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Die interessantesten F1-Motoren

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Beitrag Sonntag, 09. August 2015

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Komplex sind die neuen F1-Motoren, die ja gar keiner mehr sind. Viel mehr schlummern im Heck der GP-Rennwagen jetzt Antriebseinheiten, bestehend nicht nur aus dem Verbrennungsmotor, sondern auch aus dem Turbolader, den beiden Energierückgewinnungssystemen, dem Elektro-Motor und den Batterien. Unterm Strich ist die Leistung in der Spitze damit höher als bei den V8-Sauger-Motoren, trotz des verringerten Hubraums und der verringerten Zylinderzahl. Die Technik ist komplex, genauso auch die Unterbringung im F1-Flitzer. Doch im GP-Sport wurden schon ganz andere, interessante Motoren zusammengeschustert.

Christie (1907) – Das Hubraummonster

Der Christie-Rennwagen, der 1907 beim Frankreich GP mitmischte, war der erste GP-Rennwagen aus Amerika. Und es war der Wagen mit dem hubraumstärksten Motor aller Zeiten im GP-Sport: Der Vierzylinder hatte immerhin 19,891 Liter Hubraum! In der damaligen Pionierzeit versuchte man vor allem durch den Hubraum Kraft zu gewinnen. Beim Frankreich GP 1906 hatten die meisten Boliden einen Hubraum um 15 Liter, Spitzenreiter waren da der Panhard (18,279 Liter) und der Lorraine-Dietrich (18,146 Liter). Hinter dem Christie-Rennwagen steckte mit Walter Christie ein erfinderischer Kopf. Der damals 41-Jährige aus dem US-Bundesstaat New Jersey fuhr den Wagen auch selbst. Obschon er vor dem Rennen einige private Testfahrten absolvierte, fiel der Wagen nach vier von zehn Runden (eine Runde war damals 77 Kilometer lang!) mit Motorproblemen aus. Walter Christie wandte sich kurz danach vom Rennsport ab und entwickelte später Panzer. Den kleinsten Motor gab es übrigens 1950 beim Monaco GP: Harry Schell, dessen Mutter Lucy O’Reilly den Delahaye einsetzte, mit dem René Dreyfus völlig überraschend den Pau GP gegen die Konkurrenz von Mercedes und Auto Union gewann, fuhr mit einem Cooper JAP. Der JAP-Motor hatte nur zwei Zylinder und einen Hubraum von 1,1 Liter. Für den engen Stadtkurs in Monaco war man damit zwar nicht verloren, aber Schell konnte nie zeigen, was der Wagen drauf hatte: Er drehte im Quali keine Runde und schied im Rennen bereits in der ersten Runde beim Massencrash ausgangs des Tunnels aus.

Voisin Laboratoire (1923) – Schiebermotor und Propeller
Der französische Automobilhersteller Voisin legte 1923 einen GP-Rennwagen auf Kiel. Gabriel Voisin holte sich dabei den Konstrukteur André Lefèbvre mit ins Boot. Sie wussten, dass ihr 6-Zylinder-Schiebermotor recht schwach war, daher wollten sie ein möglichst leichtes Rennauto haben. Um das zu erreichen, sahen sich die beiden in der Flugzeugindustrie um. Herausgekommen ist der erste Monocoque-GP-Rennwagen. Neben dem Motor kam auch ein Propeller zum Einsatz, allerdings nur um die Wasserpumpe anzutreiben. Lefèbvre war als Fünfter der einzige der drei Voisin-Fahrer, der ins Ziel kam.

SEFAC (1935) – gekoppelter Motor

Nachdem Bugatti gegen die deutschen Teams kein Land sah, wurde in Frankreich die staatliche Rennwagenschmiede SEFAC gegründet, mit dem Ziel 1935 beim Frankreich GP teilzunehmen. Das Budget war aber äußerst mikrig und so waren dem Konstrukteur Emile Petit, der sein Talent in den 20er Jahren mit den Salmson-Voiturette-Rennwagen unter Beweis stellte, die Hände gebunden. Petit baute einen eigenartigen Motor ein: Genauer waren es zwei 1385ccm-Vierzylinder mit unterschiedlicher Laufrichtung! Der Motor hatte zwar zwei oben liegende Nockenwellen, aber nur einen Kompressor. Er leistete mit 250 PS über 100 PS weniger als das Triebwerk von Mercedes (430 PS). Die Nennung in Frankreich 1935 musste dann auch zurückgezogen werden, weil der Bolide mit 931 Kilogramm schwerer war als die 750-Kilo-Formel damals zugelassen hat. Damals gab es nämlich kein Mindestgewicht, sondern ein Maximalgewicht, um die Leistung etwas einzubremsen. Damals dachte man, dass man für einen leistungsstarken Motor einen großen, also auch schweren Motor bauen müsse.

