Michael Schumacher kennt das Gefühl, den WM-Titel vorzeitig einzusacken, nur zu gut. Ähnliches könnte Sebastian Vettel in Singapur passieren, wenn die Konkurrenz mitspielt. Red Bull ist seit Wochen sehr daran gelegen, nicht vom Titel zu sprechen, solange theoretisch die Möglichkeit besteht, den Gesamtsieg noch zu verlieren. Schumacher kann diese defensive Haltung nachvollziehen.

"Solange noch die Möglichkeit besteht, dass dir der Titel abhandenkommen kann, bist du natürlich fokussiert und willst es lieber früher als später umsetzen", sagt Schumacher am Rande des Singapur GP. "Erst dann fühlst du dich sicher. Irgendwann kommt der Punkt, an dem es für dich unmöglich ist, den Titel zu verlieren. Das ist bei Sebastian jetzt der Fall, das weiß er auch." Laut Schumacher sei Vettel clever genug, die Situation richtig einzuschätzen und entsprechend zu fahren.

In Monza hatte Vettel ohne große WM-Not ordentlich Gas gegeben, sich spektakulär an Fernando Alonso vorbei gedrängt und schließlich seinen achten Saisonsieg eingefahren. Schumacher glaubt allerdings nicht, dass Vettel in Singapur unnötige Risiken eingehen wird. "Er hat das Meiste aus seinen Möglichkeiten gemacht", lobt Schumacher. "Er hätte in Monza nicht gewinnen müssen, aber er hatte den Willen dazu."

Der siebenmalige Weltmeister wünscht dem angehenden Zweifachen, dass er den Titel möglichst schnell sichert. "Dass er den Titel holt, davon dürfen wir alle ausgehen", so Schumacher. "Ich wünsche es ihm - je früher, desto besser." Man kennt die Bilder von einem kleinen Sebastian, der auf der Schumacher-Kartbahn in Kerpen seine Runden drehte und dabei seinem großen Idol begegnete. "Ich bin stolz zu sehen, wie er sich entwickelt hat", lobt Schumacher den Heppenheimer. "Manchmal bin ich sicherlich ein wenig stolz darauf, ein Beispiel für Sebastian zu sein."

Schumacher glaubt, dass die Titelverteidigung wesentlich schwieriger ist als der erste große Triumph. "Der zweite Titel ist schwieriger einzuschätzen, weil jeder vorgewarnt ist", erklärt der 42-Jährige. "Platz 1 ist eine riesige Herausforderung, da kommen so viele Dinge zusammen. Pech und Glück spielen auch eine Rolle - da muss alles passen."