Herr Nissen, wie fällt Ihr Rückblick auf die Rallye Dakar 2007 aus?
Kris Nissen: "Die Mannschaft von Volkswagen hat bei der ,Dakar‘ viele tolle Momente, aber auch eine bittere Enttäuschung erlebt. Mit unseren zehn Etappensiegen auf unterschiedlichem Terrain haben wir nachgewiesen, dass wir den Race Touareg und die Leistungsfähigkeit des ganzen Teams deutlich gesteigert haben. Der ,schwarze Montag‘, an dem unsere beiden führenden Fahrzeuge viel Zeit verloren haben, hat aber auch gezeigt, wie eng Triumph und Niederlage beieinander liegen können. Wir gratulieren Mitsubishi und Stephane Peterhansel zu ihrem Gesamtsieg, sie haben einen sehr guten Job gemacht."

An einem Tag war alles vorbei., Foto: VW-Motorsport
An einem Tag war alles vorbei., Foto: VW-Motorsport

Was ist gut und was ist schlecht verlaufen? Welche Lehren ziehen Sie für das nächste Jahr?
Kris Nissen: "Unsere gesamte Mannschaft hat eine fantastische Leistung gezeigt. Egal ob Fahrer, Service oder Logistik, alle im Team haben am gleichen Strang gezogen. Selbst nach dem harten Rückschlag hat jeder die Ärmel hochgekrempelt und weiter 110 Prozent gegeben – was sich mit den Etappensiegen bis ins Ziel ausgezahlt hat. Für die Zukunft werden wir daran arbeiten, unser schon jetzt sehr starkes Paket weiter zu verbessern."

Wissen Sie schon, wie es zu den Motorproblemen gekommen ist? War der Fahrstil zu aggressiv?
Kris Nissen: "Die Defekte, die auf der neunten Etappe an den Fahrzeugen von Carlos Sainz und Giniel de Villiers auftraten, gab es vorher kein einziges Mal – nicht auf dem Prüfstand, nicht bei Testfahrten und nicht bei Rallyes. Das war keine Frage des Fahrstils. Die betroffenen Teile sind mittlerweile zurück aus Dakar und werden verschiedenen Labor-Tests unterzogen. Die genaue Material-Analyse wird aufzeigen, welche Schritte wir in der Entwicklung zu machen haben."

Was sagen Sie dazu, dass Mitsubishi den Gesamtsieg ohne Tagessieg geholt hat?
Kris Nissen: "Die erste Erkenntnis ist simpel: Man kann die ,Dakar‘ nur gewinnen, wenn man mit der besten Gesamtzeit in Dakar ankommt. Die zweite Erkenntnis stärkt uns: Wir haben gezeigt, dass der Race Touareg auf jedem Terrain ein Siegerauto ist – auf den Königsetappen in Mauretanien genauso wie in Marokko oder Portugal. Ohne die beiden Defekte wären wir kaum zu schlagen gewesen."

Sieg in der Dieselwertung für Miller., Foto: VW-Motorsport
Sieg in der Dieselwertung für Miller., Foto: VW-Motorsport

Volkswagen hat zehn Etappensiege geholt und die Dieselwertung gewonnen. Sehen Sie Volkswagen dadurch auch als Gewinner oder trotzdem als Verlierer?
Kris Nissen: "Wir haben die Rallye acht Tage lang angeführt, zeitweise regelrecht dominiert. Jeder einzelne Tagessieg war das Ergebnis harter, konsequenter Arbeit, darum darf sich jeder im Team als Sieger fühlen. Der Blick auf das Gesamtergebnis mag etwas ernüchternd sein, aber das hat letztendlich auch mit der Einzigartigkeit der ,Dakar‘ zu tun: Kein anderer Motorsport-Wettbewerb ist länger und härter, nirgendwo sonst werden Ausrutscher so hart bestraft."

Sind Sie von der Leistung von Carlos Sainz überrascht?
Kris Nissen: "Keineswegs. Carlos ist ein herausragender Pilot, sonst säße er nicht im Race Touareg. Er hat die Erfahrung, die er im vergangenen Jahr bei der ,Dakar‘, bei Tests und bei Rallyes gesammelt hat, nun hervorragend umsetzen können. Umgekehrt ist er mit seinem enormen technischen Input eine große Unterstützung für unsere Ingenieure. Das zeigt, wie professionell er die Sache anpackt."

Wenn Sie die Dakar 2006 und 2007 vergleichen, was sind die größten Unterschiede?
Kris Nissen: "Aus unserer Sicht haben die Teilnehmer wieder eine hervorragende und sehr spannende Rallye Dakar erlebt, die sehr gut organisiert war. Die geänderten Navigationsregeln haben sich bewährt und die Roadbooks waren sehr präzise. Tag für Tag haben viele verschiedene Teams um die vorderen Plätze gekämpft."

Wie verlaufen die nächsten Monate?
Kris Nissen: "Unser Programm für 2007 steht grundsätzlich, daher bleibt nach der ,Dakar´ nicht viel Zeit zum Durchatmen. Wir planen auch in diesem Jahr die Teilnahme an Rallyes zum FIA Marathon-Weltcup."