Endlich - nach drei Ausfällen hintereinander konnte ich in Japan mal wieder ein Rennen beenden. Und nachdem das ganze Wochenende nicht so schlecht lief, immer mit der Einschränkung, das Suzuka im ganzen Restprogramm jetzt die wahrscheinlich kritischste Strecke für unser Auto war, konnte ich wirklich mal wieder mit guter Laune und recht zufrieden von einem Rennen nach Hause fliegen.

Für mich war Suzuka wieder ein komplett neuer Kurs - na ja, vielleicht nicht komplett neu, ich kannte ihn schon seit Kinderzeiten aus Videos und Computerspielen, war immer fasziniert von dieser Strecke, und deshalb natürlich auch besonders gespannt drauf, jetzt endlich mal dort fahren zu können.

Ich wurde dann auch nicht enttäuscht, Suzuka ist faszinierend, eine tolle Herausforderung, auch wenn es vielleicht ein bisschen länger dauert, den Kurs zu lernen, als bei manchen anderen. Aber nach 15 bis 20 Runden habe ich mich doch schon ziemlich wohl gefühlt, und dass wie am Freitag unser komplettes Programm ohne Probleme abspulen und sehr viele Runden fahren konnten, war schon sehr hilfreich.

Bruno Senna durfte in Suzuka einen alten Lotus von Ayrton fahren, Foto: Sutton
Bruno Senna durfte in Suzuka einen alten Lotus von Ayrton fahren, Foto: Sutton

Am Samstag kam prompt der von allen befürchtete heftige Regen, so dass der Tag eigentlich in erste Linie aus Herumsitzen und Warten bestand - und darin, mir zusammen mit meinem Renningenieur rein theoretisch eine Rennabstimmung zusammen zu basteln, weil wir ja ein paar Dinge, die ich gern noch ausprobiert hätte, durch den Regen nicht mehr checken konnten.

Am Sonntag hieß es durch den neuen Zeitplan mit Qualifying um zehn Uhr ungewohnt früh aufstehen für einen Renntag. Aber das Allerwichtigste war, durch das Quali zu kommen, ohne irgendetwas kaputt zu machen, nicht dass ich dann am Ende im Rennen hätte gar nicht starten können. Gerade weil die Strecke im Q1 an einigen Stellen schon noch ein bisschen feucht war, war ich erst mal ziemlich vorsichtig, bin nicht 100 Prozent gefahren - und war dafür mit meiner Zeit, die nur reichen musste, um vor meinem Teamkollegen zu bleiben, durchaus zufrieden. Weiter nach vorne wäre sowieso nichts gegangen, dafür waren wir im Quali von den anderen Neuen zu weit weg, also warum in dieser speziellen Situation unnötiges Risiko gehen?

Zwei Stunden vor dem Rennen hatte ich noch die besondere Aufgabe, eine Ehrenrunde mit dem Lotus-Renault von Ayrton aus dem Jahr 1985 zu fahren. Ich habe mich sehr gefreut, dass das doch noch geklappt hat, durch die ganzen Zeitplanverschiebungen war es für die Organisatoren nicht einfach gewesen, das noch hinzubringen.

Aus sicherer Entfernung jubelte Bruno gerne den Fans zu, Foto: Sutton
Aus sicherer Entfernung jubelte Bruno gerne den Fans zu, Foto: Sutton

Aber es war wirklich eine Ehre für mich, Ayrton war und ist immer noch in Japan so unglaublich beliebt, wird regelrecht verehrt. Indirekt haben die Fans wohl ein bisschen dieser Liebe jetzt auf mich übertragen. Ich hatte mit so etwas nicht in dem Maße gerechnet und am Donnerstag den Fehler gemacht, zu Fuß vom Circuit-Hotel ins Fahrerlager gehen zu wollen.

Die Leute haben sich in ihrer Begeisterung so auf mich gestürzt, dass es wirklich dramatisch wurde, ich hatte echt Angst, dass da jemandem was passiert, und auch ich hatte, als ich schließlich ankam, Kratzer an den Armen, den ein oder anderen blauen Fleck - und überall Filzstiftstriche.

