Was lässt sich nach dem Rennen in Oschersleben sagen? Zuallererst müssen wir Tom Kristensen ein großes Lob aussprechen. Er ist ein tolles, fehlerfreies Rennen gefahren und hat insgesamt ein starkes Wochenende hingelegt.

Allerdings habe ich das auch von ihm erwartet: Er war in den letzten Jahren in Oschersleben immer stark und wurde in der letzten Saison oftmals unter Wert geschlagen. In diesem Jahr zeigt er nun, was möglich ist, wenn Fahrer- und Ingenieursleistung auf einen Punkt gebracht werden.

Nicht ganz perfekt

Bei Bernd Schneider habe ich darauf gewartet, dass er es zumindest einmal versuchen würde an Heinz-Harald Frentzen vorbeizugehen. Frentzen hat einige kleinere Fehler begangen, aber Bernd scheint auf einen größeren Fehler gewartet zu haben, der nicht kam. Somit verlor er die Chance daneben zu fahren und möglicherweise vorbeizugehen.

Das war aber nicht der einzige Moment im Rennen, an dem Schneider Zeit verlor. Schon am Start verlor er einige Plätze, was das Team im Nachhinein sicherlich analysieren wird. Genauso seinen zweiten Boxenstopp: Dieser dauerte drei Sekunden zu lange, da er nicht direkt losfahren konnte, als sein Auto heruntergelassen wurde. Wenn er all diese Zeitspänchen nicht verloren hätte, wäre er vielleicht an Frentzen vorbeigekommen. Letztlich machten aber genau diese Kleinigkeiten den Unterschied zwischen einem perfekten Wochenende für Tom Kristensen und einem nicht ganz perfekten Wochenende für Bernd Schneider aus.

Mit Platz 4 hätte Bernd im Titelkampf etwas weniger Boden verloren. Andererseits ist es für die Meisterschaft gut, dass es weiterhin spannend bleibt. Da Mika Häkkinen als Neunter keine Punkte holte, kristallisiert sich Bernd immer mehr als Titelanwärter Nummer 1 bei Mercedes heraus.

Tragischer Held

Das Rennen hat gezeigt, dass man sowohl von einer ausgeklügelten Strategie als auch einer relativ simplen Taktik profitieren kann. Wir haben in Oschersleben fünf oder sechs verschiedene Strategien gesehen und alle sind aufgegangen. Ein Grund dafür war, dass der Zeitvorteil auf neuen Reifen hier nicht so groß wie auf anderen Strecken gewesen ist. Somit konnten die Fahrer auf neuen Pneus nicht so viel Zeit auf ihre Konkurrenten mit gebrauchten Dunlops gutmachen.

Wenn man jemandem das Prädikat der besten Strategie anhaften möchte, kommt dafür nur Alex Margaritis in Frage - auch wenn seine Taktik vielleicht gar nicht geplant war. Wer in einem 2005er Auto von Startplatz 11 auf Platz 4 nach vorne fährt und vor etablierten Piloten wie Frentzen, Häkkinen oder Schneider liegt, der hat sich ein Lob mehr als verdient. Umso trauriger war sein Ausfall kurz vor Schluss. Alex hätte den 4. Platz für seine konstant starken Leistungen in dieser Saison mehr als verdient gehabt.

Insbesondere weil er einer der wenigen professionellen Rennfahrer ist, die neben dem Motorsport auch noch arbeiten: Denn Alex ist von Montag bis Donnerstag im Geschäft seines Vaters tätig.

Blick in die Zukunft

Am EuroSpeedway und in Oschersleben haben wir erlebt, welchen Einfluss die Rennstrecken auf Überholmanöver haben: Bis auf einige wenige Überholvorgänge gab es kaum aktive Positionswechsel auf der Strecke. Mit Brands Hatch steht uns beim nächsten Rennen ein neuer Kurs ins Haus. Da die DTM wohl auf der Kurzanbindung fahren wird, dürfte es auch dort wieder schwierig sein außerhalb des Trainings zu überholen. Auf der längeren Streckenvariante hätte es vielleicht noch die eine oder andere Überholmöglichkeit mehr gegeben.

Der Meisterschaftskampf scheint sich nach drei von zehn Rennen immer mehr auf ein Duell zwischen Tom Kristensen und Bernd Schneider zuzuspitzen. Mit dem Dänen hat Schneider eine harte Nuss zu knacken. Allerdings spielen auch Glück und Pech im Verlauf einer Saison eine entscheidende Rolle. Die Meisterschaft bleibt auf alle Fälle spannend.