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Zolder 1981 - Patrese & Stohr

Das Formel 1 Forum früherer Tage...
Beitrag Donnerstag, 04. Mai 2006

Beiträge: 4695
Also liebe Yesterday-Freunde, ich hab mir gerade noch einmal das Video von dem Unfall beim Start zur Aufwärmrunde angeguckt...

Mich schüttelt es dabei jedesmal zu sehen, dass sowas überhaupt möglich ist, dass die da wie in einem Hühnerhaufen durch die Gegend laufen und die Aufwärmrunde anfängt, obwohl es im vorderen Bereich des Feldes ein technisches Problem gibt.

Und ein Piquet bspw kommt viel zu spät in Reihe 1 vorgefahren und wird dann sogar noch zurückgeschoben...


Mein eigentliches Anliegen ist folgendes:

Irgendwie hab ich vor kurzem mal gehört, dass der Mechaniker Dave Luckett (so müsste er in heißen), der da zwischen den Teamkollegen Patrese und Stor eingequetscht wird, diesen Unfall überlebt haben soll, obwohl er da vollkommen regungslos am Boden liegt...

Weiß da jemand Näheres zu?
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Beitrag Donnerstag, 04. Mai 2006

Beiträge: 4967
Im Thread "Berühmte Pit Stopp Patzer" habe ich etwas dazu geschrieben.

Luckett brach sich "nur" ein Bein und hatte Prellungen.

Beitrag Donnerstag, 04. Mai 2006

Beiträge: 4695
Au ja, besten Dank, hab deinen Beitrag gefunden...

Aber ein Boxenstopp-Patzer war das ja, wie du da ja auch geschrieben hast, wohl eher nicht, von daher hatte ich da nicht gesucht...
F1-Forumstippspiel-Moderator & Mitglied des
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Beitrag Donnerstag, 04. Mai 2006

Beiträge: 4967
Ich denke, es war ein schlimmes Missverständnis, das tödlich hätte
ausgehen können.

Beitrag Freitag, 05. Mai 2006

Beiträge: 224
Das ganze passierte aber nicht beim Start in die Aufwärmrunde sondern beim eigentlichen Rennstart, was meineserachtens diesen Unfall noch unglaublicher macht.
Zolder 81 war ja sowieso so eine Sache für sich, erst der Osella Mechaniker, dann Rene Arnoux mit seinem Anfall von Geistesgestörtheit und dann eben dieser Start.
Soweit ich mich erinnern kann gab es vor diesem GP keine Einführungsrunde, das klassische "Vorziehen" natürlich auch nicht mehr,
auch blieben bis zum Schluss noch einige Plätze frei, was den Starter aber
scheinbar ebensowenig daran gehindert hat den GP freizugeben, wie das
unübersehbare Gestikulieren von Patrese. Das einige Fahrer mit einer Aufwärmrunde rechneten und entsprechend die ersten Meter fuhren, kommtnoch dazu.
Selten trifft das Wort Verantwortungslosigkeit so genau und so überdeutlich zu als bei diesem GP.
Der Mensch hat sogar die Wüsten zum Blühen gebracht. Die einzige Wüste, die ihm noch Widerstand leistet, befindet sich in seinem Kopf.
(Ephraim Kishon)

Beitrag Samstag, 06. Mai 2006

Beiträge: 253
Ich glaube es gab eine Einführungsrunde. Aber Piquet war nicht weggekommen und wurde von den Mechanikern an den Start geschoben, was zu längerer Wartezeit führte. Dadurch ging wohl auch Patresses Motor flöten. Und während er hängelt springt dieser Mechaniker über die Boxenmauer und arbeitet hinter dem Auto von Patresse (das ist ja auch nicht gerade ein Geniestreich).

Nach dem Unfall lief das Rennen übrigens voll weiter. Und der Sanitätswagen fuhr auch noch fast eine Runde und wurde von Rennautos überholt. Hat jemand ein Bild dazu?

