Mit Deinem ersten Podestplatz in Hockenheim fing Deine vierte DTM-Saison bei Mercedes gut an. Wie zufrieden bist Du mit der Gesamtsituation?
Ralf Schumacher: Es ist mir klar, dass es etwas länger mit dem ersten Podium gedauert hat, allerdings liefen schon die Wintertests positiv. Ich fühle mich im Moment einfach wohler im Auto. Zufrieden ist man natürlich nie, wenn man nicht gewonnen hat. Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Testfahrten sind eine Sache, Rennen eine andere. Wie groß war die Erleichterung als Du in Hockenheim gesehen hast, dass sich die Wintertests bestätigen?
Ralf Schumacher: Persönlich fühlt es sich gut an, wenn man das Podest endlich abhaken kann. Das war zu Recht ein Thema für die Medien. Wenn es dann im ersten Rennen gleich funktioniert und man dann seine Ruhe hat, ist das schon gut.

Wie hast Du Dich trotz der Kritik in den letzten zwei Jahren motivieren können?
Ralf Schumacher: Das war kein Drama, denn die Motivation ist immer die Gleiche. Man versucht, sich von Session zu Session und von Rennen zu Rennen zu verbessern. Man weiß, dass man sich verbessern kann und dass es in gewissen Schritten schon gelungen ist, was vielleicht von außen nicht so erkennbar ist.

Ralf Schumacher interessiert sich nicht für das, was über ihn geschrieben wird. Er möchte sich lieber voll und ganz auf den Motorsport konzentrieren, Foto: DTM
Ralf Schumacher interessiert sich nicht für das, was über ihn geschrieben wird. Er möchte sich lieber voll und ganz auf den Motorsport konzentrieren, Foto: DTM

Welche Schlagzeile würdest Du gern einmal über Dich lesen?
Ralf Schumacher: Ich lese eigentlich nichts - weder vor, noch nach einem Rennen. Ich bekomme meistens die Frage gestellt, ob ich wissen will, was über mich geschrieben wird und ich sage dann immer: 'Nein, das will ich nicht wissen.' An gewissen Sachen kann man eh nichts ändern. Das konnte ich vorher nicht, als es nicht so gut lief und sicherlich wurde nach dem dritten Platz Netteres über mich geschrieben. Mein Kernpunkt ist der Motorsport - und ich konzentriere mich darauf, meinen Job zu machen.

Wo steht Dein Pokal aus Hockenheim?
Ralf Schumacher: Den habe ich nicht, sondern das Team. Mercedes hat ihn behalten.

2011 liefert Hankook die Reifen für die DTM. Was ist der größte Unterschied zum Vorjahresreifen?
Ralf Schumacher: Der Reifen ist eine völlig andere Konstruktion und hat einen völlig anderen Gummi. Beides ermöglicht mehr Grip-Gefühl, mehr Konstanz - bis zu einem gewissen Punkt. Hinten raus verliert er ähnlich wie in der Formel 1 etwas an Grip, das macht es aber auch spannender. Insgesamt vermittelt der Hankook-Reifen dem Fahrer mehr Sicherheit.

Hast Du dadurch auch Dein Problem auf der Bremse in den Griff bekommen?
Ralf Schumacher: Da der Reifen mehr Grip besitzt, verzeiht er auch mehr Fehler. Dadurch ist es etwas leichter, aber ich musste auch mein Verhalten ändern. Bis zu einem gewissen Grad habe ich das schon, ab und zu bin ich dann aber doch zu spät auf der Bremse. Hier und da muss ich einfach noch lockerer sein.

Wie stellst Du sicher, dass Du Dein Niveau über die Saison behältst?
Ralf Schumacher: Das muss man abwarten. In Zandvoort ging es im Qualifying sehr eng zu. Da liegen zeitweise sechs Leute innerhalb von einem Zehntel. Mit einem guten Start kann man sicherlich einiges machen, aber man muss immer abwarten, wie sich das Rennen entwickelt. Man muss sehen, welches Auto mit dem Reifen besser umgeht. Ich glaube, es wird von der Strecke abhängig sein, ob man die entscheidenden Zehntel mehr herausholen kann oder nicht.

Mit Renger van der Zande und Christian Vietoris hat Mercedes in dieser Saison zwei Neue im Team. Kommen Sie zu Dir und holen sich Ratschläge?
Ralf Schumacher: Nicht wirklich, denn beide haben schon Testfahrten absolviert. Van der Zande hat ja schon viele Kilometer mit einem DTM-Auto abgespult und Christian hat sich von Anfang in der DTM gut geschlagen. Bei den Testfahrten war er sehr, sehr schnell.

Ralf Schumacher ist glücklich über den Einstieg von BMW. Dies sichere den Fortbestand der Serie, Foto: Sutton
Ralf Schumacher ist glücklich über den Einstieg von BMW. Dies sichere den Fortbestand der Serie, Foto: Sutton

In der kommenden Saison steigt mit BMW ein neuer Hersteller in die DTM ein. Mit Jens Marquardt hast Du bereits bei Toyota in der Formel 1 zusammengearbeitet. Wie sehr freut Dich der BMW-Einstieg?
Ralf Schumacher: Zum ersten ist es sehr wichtig für die Rennserie und deren Fortbestand. Die Serie wird durch den BMW-Einstieg wieder aufleben. Ich denke, dass wir noch besseren Motorsport zu sehen bekommen, gerade nächstes Jahr, wo es sehr viele Fragezeichen geben wird. 2012 wird alles neu - neues Reglement, neuer Hersteller. Es wird sicher auch interessant zu sehen, welcher Fahrer bei welchem Hersteller fährt. Zum anderen kenne ich das Team und die Jungs, denn sie haben früher auch an meinem Formel-1-Auto gearbeitet. Ich war mit den Jungs während und nach meiner Formel-1-Zeit befreundet und werde es sicher auch während meiner DTM-Zeit bleiben. Ich habe damit überhaupt kein Problem, dass wir gegeneinander fahren. Ich kenne die Leute schon sechs, sieben Jahre und es wäre für mich unmöglich, sie von heute auf morgen nicht mehr zu kennen. Wir sind alle professionell genug, um die Sachen voneinander zu trennen.

Du hast das neue Reglement angesprochen. Wie sehr sind die Fahrer in die technische Weiterentwicklung eingebunden?
Ralf Schumacher: Das läuft parallel, aber im Moment arbeitet nur das Team daran. Für uns Fahrer ist es noch zu früh, um sich da einzubringen. Die ersten Testfahrten sind für Spätsommer geplant und dann fängt die Arbeit der Fahrer an. Ich denke nicht, dass anderswo die Fahrer vorher involviert sind.

Muss man Deiner Meinung nach auch am sportlichen Reglement etwas verändern? Früher gab es zum Beispiel zwei Rennen.
Ralf Schumacher: Ich denke schon, dass ein Rennen die beste Entscheidung war. Man muss nicht aufpassen, dass das Auto für das zweite Rennen heil bleibt. Dadurch gibt es auch mehr Berührungen im Rennen. Das aktuelle Reglement ist alles in allem schon ganz richtig. Es finden Überholmanöver statt – klar, man wünscht sich immer mehr, aber ich halte die DTM für sehr attraktiv.

Das Interview mit Ralf Schumacher stammt aus der Printausgabe des Motorsport-Magazins. Mehr Technikhintergründe, Interviews und Reportagen lesen Sie im Motorsport-Magazin - im gut sortierten Zeitschriftenhandel oder am besten direkt online zum Vorzugspreis bestellen: