Der rennfahrerische Durchbruch war Jean Alesi nie gänzlich vergönnt: Wurde er 1989 in der Formel 1 als künftiger Weltmeister gefeiert, nachdem er im unterlegenen Tyrell-Boliden beim Debütrennen souverän Platz vier eingefahren hatte, so stand 2001 nach dem Ende seiner Formel-1-Karriere für den Franzosen sizialianischer Abstammung lediglich ein Grand-Prix-Sieg zu Buche. In der DTM erhoffte sich Alesi bei HWA-Mercedes daraufhin Besserung...

Angesichts eines dritten Platzes beim Debütrennen 2002 sowie eines Sieges beim vierten Saisonlauf in Donington schien diese zunächst auch einzutreten - bis spätestens 2004 erkennbar wurde, dass es Alesi auch in der DTM an der nötigen Ruhe und Konstanz fehlte. Eine letzte Chance im Mercedes-Neuwagen wusste er nicht zu nutzen - stattdessen kam es in Zandvoort, wo er sein Team in Folge eines Unfalls im Qualifying wutentbrannt vor laufenden Fernsehkameres der fehlenden technischen Unterstützung beschuldigte, zu einem Tiefpunkt. Die Degradierung in einen Jahreswagen des Persson-Teams stellte so keine Überraschung mehr dar.

Das Ziel des DTM-Titels hat der vierfache DTM-Rennsieger längst begraben - worin nicht der einzige Unterschied zum "neuen" Jean Alesi besteht. Der temperamentvolle Südländer, früher eher als schwieriger Charakter bezeichnet, scheint einen Reifeprozess zu durchlaufen. "Die Zusammarbeit klappt sehr gut, ich hätte es vielleicht am Anfang gar nicht gedacht - aber ich komme sehr gut mit ihm klar, wir haben ein gutes Verhältnis unter Teamkollegen", verhehlt Alesis neuer Teamkollege Alexandros Margaritis nicht, eine schwierigere Kooperation mit dem einstigen Hitzkopf erwartet zu haben - und sieht seine Befürchtungen nicht bestätigt.

Stattdessen akzentuiert Margaritis ausdrücklich die Hilfsbereitschaft Alesis: "Ich glaube, wir ergänzen uns auch ganz gut: Er kann mir helfen mit seiner Erfahrung, da er ja schon ein Jahr mit diesem Auto gefahren ist und ich mir einige Sachen von ihm abgucken kann." Die Tatsache, dass ihn der junge Grieche bislang regelmäßig, wenn auch nur leicht überflügelt, stellt für Alesi offenbar keinen Grund dar, die Hilfestellungen einzustellen.

Der Dritte im Persson-Fahrerbunde, Mathias Lauda, bestätigt die positiven Erfahrungen Margaritis': "Wenn ich Fragen habe, gehe ich zu Jean, der mir alles erklärt – genau wie Alex auch. Sie sind beide sehr offen. Sie sind sehr fair und sportlich und helfen mir, so gut es nur geht." Für die beiden Mercedes-Youngster ist der erfahrene Alesi zu einer wichtigen Orientierungshilfe geworden, derer er sich nicht verweigert.

Mit seiner Motorsportkarriere scheint Alesi insgeheim allmählich abzuschließen; stattdessen hegt er andere große Pläne. Mit Hingabe widmet er sich dem Vorhaben, in der Formel 1 ein McLaren-Partnerteam aufzubauen, wenngleich das Projekt jüngst ins Stocken geriet. Während Jean Alesi seine für einen potenziellen Teamchef wenig hilfreiche Hitzköpfigkeit allmählich ablegt, eignet er sich Führungskompetenz sowie einen noch bedachteren, professionelleren Umgang mit Kollegen an - und scheint im Persson-Team diesbezüglich seine ersten Testläufe zu durchschreiten...