Hoch über dem Hockenheimring im vierten Stock des Baden-Württemberg-Centers klingelten am Freitagnachmittag die Champagnergläser. "Es ist ein großer Tag für die DTM, die ITR und den gesamten nationalen und internationalen Motorsport", sagte ITR-Vorstand Jürgen Pippig. "Es ist nicht nur ein großer Tag, sondern für uns sogar ein großartiger Tag", fügte BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen hinzu. Der Grund: BMW steigt 2012 fix in die DTM ein.

Was bedeutet der BMW-Einstieg für die DTM?

Am Donnerstag wurden laut Theissen die letzten Fragen geklärt und die Entscheidung für die DTM-Rückkehr endgültig gefällt. Dazu gehörten unter anderem die letzten Fragen zum Technischen Reglement und der Internationalisierung der Rennserie und Autos.

Die ITR erwartet noch mehr Neuzugänge als nur BMW, Foto: Sutton
Die ITR erwartet noch mehr Neuzugänge als nur BMW, Foto: Sutton

"Dieser Tag wird in die Geschichte eingehen", griff ITR-Vorstand Hans Werner Aufrecht das Thema auf. "Ich gehe davon aus, dass noch weitere neue Hersteller folgen werden und wir eine große, internationale Gemeinschaft mit Rennen in Japan und den USA werden." Dieser Punkt entspricht der BMW-Philosophie: Die Rennautos sollen nicht nur in einer Rennserie einsetzbar sein, sondern weltweit von Kundenteams betrieben werden können.

So ist es bereits mit den BMW-Kundenautos in der WTCC, nationalen Tourenwagenserien und bei den 24h am Nürburgring. "Dort starten etwa 200 Autos und rund 70 davon sind BMW", rechnet Theissen vor. "Das ist ein Drittel des Feldes." Derzeit gebe es sehr erfreuliche Gespräche zwischen BMW und potenziellen Kunden, weiter vorangeschritten seien die Verhandlungen jedoch nicht. Selbst das Jahr stehe noch nicht fest, in dem Kundenautos eingesetzt werden sollen. "Aber ich gehe davon aus, dass großes Interesse stehen wird."

Wie sieht der neue BMW für die DTM aus?

Das Auto wird auf dem BMW M3 basieren. Dabei kommt BMW zugute, dass alle Hersteller, egal ob neu oder alt, bei Null beginnen und ein neues Auto bauen müssen. "Wir haben alle die gleiche Basis", sagt Theissen. Somit wird es keinen riesigen Wettbewerbsvorteil für Audi und Mercedes geben.

"Unser Fahrplan ist ziemlich simpel", sagt Theissen. "2012 klingt weit weg, aber das Rennen dorthin hat bereits begonnen." Das Reglement stehe unmittelbar vor dem Abschluss, die Grundzüge seien längst fixiert. "Alle Hersteller, auch wir, haben bereits mit der Konstruktion eines solchen Autos begonnen. Sonst wäre der Zeitplan gar nicht einzuhalten."

Spätestens Mitte 2011 möchte BMW die ersten Testfahrten absolvieren. Das Auto wird eine komplette Neuentwicklung. "Beim Motor ist das eine Definitionsfrage", erklärt Theissen. "Er wird anders aussehen, aber wir haben einiges an Know-how von bisherigen V8-Motoren. Die einen werden sagen, es sei eine Evolution, die anderen werden sagen, es sei ein neuer Motor."

Aber auch neben dem Motor gibt es viel zu tun. "Natürlich müssen wir unsere Struktur darauf vorbereiten, Teams finden und uns mit unseren Fahrern unterhalten und Verträge schließen. All das wird 2011 stattfinden, damit wir 2012 gleich wettbewerbsfähig und bei der Musik sein können."

Wie viele Autos wird BMW einsetzen?

Noch ist nicht klar, wie viele Autos unter BMW-Flagge fahren werden, Foto: BMW
Noch ist nicht klar, wie viele Autos unter BMW-Flagge fahren werden, Foto: BMW

"Das weiß ich nicht, aber diese Frage kann BMW auch nicht beantworten", betonte Theissen. "Es hängt von der Anzahl der Hersteller ab." Im Frühjahr sollte man mehr wissen. Die Kapazitätsfrage stellt sich für Theissen nicht. "Wir werden entsprechend den Randbedingungen, die 2012 herrschen, das Notwendige auf die Füße stellen", so Theissen. Sprich: Egal ob es zwei, vier oder sechs Autos sein müssen.

Welche Fahrer kommen in Frage?

Noch spricht BMW nicht über Fahrer. "Das hat keine Eile", betont Theissen. "Es sind noch anderthalb Jahre bis zum ersten Rennen. Wir kümmern uns erst ums Auto, dann als nächstes ums Team und erst danach um die Fahrer."

Mit den WTCC-Piloten Andy Priaulx und Augusto Farfus sowie diversen Sportwagenfahrern besitzt BMW bereits einige Piloten. "Wir haben einen besonders starken und breiten Werksfahrerkader und wir werden erst mit unseren Werksfahrern reden", sagt Theissen. "Allerdings wissen wir noch nicht mal, wie viele Autos wir haben werden, also stellen wir die Fahrerfrage noch zurück, sie ist auch nicht dringend, aber ich glaube, dass wir mit den vorhandenen Werksfahrern ganz gut loslegen können."

Andy Priaulx könnte sich jedenfalls einen DTM-Einstieg vorstellen. "Wenn BMW in die DTM zurückkehrt, wäre ich gerne ein Teil davon", sagte er im Sommer dem Motorsport-Magazin. "Es wäre fantastisch mal eine Möglichkeit in der DTM zu bekommen. Ich habe immer gehofft dort fahren zu können, für mich wäre es also eine tolle Chance."

Steigt BMW aus der WTCC aus?

Ein werksseitiges WTCC-Engagement von BMW in der Saison 2011 ist derzeit noch offen. "Wir haben uns bewusst sehr früh dafür entschieden, einen neuen Antrieb nach 2011er WTCC-Reglement zu entwickeln", so Theissen. Damit wollte man sicherstellen, dass BMW auch im nächsten Jahr in der WTCC und in diversen nationalen Rennserien prominent vertreten sein wird.

"Wir bieten den Antrieb zu sehr günstigen Konditionen an", so Theissen, der davon ausgeht, dass das bestehende Auto mit diesem Antrieb siegfähig sein wird. "Die Entscheidung über ein Werksprojekt ist noch offen. Wir werden in den nächsten Wochen darüber diskutieren." Vorerst hatte die Entscheidung pro oder contra DTM Vorrang.

Wie reagieren Mercedes und Audi?

BMW kehrt in die DTM zurück, Foto: Sutton
BMW kehrt in die DTM zurück, Foto: Sutton

Norbert Haug begann als erster nach den ersten Aussagen von Mario Theissen bei der BMW-Pressekonferenz mit dem Applaus. "Wir freuen uns auf den neuen und geschätzten Wettbewerber aus München und gratulieren zum DTM-Einstieg 2012", sagte Haug hinterher.

Auch Audi begrüßt den neuen Konkurrenten. "Durch BMW wird es ab 2012 in der DTM noch härter werden. Dieser Herausforderung stellen wir uns gerne", sagte Audi-Motorsportchef Dr. Wolfgang Ullrich. "Dass BMW in die DTM zurückkehrt, ist eine tolle Nachricht für die Fans. Damit gehen in der wichtigsten Tourenwagen-Rennserie der Welt ab 2012 die drei deutschen Premium-Marken an den Start. Das ist eine Aufwertung unserer ohnehin schon sehr populären Rennserie DTM."