Beitrag Samstag, 06. Mai 2006

Beiträge: 8060
Noch ein Wort zu dem Rennen, über das ich in einem Thread über Zolfer schon mal was schreiben wollte, aber daraus wurde dann nix.

Zolder 1981 ist wie Spa 1960, der Nürburging 1976 oder Imola 1994 ein gutes Beispiel für ein ziemlich versautes Wochenende, weil einige Leute offenbar durch diverse Zwischenfälle die Nerven verloren, bzw. nicht mehr richtig bei der Sache waren. Man redet dann gerne von 'Unglücks-Wochenenden' - tatsächlich sind es eher Konzentrationsmangel-Wochenende.

Zu Stohr: So eine Niete war er selbstverständlich auch nicht. Jemand hat es schon erwähnt; er Deutsch-Italiener und er war Kinderpsychologe.1978 wurde er italienischer F3-Meister (ein Titel der damals recht gut besetzt war) und seine nächsten zwei Jahre in der F2 waren auch nicht zu verachten: mehrere Podestplätze, ein Sieg (Enna 1980) und ein 4. Platz in der Endabrechnung 1980 waren nicht schlecht. Klar war Patrese bei Arrows 1981 nach über drei Jahren klar die Nummer eins (und im Schnitt stand er auch 10 Starplätze vor ihm) und Stohr war hauptsächlich wegen seiner Sponsoren im Team, aber es ist auch eine Tatsache dass er nach diesem merkwürdigen Unfall nie mehr an die alte Form anknüpfen konnte und schnell sang- und klanglos in der Versenkung verschwand - ich weiss nicht was aus ihm geworden ist. Ich habe mal gehört dass es nicht mehr in seinen alten Beruf zurück ist und eine Rennfahrerschule aufgemacht hat.

Zum Unfall selbst: In Zolder, auf jenem Micky-Maus-Kurs mit einer sehr engen Boxengasse und einer schmalen Start- und Zielgeraden, überfuhr Reutemann in der hoffnungslos überfüllten Boxengasse den Osella-Mechaniker Giovanni Amadeo. Der Tod ihres Kollegen erschüttertete die gesamte Zunft der F1 -Schrauber: Vor dem Start am Sonntag protestierte man gegen die unzureichenden Sicherheitsbedingungen in der Boxengasse von Zolder. Einige Rennfahrer solidarisierten sich und kletterten nach der Aufwärmrunde noch einmal aus ihren Cockpits, so dass das Feld zu einer weiteren Einführungsrunde auf den Kurs geschickt werden musste. Doch nicht der Trainingsschnellste Reutemann, sondern Piquet führte den Formel-l-Grid an, auch dahinter ging's nicht so geordnet zu. Bei der neuerlichen Rückkehr auf die Zielgerade verpaßte der Brasilianer seine Startposition und wurde noch auf eine weitere Runde durchgewunken, um sich danach auf den zweiten Startplatz einzureihen. Bis Piquet im Renntempo aus seiner zusätzlichen Aufwärmrunde zurückkehrte, liefen einige andere Motoren der wartenden Meute bereits heiß. Riccardo Patreses Arrows soff ab, gegen allen Regeln der Vernunft (und der FIA) kletterte Mechaniker Dave Luckett über die Boxenbegrenzung, um Patreses Cosworth noch einmal mit einem Pressluftstarter zu starten. Als Luckett sich am Heck des Arrows zu schaffen machte, sprang die Startampel auf Grün und außgerechnet sein Teamkollege Siegfried Stohr fuhr mit seinem Arrows den unglückseligen Mechaniker über den Haufen...

Es kam einem Wunder gleich, dass Dave Luckett diesen Unfall schwerverletzt überlebte, aber es war ein Skandal, dass dieses Rennen nicht sofort abgebrochen wurde. Bei Start und Ziel hielt man statt der roten Flagge ein schwarzes Tuch hinaus, zweimal raste das Feld vorbei, ehe der an dritter Stelle plazierte Didier Pironi seinen Ferrari und die hinter ihm liegende Konkurrenz merklich abbremste und endgültig zum Halt brachte.

