Was war auf dem Nürburgring Ihr erster Eindruck von der DTM?
Nicolas Kiesa: Mein erster Eindruck war sehr gut. Viele Fahrer haben mir erzählt, dass ein DTM-Wagen sehr schwierig zu fahren ist und man viel Zeit benötigt, um sich an ihn zu gewöhnen. Daher war ich zunächst skeptisch, aber ehrlich gesagt war es deutlich einfacher, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich bin in den letzten drei Jahren mehrere Formel-1-Fahrzeuge gefahren; daran war ich gewöhnt. Die Art und Weise, wie das Fahrzeug reagiert, das Bremsen, das Lenkverhalten und die Aerodynamik des DTM-Wagens ähneln einem Formel-1-Auto sehr.

Was hat im Lernprozess am meisten Schwierigkeit bereitet?
Nicolas Kiesa: Das Komplizierteste war das Bremsverhalten: Wenn man bremst und ein Rad blockiert, kann man es selbst nicht sehen. Andererseits war die zu Formelfahrzeugen unterschiedliche Sicht vom Cockpit aus gewöhnungsbedürftig.

Was ist Ihre Meinung von der DTM selbst, zum Beispiel was das Verhältnis zu den Fans betrifft?
Nicolas Kiesa: Auch wenn ich erst seit zwei Rennen dabei bin, bin ich sehr positiv beeindruckt. Ich habe die letzten drei Jahre in der Formel 1 verbracht, was auch mein Traum war. Ich hätte nicht gedacht, dass es dafür einen Ersatz gibt. Ich bin schon GT-Fahrzeuge gefahren und habe an den 24 Stunden von Le Mans teilgenommen, aber nichts davon hat mich hundertprozentig überzeugt. Die DTM sowie das gesamte Umfeld sind sehr professionell und die Fahrzeuge sind hoch entwickelt. Die Art und Weise, wie die Hersteller die Entwicklung vorantreiben, erinnert mich sehr an das, was ich an der Formel 1 so liebe. Im Gegensatz zur Formel 1 gibt es in der DTM mehr Rennsport und weniger Politik.

Nicolas Kiesa trat die Nachfolge Jeroen Bleekemolens an, Foto: Audi
Nicolas Kiesa trat die Nachfolge Jeroen Bleekemolens an, Foto: Audi

Wie würden Sie Ihre ersten Stunden in der DTM - ohne vorher Tests bestritten zu haben - beschreiben?
Nicolas Kiesa: Ich habe Dienstagabend in Dänemark die Nachricht bekommen, dass ich in der DTM starten werde. Dann bin ich mittwochs zum Nürburgring gereist. Ich bin um sechs Uhr morgens angekommen und habe die Mechaniker getroffen, die das Material auspackten. Zunächst war ich vor Ort und habe mir einmal all die Schalter und die elektronischen Features angesehen und die Namen der Teams gelernt. Ich habe versucht, mich auf den Freitag so gut wie möglich vorzubereiten. Als der erste Test begann, regnete es, was normalerweise mit einem neuen Auto eine sehr knifflige Bedingung ist. Aber die Session lief ohne Probleme und ich war Schnellster unter den 2004er-Fahrzeugen. Ich habe mir nicht den Druck gemacht, noch schneller zu fahren; denn da ich schneller als die anderen 2004er-Fahrzeuge war, habe ich mich mehr darauf konzentriert, noch besser das Team kennen zu lernen und ein gutes Setup zu erarbeiten. Die einzige Aufgabe war, schneller als die drei 2004er-Fahrzeuge zu sein. In Zandvoort hingegen habe ich noch härter gepusht, und in den drei Trainingssitzungen sah man, dass es möglich war, sich noch weiter zu steigern.

Wie hat sich das Verhältnis zum Team nach den ersten gemeinsamen Erfahrungen entwickelt?
Nicolas Kiesa: Sehr positiv, ich habe immer weiter dazugelernt - ich kenne nun die meisten Namen, aber noch nicht alle... Ich erkenne auch manchmal noch nicht alle Fahrer; manchmal begegnet man sich und es sagt jemand 'Hallo', aber es wäre mir ein wenig peinlich zu fragen, welcher Fahrer er denn ist... Da bin ich zurzeit noch zurückhaltend.

Wen sehen Sie mittlerweile als härtesten Konkurrenten?
Nicolas Kiesa: Ich möchte mich weiter nach vorne arbeiten und einige 2005er-Fahrzeuge schlagen - das ist der nächste Schritt. Doch momentan ist es das Wichtigste für mich, an der Spitze der 2004er-Fahrzeuge zu sein. Wenn ich ein weiteres Auto schlagen kann, ist das ein "Bonus" für mich. Dr. Ullrich und die anderen Audi-Verantwortlichen wissen, dass ich ein 2004er-Fahrzeug habe - und ich habe mir das Ziel gesetzt, auch 2007 dabei zu sein.