Jeder wollte es am Donnerstag in Silverstone wissen, keiner traute sich, eine allzu konkrete Auskunft zu geben: wie stark wird sich die Einschränkung zum Anblasen des Diffusors ohne Betätigung des Gaspedals denn nun auswirken? Selbst der so erfahrene Rubens Barrichello wollte keine sehr genauen Prognosen anstellen, auch wenn er eine Vermutung hatte. "Die Regeln werden vorne wohl nichts ändern. Im Kampf zwischen Red Bull, McLaren, Mercedes und Ferrari war alles klar aussortiert. Sie könnten alle etwas verlieren. Es wird an den Platzierungen aber wohl nichts ändern", meinte der Brasilianer.

Andererseits erwartete er, dass vielleicht Teams wie Williams, die die Technologie noch nicht so ausgereizt hatten wie die Spitze, etwas näher kommen könnten. "Wie viel, weiß ich nicht. Wir haben neue Sachen am Auto, etwa einen Vorderflügel. Das sollte uns helfen", sagte Barrichello, der auf Q3 und die Top-8 im Rennen hoffte. Auch McLaren-Pilot Jenson Button, der in den vergangenen Wochen stark darauf gebaut hatte, dass die Diffusor-Neuinterpretation ihm helfen wird, wollte sich noch nicht zu genau festlegen. Wie Barrichello meinte er aber, dass die Top-Teams wohl verlieren werden.

Ein gewisser Rückschlag

"Wir hatten das alle schon einige Zeit und man entwirft das Auto dann ja auch um die Systeme herum, die man hat. Das wird schon ein gewisser Rückschlag und das wird man überall spüren, im Schnellen und im Langsamen", erklärte Button. Besondere Beeinträchtigungen erwartete er beim Bremsen und in schnellen Kurven, wobei er meinte, dass es vor allem am Kurvenausgang große Probleme geben wird. "Das Gefühl im Auto kann sich da stark ändern, daran muss man sich gewöhnen." Als Sicherheitsrisiko erachtete er die Umstellung aber nicht. "Wir spüren die Strecke, wir spüren das Auto. Wenn es nass ist, muss man auch langsamer fahren, weil man leichter abfliegt, da es weniger Grip gibt."

Auch Lewis Hamilton fiel eine genaue Einschätzung schwer, Foto: Sutton
Auch Lewis Hamilton fiel eine genaue Einschätzung schwer, Foto: Sutton

Auch Lewis Hamilton war sich nur soweit sicher, dass die Veränderung einen großen Unterschied machen wird. "Wenn man die Motor-Modi im Vergleich zu vorher ändert, wird das etwas verändern", betonte er. Wie stark das aber Renault, den Motorenlieferanten von Red Bull, beeinflussen könnte, wollte er auch nicht sagen. Er wusste nur, dass Renault die Kennfelder anders genutzt hat als das bei den Mercedes-Motoren der Fall war. "Unser Team hat toll gearbeitet, um einige Dinge in anderen Bereichen den Griff zu bekommen, etwa beim Setup und den Updates."

Faktoren gegen Red-Bull-Ära

Einig waren sich Barrichello, Button und Hamilton darin, dass egal wie die Diffusor-Sache nun auch ausgeht, es wohl keine Red-Bull-Vettel-Ära geben wird, wie Ferrari sie Anfang des Jahrtausends mit Michael Schumacher erlebte. "Es ist heute anders. Es gibt andere Reifen, die man managen muss", meinte Barrichello. "Wir hatten eine Phase, als der Ferrari fantastisch war und wir uns nicht um die Reifen kümmern mussten. Jetzt sind die Regeln gut für die Show und alles, aber auch Red Bull muss nun darauf achten, was mit den Reifen ist. Wenn ein Auto Sebastian folgt und er macht einen Fehler, dann kann man mit DRS überholen. Die Änderungen sind besser für die Show und Sebastian hat einen guten Job gemacht, weiter zu gewinnen. Heute ist das sogar etwas schwerer. Schlafen wird er aber nicht können."

Button musste Red Bull derweil attestieren, dass man im Gegensatz zum Vorjahr nicht nur schnell, sondern auch zuverlässig ist. "Sie sind in vielen Bereichen stark und schwer zu schlagen. Wir haben sie aber zwei Mal geschlagen, das ist nicht so oft, wie wir das wollten, aber sie sind schlagbar. Michael gewann 13 Rennen in einer Saison oder so ähnlich. Wir müssen hoffen, dass das nicht passiert. Wir sind nahe an ihnen dran. Sie haben keinen Riesenvorteil wie eineinhalb oder zwei Sekunden", sagte der Brite.

Es passte viel zusammen

Hamilton meinte zudem, dass sich die Regeln immer ändern und die Zeiten einfach andere seien. Red Bull sei zwar ein starkes Team geworden, aber es gebe viele starke Teams. "Renault wird stärker, Mercedes kommt auch wieder. Auch Williams kann nach der Umstrukturierung vorne sein. Das wäre toll für den Sport. Ich denke nicht, dass es so wird wie mit Ferrari. In den Schumacher-Tagen passte da viel zusammen."