Die DTM-Saison 2013 umfasste insgesamt zehn Läufe, Rennsieger gab es in diesem Jahr allerdings nur deren neun. Was auf den ersten Blick etwas verwunderlich aussieht, ist das Ergebnis einer der kuriosesten Entscheidungen, die es im abgelaufenen Motorsport-Jahr gab. Auf dem Norisring ist etwas passiert, mit dem wohl niemand gerechnet hätte. Es wurde eine Entscheidung gefällt, die bis dahin mehr als unvorstellbar war. Mattias Ekström wurde der hochverdiente Sieg auf dem Norisring nachträglich aberkannt, weil nach dem Rennen - aber vor dem Wiegen - eine Wasserflasche in seiner Hosentasche entleert wurde.

Mattias Ekström hatte seinen Sieg mit fairen Mitteln erreicht., Foto: Audi
Mattias Ekström hatte seinen Sieg mit fairen Mitteln erreicht., Foto: Audi

In 83 Rennrunden bei glühender Hitze fuhr Ekström in einer furiosen Aufholjagd vom neunten auf den ersten Platz nach vorne, gewann souverän mit drei Sekunden Vorsprung auf Robert Wickens. Ekström fuhr mit einem absolut regelkonformen Auto, stellte es regelkonform im Parc fermé ab, jubelte und begab sich auch regelkonform zum Wiegen nach dem Rennen und auch auf das Podium zur Siegerehrung. Die Tatsache, dass zwischen Jubeln und Wiegen eine Wasserflasche - ausgerechnet von seinem Vater - in der Hosentasche seines Overalls entleert wurde, war für die Regelhüter des DMSB aber alles andere als regelkonform.

Sportlich einwandfreier Sieg

"Dem Team war vorgeworfen worden, die Parc-fermé-Bestimmungen missachtet zu haben, die in Art. 44 des DTM-Reglements festgelegt sind. In diesem Reglementspassus ist unter anderem geregelt, dass vor der technischen Nachuntersuchung des Fahrzeugs keine Materialien oder Substanzen entfernt oder hinzugefügt werden dürfen. TV-Aufzeichnungen belegten allerdings, dass dem Fahrer noch vor dem durch das Reglement vorgesehenen Wiegen nachweislich eine Flüssigkeit unter anderem in die Tasche des Fahreroveralls gefüllt worden war", heißt es im späteren Urteil des DMSB.

Mit dem Jubel war es bald vorbei., Foto: Audi
Mit dem Jubel war es bald vorbei., Foto: Audi

Letztlich musste aber selbst der DMSB einsehen, dass "der Fahrer seinen Sieg auf der Strecke aber unter sportlich einwandfreien Bedingungen erzielt hat und das Fahrzeug dem Reglement entsprach", einen Wettbewerbsvorteil hätte es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Aus diesem Grund gab es für das Rennen auf dem Norisring keinen neuen Sieger, die Punkte und den Pokal durfte Ekström aber trotzdem nicht behalten. Letztlich hat man so sogar in die Meisterschaft eingegriffen, denn mit den 25 Punkten vom Norisring hätte der schnelle Schwede durchaus noch ein Wörtchen um den zweiten Platz in der Gesamtwertung mitreden können.

Ekström schweigt

Ein offizielles Statement von Ekström selbst gibt es bis heute nicht. Wer den Audi-Pilot kennt, der weiß allerdings, dass ihm die Sache wohl spätestens nach ein oder zwei Wochen mehr als egal gewesen sein wird. Er weiß, dass er sich den Sieg mehr als verdient hat. Ob er nun 17 oder 18 DTM-Triumphe auf dem Konto hat, interessiert ihn nicht. Er weiß, dass er einen DTM-Boliden schnell von A nach B bringen kann. Mattias Ekström könnte seine Karriere ohne Weiteres beenden, wenn er keinen Spaß mehr an der Sache hat.

Für die DTM war der Wasserflaschen-Skandal keine gute Werbung - und es hätte noch viel schlimmer werden können. Audi hätte nämlich die Möglichkeit gehabt, das Urteil des DMSB anzufechten und in Berufung zu gehen. Dann hätte sich das internationale FIA-Gericht mit einer ausgeleerten Wasserflasche beschäftigen dürfen, der Fall hätte noch weitere Wellen geschlagen. Doch diesen Weg wollte Audi nicht gehen. "Man möchte sich jetzt lieber wieder auf den Sport konzentrieren und sich wieder mit der Konkurrenz auf der Strecke messen - und allen Fans und Beteiligten weitere Diskussionen am grünen Tisch ersparen", hieß es von offizieller Seite.

KISS-Rückkehr 2014?

Auch wenn die DTM-Piloten nach diesem Vorfall nach jeder Session schnurstracks aus dem Auto zum Wiegen wanderten, blieben einige Fragen offen. "Was passiert denn, wenn ein Fahrer aus dem Auto aussteigt und ein Unbeteiligter hingeht und schüttet ihm Wasser über den Kopf?", fragte sich nicht nur Dieter Gass, Leiter DTM bei Audi. Was ist bei heftigem Regen, bei dem sich die Overalls der Fahrer bei Fernseh-Interviews mit Wasser vollsaugen könnten? Hätte, wenn und aber - diese Diskussionen haben wir wohl nur dem Vater von Mattias Ekström zu verdanken. Selbst bei der U.S. Navy hieß es schon vor Jahrzehnten: "Keep it simple, stupid". KISS und die DTM - das würden wohl viele Fans 2014 wieder gerne sehen. Und wenn man sich schon den Kopf über Wasserflaschen zerbricht, warum lässt man die DTM-Autos nach dem Rennen nicht einfach kurz über Waagen fahren - das dauert nur wenige Sekunden und mit Wasserflaschen hätte man dann ganz sicher nichts mehr am Hut.