Die Erleichterung war groß: endlich wieder ein größeres Stoppfenster, mehr Zeit zu den Reifenwechseln zu erscheinen und nicht so viel Gedränge in der Boxenstraße. Auch seien jetzt viel ausgefallenere Strategien möglich, hieß es vor dem ersten Rennen mit dem neuen Reglement. Doch was dann kam, erinnerte an die bisherigen Saisonrennen: den ersten Stopp absolvierten alle 18 Fahrer innerhalb von nur vier Runden, beim zweiten Halt zog sich das Geschehen abseits der Rennstrecke um wenige Runden länger hin.

Zumindest beim sechsten Rennen der Saison gab es für die einseitigen Strategien eine eindeutige Erklärung. "Es macht in Zandvoort jeweils eine Sekunde aus, wenn man die Reifen eine Runde früher hat", erklärte Timo Scheider im Gespräch mit der adrivo Sportpresse. Als einziger Pilot stoppte Scheider in Runde zwölf und hatte so als Letzter den Vorteil des zweiten Reifensatzes - ein Fehler, wie sich später zeigen sollte: "Mattias hatte die bessere Strategie, indem er zwei Mal vor mir gestoppt hat..."

Bruno Spengler hat sein Möglichstes getan, Foto: DTM
Bruno Spengler hat sein Möglichstes getan, Foto: DTM

Mathias Lauda bestätigte die Aussage des Tabellenführer, denn "man kann nur mit einem frühen Stopp Zeit gewinnen. Später sind die Positionen fest bezogen und es verschiebt sich nur selten noch etwas." Richtig machte es Lauda allerdings nicht - er absolvierte seinen zweiten Boxenstopp erst im 21. Umlauf und wurde so von Ralf Schumacher überholt, der bereits sechs Runden zuvor beim Service war. "Heute war es so, dass neue Reifen einen großen Vorteil brachten. Immer wenn die Reifen schnell und stark nachlassen, wird man frühe Boxenstopps sehen", erläuterte DTM-Neuling Ralf Schumacher fachmännisch.

Auch bei den Mercedes-Neuwagen musste man feststellen, dass man trotz des größeren Boxenstoppfensters nur sehr eingeschränkt reagieren kann. "Uns hätte es geholfen, wenn wir wie bis zum letzten Jahr schon in Runde sechs hätten in die Box kommen können - dann wäre der Vorsprung der Audis noch nicht so groß gewesen. Nach zehn Runden war der Zug für uns schon abgefahren", sagte Bruno Spengler. Der Kanadier war jeweils einer der ersten Piloten, die zum Stopp an die Box kamen. "Wir haben alles versucht, was in diesem Boxenstoppfenster möglich ist."

Aus der Reihe tanzte nur Katherine Legge mit einem späten Boxenbesuch in der 27. Runde, sechs Umläufe oder 25 Kilometer später als alle anderen. "Wir haben eigentlich nur noch versucht, irgendwie ins Ziel zu kommen. Der späte Stopp hatte keinen tieferen Hintergrund", so die Audi-Dame. Doch obwohl sie seit der Startphase mit einem beschädigten Auto kämpfte, zeigte sich der Reifen-Vorteil auch bei ihr. Mit neuen Pneus war die kurzfristig mehr als eine Sekunde schneller als Susie Stoddart - die lag mit über 30 Sekunden Abstand schon außer Reichweite.