Ich habe dann Fernando Alonso gefragt, wie er das eigentlich schafft, er hat gemeint, so problematisch sei das doch gar nicht gewesen, er habe halt mal immer wieder 20 Autogramme geschrieben, und dann sei es gut gewesen. Unglaublich - dabei ist Fernando zweimaliger Weltmeister, und was habe ich bis jetzt erreicht?

Im Rennen habe ich mich in der ersten Runde nach einer kurzen Diskussion mit meinem Renningenieur entschlossen, die Safety-Car-Phase gleich zum Reifenwechseln zu nutzen, obwohl klar war, dass es nicht einfach sein würde, dann mit dem einen Satz bis zum Ende durchzufahren. Ich lag zumindest kurzfristig auch vor Timo Glock - bis der mich unter Gelb überholt hat. Ich hab's auch ein paar Mal gesagt - aber passiert ist nichts...

Bruno und der Lotus 97T, Foto: Sutton
Bruno und der Lotus 97T, Foto: Sutton

Da ging der Funk noch, später im Rennen nicht mehr, so dass ich nie genau wusste, ob Sakon, der ja anfangs nicht gewechselt hatte, lange mit den weichen Reifen fuhr und an dem Glock und ich dann hängenblieben, mir mit neuen Reifen nach seinem Boxenstopp vielleicht noch gefährlich werden könnte. War aber nicht so...

Ich hing jedenfalls immer hinter Timo, erst mit einem gewissen Sicherheitsabstand, um auf meine Reifen aufzupassen, dann in der Endphase auch näher dran. Das Auto wurde im Laufe des Rennens wieder immer besser, das ist etwas, worauf wir bei unseren Abstimmungen ein bisschen hinarbeiten. Ich denke, ich hätte sogar ein bisschen schneller fahren können als er, aber an Vorbeikommen war nicht wirklich zu denken... Trotzdem, ich konnte, denke ich, mit dem Rennen zufrieden sein und der 15. Platz ist immerhin mein bisher bestes Formel-1-Ergebnis.

Im Gegensatz zum Rückflug von Singapur, wo ich zum Doppelsitzer-Fahren in Abu Dhabi Station gemacht hatte, ging der Rückweg diesmal direkt nach Europa. Das Besondere an diesem Abu-Dhabi-Event war im Übrigen gewesen, dass diesmal nicht nur ich Journalisten in einem Formel-1-Doppelsitzer herumkutschiert habe, sondern dass es in anderen Autos, in "Radicals", auch das Umgekehrte gab.

Der Regen ließ am Samstag kein Qualifying zu, Foto: Bridgestone
Der Regen ließ am Samstag kein Qualifying zu, Foto: Bridgestone

Da fuhren die Journalisten - und ich saß auf dem Beifahrersitz, um ihnen Tipps zu geben. Einmal wurde das fast dramatisch, als eine einheimische Reporterin plötzlich ohne zu bremsen mit Tempo 160 um eine 2.-Gang-Kurve wollte. Normalerweise wäre das noch nicht so schlimm, man dreht sich, da ist genug Auslaufzone. Aber ich hatte Angst, dass sie dann vielleicht in Panik gerät, irgendwas ganz Unsinniges macht, so dass ich doch lieber ins Lenkrad gegriffen und auch mit einem Griff an ihren Overall dafür gesorgt habe, dass sie nicht noch irgendwie fatal auf die Pedale steigt...

Aber es gibt auch Berichterstatter, die sich wirklich gut anstellen: Will Buxton, ein Engländer, den ich ja schon aus seiner Zeit als GP2-Pressesprecher gut kenne, hat zum Beispiel wirklich gezeigt, dass er auch Talent zum Rennfahrer hätte...

Diesmal habe ich also immerhin eine knappe Woche in Europa - bevor es nach Korea geht, wo keiner so recht weiß, was uns da alle erwarten wird. Mal sehen, wie ich am Freitag meinen 27. Geburtstag begehe. Vielleicht mal bisschen Weggehen mit Freunden oder so... Aber eine große Party gibt es sicher nicht. Wenn man sich allmählich in Richtung auf die 30 zubewegt, sind Geburtstage kein echter Grund zum Feiern mehr, finde ich...