Die Formel 1 gilt als Königsklasse des Motorsports. In der Vergangenheit rasten Piloten mit 300 Stundenkilometern in drei Metern Abstand zu den Bäumen die Strecke entlang, in dem Bewusstsein, dass nur die kleinste Unaufmerksamkeit ihr Leben kosten könnte. Es ging um das Beherrschen eines Fahrzeuges im Grenzbereich und um Piloten, die versuchten, bis an die Grenzen des Möglichen zu gehen.

Das machte in der Vergangenheit den Mythos der Formel 1 aus - doch was ist heute davon noch übrig? Sicherlich wünscht sich keiner den niedrigen Sicherheitsstandard der vergangenen Tage zurück, doch die Formel 1 ist mit den Jahren immer steriler geworden - und ja, auch zum Teil langweiliger. Der eine oder andere Formel-1-Anhänger mag mich jetzt für verrückt erklären und einwerfen, dass 2010 doch eine spektakuläre Saison gewesen ist, mit vier Piloten, die am Ende noch Chancen auf den Titel hatten.

Das trifft durchaus zu, doch alles in allem ist der Adrenalinkick bei weitem nicht mehr so hoch wie bei früheren Formel-1-Rennen. Eine Tatsache, die auch Bernie Ecclestone, Jean Todt & Co. bewusst ist. Alljährlich werden die Regeln geändert, in der Hoffnung der Rennserie mehr Spannung, mehr Action, mehr Leben einzuhauchen. Dabei kommen die verrücktesten Ideen ans Tageslicht, so wollte Ecclestone ein Medaillensystem einführen, weil laut seinen Aussagen das neue Punktesystem, das man eingeführt hatte, nichts brachte.

Dabei hatte man das Punktesystem innerhalb von zwei Monaten bereits zwei Mal geändert, was die Frage aufkommen lässt, ob die Verantwortlichen eigentlich wissen, was sie tun. Am Ende wurde das Medaillensystem nicht eingeführt, sorgte aber wochenlang für Gesprächsstoff - genauso wie die Regentanz-Idee von Ecclestone. Mit Sprinkleranlangen an den Rennstrecken will der F1-Zampano in Zukunft für künstliche Regenrennen und damit mehr Action auf der Strecke sorgen.

Die Formel 1 sollte keine Vollbremsung hinlegen, Foto: Sutton
Die Formel 1 sollte keine Vollbremsung hinlegen, Foto: Sutton

Hinter der Sinnhaftigkeit dieser Idee steht genauso ein Fragezeichen wie hinter den Neuerungen der aktuellen Saison. 2011 sollen Reifen, die rasant abbauen und technische Hilfsmittel wie der verstellbare Heckflügel und KERS endlose Prozessionsfahrten verhindern und dafür sorgen, dass die Zuseher vor den TV-Schirmen nicht mehr mit ihren immer schwerer werdenden Lidern kämpfen müssen. Auf solche Verrücktheiten war man in Zeiten von Niki Lauda, Alain Prost oder Ayrton Senna nicht angewiesen - vielleicht weil die Fahrer schon verrückt genug waren.

Die wilden Kerle von damals brauchten keine Sprinkleranlagen, um den Atem der Fans ins Stocken zu bringen. Sie mussten auch nicht auf einen Piep-Ton warten, um danach einen Heckflügel zu verstellen und zu versuchen, einen Gegner zu überholen. Bei der Abstimmung des Autos verließen sie sich auf ihren Hintern, Simulatoren gab es nur in Science Fiction Filmen.

"Das Fehlen der G-Kräfte in den Simulatoren ist der wesentlichste Unterschied zum richtigen Leben - und das ist auch gut so, sonst könnten wir gleich auf Simulatoren gegeneinander fahren", meinte Sebastian Vettel vor kurzem scherzend. Doch hinter dem Scherz steckt ein Körnchen Wahrheit. So stellte Niki Lauda schon vor Jahren fest, dass "selbst ein Affe, was die Bedienung des Autos angeht, in der Formel 1 fahren könnte".

Okay, vielleicht täte sich ein Affe angesichts der zahlreichen Knöpfen an den Lenkrädern aktuell etwas schwer, doch Spaß beiseite - die Formel 1 muss aufpassen, dass die aktuellen und zukünftigen Modifikationen den Status der Rennserie nicht in Gefahr bringen. Der Kanada GP war wahnsinnig spannend und unterhaltsam – nur eben nicht, wenn man in einem wehrlosen Auto saß, an dem die Gegner dank DRS nur so vorbeiflogen...