wir das Gefühl, eine Verantwortung zu tragen, uns auch dementsprechend gut zu präsentieren: Für uns, für die Fans und für unsere Partner", so Alonso, der anfügte: "Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir alles zusammenbekommen."