Natürlich wurde noch einmal neu gestartet, ohne die Arrows von Patrese und Stohr, der einen Nervenzusammenbruch hat und auf den Start los gehen wollte ('Der Mann ist ein Mörder!'), und nun lief alles glatt.

Im Folgejahr erlebte Zolder einen weiteren tödlichen Unfall - und das war's dann für diesen Kurs.

Beitrag Samstag, 06. Mai 2006

Beiträge: 224
Alfalfa hat geschrieben:

Im Folgejahr erlebte Zolder einen weiteren tödlichen Unfall - und das war's dann für diesen Kurs.


Nicht ganz, 84 fuhr die F1 nochmals dort.

Es gewann die Startnummer 27...

Beitrag Samstag, 06. Mai 2006

Beiträge: 45464
Danke Alfalfa für die ausführung. Ne sehr tragische Geschichte!

Beitrag Sonntag, 07. Mai 2006

Beiträge: 8060
Gendebien hat geschrieben:
Alfalfa hat geschrieben:

Im Folgejahr erlebte Zolder einen weiteren tödlichen Unfall - und das war's dann für diesen Kurs.

Nicht ganz, 84 fuhr die F1 nochmals dort.

Es gewann die Startnummer 27...

Stimmt natürlich - ich habe es etwas verkürzt formuliert.

Beitrag Sonntag, 07. Mai 2006

Beiträge: 8060
Gendebien hat geschrieben:
Alfalfa hat geschrieben:

Im Folgejahr erlebte Zolder einen weiteren tödlichen Unfall - und das war's dann für diesen Kurs.

Nicht ganz, 84 fuhr die F1 nochmals dort.

Es gewann die Startnummer 27...

Nochmal zu Zolder (1984) - der Kurs hatte für 1984 einen 'wasserfesten' Kontrakt als Veranstalter für den GP, sonst wäre schon damals das Rennen wohl nicht mehr dort ausgetragen worden - bei Teams und Piloten war er ziemlich 'unten durch' (wie man so schön sagt).

An das Rennen erinnere ich mich noch aus einem anderen Grund - nämlich wegen des ungewöhnlichen Sieges von Ferrari. Die neuen Renner vom Typ 126C4 waren eigentlich nur modifizierte Versionen des 126C3 die sich in erster Linie durch einen etwas niedrigeren Schwerpunkt auszeichneten - und durch ein außergewöhnlich hässliches Äußeres! Schlecht waren die Wagen eigentlich nicht, doch das Schlimmste, was passieren konnte, war Alboretos Sieg in Zolder, relativ früh in der Saison. In völliger Fehleinschätzung der Lage sah man sich bereits als erneuten Weltmeister, obwohl nur eine Menge Glück den Sieg ermöglicht hatte. Alboreto war in Superform, die Goodyear-Reifen paßten an diesem Tag phantastisch auf die Strecke - und die Opposition war infolge einer schlechten Sprit-Lieferung zum Ausfall (viele Motorschäden!) verurteilt. Danach rutschte man fast in den Abgrund, zumindest nach Ferrari-Maßstäben - man führte während der gesamten restlichen Saison nicht einen einzigen Meter mehr. Alboreto kam zwar noch dreimal in die Punkte, doch ein Siegerauto hatte man ihm nicht zu bieten. Absoluter Tiefpunkt war das Heimspiel in Monza, wo sich die Ferrari von den Erzfeinden aus dem Hause Alfa Romeo überholen lassen mußten. Es kam, was kommen mußte: Mauro Forghieri wurde Mal wieder in die Entwicklungsabteilung verbannt, während sein ehemaliger Assistent Antonio Tomaini die technische Herrschaft im Team übernahm.


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