Ärger im Paradies: Adrian Sutil ist auf seinen ehemaligen Kumpel Lewis Hamilton gar nicht gut zu sprechen, Foto: Sutton
Ärger im Paradies: Adrian Sutil ist auf seinen ehemaligen Kumpel Lewis Hamilton gar nicht gut zu sprechen, Foto: Sutton

Gute Freunde halten auch in schweren Zeiten zueinander. Für die einst so gute Freundschaft zwischen Adrian Sutil und Lewis Hamilton bedeutet dieser Sinnspruch momentan die wohl größte Zerreißprobe. Der Deutsche ist vom Verhalten des McLaren-Piloten dieser Tage schwer enttäuscht. Statt Sutil den Rücken zu stärken und im Münchner Prozess um seinen Disco-Streit mit Lotus-Mitbesitzer Eric Lux vor Gericht für ihn auszusagen, hielt sich Hamilton mehr als bedeckt und dezent im Hintergrund - vermutlich aus Angst, selbst weiter in die kniffelige Angelegenheit verstrickt zu werden. Für Sutil ein Affront erster Güte: "Lewis ist ein Feigling", polterte er nach seiner Verurteilung zu eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung.

"Ich will mit so jemandem nicht befreundet sein. Er ist für mich kein Mann", holte der ehemalige Force-India-Pilot zum Rundumschlag aus. Sutil war im Anschluss an das Rennen in Shanghai bei einer abendlichen Veranstaltung im chinesischen Nobelclub M1nt mit Lux aneinander geraten und hatte diesen dabei unabsichtlich mit einem zerbrochenen Champagnerglas am Hals verletzt - der Grund für Sutils Anwesenheit an diesem Abend: Die Siegesfeier seines bis dato besten Freundes in der Formel 1, Lewis Hamilton. Dass ausgerechnet dieser ihn bei der Verhandlung nun im Stich ließ, schien Sutil mindestens so sehr zu treffen, wie das harte Urteil der Richterin. "Selbst sein Vater hat mir eine SMS geschrieben und mir für den Prozess Glück gewünscht. Von Lewis kam nichts", stellte der Deutsche voller Ernüchterung fest.

Kein Kontakt mehr

Zwischen dem einst so unzertrennlichen Duo, das schon zu Formel-3-Zeiten gemeinsam das Fahrerlager aufmischte, scheint nur noch Funkstille zu herrschen - laut Sutil, weil sich Hamilton mittlerweile mehr als rar mache. "Er hat seine Handynummer geändert. Ich konnte ihn nicht mehr erreichen", musste der 29-Jährige verbittert zur Kenntnis nehmen. Offensichtlich meidet Hamilton den Deutschen, seitdem er auf Grund des Lux-Vorfalls und der damit verbundenen schweren Körperverletzung mit Negativschlagzeilen in der Presse steht - echte Kameradschaft sieht anders aus. Seine Aussage beim Prozess fasste der Brite schriftlich ab. Die Vorladung des Gerichts schlug er aus - angeblich wegen anderer terminlicher Verpflichtungen.

Dass Hamilton bei Sutils Streit mit Lux daneben stand und ihn als Hauptzeuge maßgeblich hätte entlasten können, dies aber nicht tat - Hamilton will im entscheidenden Moment nichts gesehen haben - spricht seine eigene Sprache und dürfte gleichsam das Ende der Freundschaft zwischen den beiden F1-Piloten bedeuten. Dabei kennt sich Hamilton mit Gerichtsverfahren aus, wurde er doch selbst schon des Öfteren zu Anhörungen aller Art zitiert - sei es auf Grund des Spygate-Skandals 2007, seiner Lügenaffäre zwei Jahre später, auf Grund gedrehter Donuts auf öffentlichen australischen Straßen, eklatanter Geschwindigkeitsüberschreitungen auf französischen Autobahnen oder wegen eines selbstverschuldeten Verkehrsunfalls in der Schweiz.

Selbst seine unzähligen Vorsprechen bei den Rennkommissaren dieser Welt hätten ihm bei seiner Aussage helfen sollen. Dieses Mal wollte sich der PR-Bewusste Ex-Champ scheinbar aus allem Ärger heraushalten - sehr zum Leidwesen Sutils. Sonst markiert Hamilton gerne den harten Kerl, arbeitet zusammen mit seiner vielkritisierten PR-Agentur XIX Entertainment und Promiberater Simon Fuller an seinem Image als medienwirksame Streitfigur. Im Falle seines in Ungnade gefallenen Freundes schien die Flucht durch die Hintertür aber einfacher. Dass ausgerechnet dieser ihm in Sachen Bad Boy nun die Pole-Position abgeluch(x)st hat, wirkt mehr als tragisch.

Schon vor einigen Jahren hatte Sutil, der sonst so ruhige und für einen Rennfahrer fast lethargisch wirkende Hobbypianist, erklärt, auch er wolle einen gewissen Typus verkörpern, habe seine schweizer Wohnung ganz in Schwarztönen gehalten, sei kurzum ein - wie in Zeiten von PR-Püppchen, Ja-Sagern und Markenbotschaftern von Bernie Ecclestone oftmals geforderter - anderer, mysteriöser, ganz eigener Typ Rennfahrer. Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse klingen diese Aussagen wie die Ironie des Schicksals, denn so hatte sich Sutil sein Image bestimmt nicht vorgestellt.