Das erste Rennen, der erste Sieg, der siebte Titel, eine Disqualifikation, eine Aufholjagd von 16 auf 1 und nun eine ähnliche Bravourleistung vom letzten Startplatz auf Position fünf: Spa-Francorchamps bescherte Michael Schumacher stets besondere Momente.
Schumacher mag seit seinem Comeback im letzten Jahr sieglos sein, doch die Schlagzeilen beherrscht der Rekordweltmeister noch immer. Wer am Wochenende seines 20-jährigen Formel-1-Jubiläums alle Artikel über den Deutschen lesen wollte, hätte wohl von Donnerstag bis Sonntag jeden Tag 24 Stunden durchlesen können.
Ausgerechnet bei seinem Lieblingsrennen im "Wohnzimmer Spa" spielte ihm das Schicksal im Qualifying einen üblen Streich: Rad verloren, letzter Startplatz. Dass Schumacher aber noch lange nicht zum alten Eisen zählt, bewies er danach mit einer furiosen Aufholjagd im Rennen.
Noch kein altes Eisen
"Er ist absolut kein Rennopa", bestätigte Adrian Sutil gegenüber Motorsport-Magazin.com. Der Force-India-Pilot duellierte sich im Laufe des Belgien GP einige Male mit seinem Mercedes-Kollegen. "Im Rennen ist er immer absolut da und es ist eine Leistung, vom letzten Platz auf Fünf zu fahren."
Schumachers Ex-Teamkollege Martin Brundle stimmte im Interview mit Motorsport-Magazin.com zu: "Er wurde auch in Kanada schon Vierter und hätte dort auf dem Podium stehen können." Schumacher habe also gezeigt, dass er noch den Speed, Mut und das strategische Verständnis habe, um vom Ende des Feldes nach vorne zu gelangen. "Ich habe mir seine erste Runde gerade aus der Cockpit-Perspektive angesehen - das war verrückt. Er hat das sehr gut gemacht und so viele Zwischenfälle vermieden."
Das lässt sich mit Zahlen untermauern: Schumacher zeigte bislang die drittmeisten Überholmanöver (51) der Saison. Vor allem auf der Startrunde ist er besonders stark – seit Melbourne machte er auf der ersten Runde 31 Positionen gut, allein zehn Plätze gewann er von Startrang 24 in Spa.
Clevere Reifenstrategie
Selbst der anerkannte Schumacher-Kritiker Christian Danner zollte dem Rekordchampion Respekt. "Er ist richtig gut gefahren", sagte Danner gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Er hat auch ein bisschen vom Senna-Unfall und dem Safetycar profitiert, aber das gehört zum Rennsport dazu." Der cleverste Schachzug war jedoch die Reifenstrategie: Schumacher startete auf den harten Reifen und konnte nach der Safety-Car-Phase zwei Mal mit den weichen Pirellis fahren.
"Das hat ihm besonders am Ende geholfen, als die meisten anderen auf den Medium-Reifen unterwegs waren und er sich durch das Feld pflügen konnte", erklärt Sutil, der dadurch ebenfalls hinter Schumacher zurückfiel. "Das war für ihn der Schlüssel." Das bestätigt Mercedes-Teamchef Ross Brawn: "Die Medium-Reifen waren am Ende rund eine Sekunde pro runde langsamer."
Keine Stallregie
Einige Verschwörungstheoretiker, die in der Formel 1 bekanntlich nicht selten sind, sahen in der Spritsparanweisung an Nico Rosberg eine versteckte Stallregie von Mercedes, um Schumacher an seinem Teamkollegen vorbei zu bringen. Norbert Haug war entrüstet: "Wer uns das zutraut, dem ist nicht zu helfen", sagte er. "Wer uns kennt, weiß, dass wir so was nie machen würden. Wer so denken will, soll so denken. Wir machen's nicht."
Auch Danner sah keine Beeinflussung des Rennens. "Das erste Kommando hieß, dass beide Autos freie Fahrt hätten", erinnert er an den ersten Funkspruch. "Danach hieß es, dass Nico Sprit sparen muss. Das ist schade, aber so ist nun einmal das Leben. Aber für mich war das keine Einflussnahme." Stattdessen hatte Schumacher den Vorteil mit der besseren Reifenmischung, KERS, DRS und einem starken Windschatten auf der Kemmel-Geraden anzugreifen.
"Da der Mercedes auf der Geraden schnell ist, war das Überholen für ihn kein Problem", analysiert Marc Surer bei Motorsport-Magazin.com. Teamchef Ross Brawn nahm den Vorwürfen endgültig den Wind aus den Segeln: "Unter dem aktuellen Reglement nutzt man die Safety Car-Phase nicht mehr, um Benzin zu sparen, weil zusätzlich gesparter Sprit zusätzliches Gewicht für das Rennen bedeuten würde."
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