Trossi-Monaco (1935) – Luftgekühlter Sternmotor

Carlos Felice Trossi war ein italienischer Graf und Gentleman-Rennfahrer, der aber durchaus was drauf hatte: 1947 gewann er im Werks-Alfa Romeo zum Beispiel den Italien GP, zwei Jahre später erlag er leider schon einem Krebsleiden. Trossi trat schon vor dem Zweiten Weltkrieg als Rennfahrer auf, war auch einer der ersten Fahrer für die 1929 gegründete Scuderia Ferrari. 1935, als der Trossi-Monaco-GP-Rennwagen entstand, war er Präsident der Scuderia Ferrari. Er finanzierte das Trossi-Monaco-Projekt, das von den beiden Konstrukteuren Augusto Monaco und Giulio Aymini ausging. Es hatte einen sehr seltsamen Motor: Es war ein luftgekühlter Sternmotor mit insgesamt 16 Zylinder, mit acht Zylinderblöcken à zwei Zylinder, die um ein zentrales Kurbelgehäuse gruppiert waren. Es gab nur einen gemeinsamen Brennraum. Der Motor war außerdem ein Zweitakter und kompressorgeladen (diese Kombination führte zu Überhitzungen), die zwei Zoller-Kompressoren hatten einen Ladedruck von 0,68 bar, die Leistung des Triebwerks betrug rund 250 PS (Mercedes leistete damals bis 430 PS!). Bei den Testfahrten in Monza überhitzte der Motor ständig, die Fahrbarkeit des Wagens ließ wegen einer ungünstigen Gewichtsverteilung ebenfalls zu wünschen übrig und so zog man die Nennung für den Italien GP 1935 wieder zurück.

Kurtis Kraft Cummins (1952) – ein Dieselmotor

Von 1950 bis 1960 zählte auch das Indy-500 zur Fahrermeisterschaft dazu, auch wenn nur wenige GP-Piloten auch nach Amerika reisten (zumindest während dieser Zeit). 1952 fuhr Freddie Agabashian in Indianapolis mit einem Kurtis-Kraft-Rennwagen, der von einem Cummins-Dieselmotor angetrieben wurde. Cummins hatte bereits 1931 gemeinsam mit Duesenberg einen Motor für das Indy-500 entwickelt und Dave Evans beendete das Rennen damals als 13. Nun legte man für 1952 einen Sechszylinder mit 6,6 Liter Hubraum auf Kiel. Das Besondere: Rund 30 Jahre bevor in der Formel-1 die Turbomotoren Einzug hielten, hatte der Motor damals bereits einen Abgasturbolader. Agabashian fuhr mit dem Boliden in einer Rekordrunde auf Pole, im Rennen allerdings war der Reifenverschleiß zu hoch, außerdem schied Agabashian ohnehin wegen eines technischen Defekts aus.

Porsche (1962) – Luftgekühlt

1962 beteiligte sich Porsche werksseitig in der Formel-1, nachdem das technische Motorenreglement der Formel-2 übernommen wurde (die 1,5-Liter-Formel), in der Porsche seit Jahren gegen Ferrari kämpfte. In der Formel-1 war man weniger erfolgreich. 1962 legte man den Porsche 804 auf Kiel, der einen luftgekühlten Motor hatte. Dadurch konnte Gewicht eingespart werden, aber rund zehn der 190 PS wurden bereits für das Betreiben des Lüfterrades gebraucht. Dan Gurney gewann damit 1962 den Frankreich GP – was der einzige Sieg des Porsche-Werksteams war.

BRM (1966) – Ein 16-Zylinder

Erst in der F1-Saison 2000 wurden V8- oder V10-Motoren vorgeschrieben, bis dahin konnten die F1-Teams die Zylinder-Zahl frei wählen. Ferrari setzte lange Zeit auf einen Zwölf-Zylinder, BRM legte für 1966 sogar einen 16-Zylinder auf Kiel. Bei genauem Hinschauen erkannte man: Der Motor bestand de facto aus zwei 180-Grad-V8-Motoren. Mit 232 Kilogramm war das Triebwerk einfach zu schwer, trotzdem steuerte Jackie Stewart den BRM beim Großbritannien GP 1967 auf Rang zwei.

Cosworth (1967) – der Dauerbrenner
Die Ford-Motorenschmiede Cosworth entwickelte 1967 im Auftrag von Lotus einen F1-Motor, der Geschichte machte: Das Triebwerk wurde nur mit wenigen Modifikationen bei 257 GP-Rennen eingesetzt, holte zwölf Fahrer- und zehn Konstrukteurstitel, 155 Siege und 131 Pole-Positions. 375 Exemplare wurden gebaut und von rund 45 verschiedenen Teams eingesetzt. Erst mit dem Aufkommen der Turboära in den 80er Jahren wurde der Motor eingemottet. Das Erfolgsgeheimnis: Das DFV-Triebwerk (Doppelter-Vier-Ventiler) basierte auf einen F2-Motor (Konstrukteur Keith Duckworth schraubte einfach zwei Motorblöcke und Zylinderblöcke zusammen) und war daher leicht zu handhaben, günstig (er kostete umgerechnet nur 60.000 Euro) und verbrauchsgünstig. Das glich den Leistungsnachteil aus –zusätzlich wurde der Motor durch Weiterentwicklungen noch von 407 auf 505 PS gebracht.

Lotus Pratt & Whitney (1971) – Gasturbinen-Motor

Lotus-Boss Colin Chapman ließ immer wieder seine Kreativität spielen – und führte so einige interessante Technik-Kniffe in der Formel-1 ein. Meistens stand dabei aber das Chassis im Vordergrund, 1971 versuchte es Lotus jedoch auch mit einem originellen Antriebskonzept. Der Pratt-&-Whitney-Motor war eine Zweiwellen-Gasturbine und fungierte eigentlich als Hubschraubertriebwerk. Beim Indy-500 experimentierte John Zink 1961 das erste Mal mit einem Turbinen-Wagen, der berühmte Indy-Konstrukteur Jack Adams begeisterte sich für dieses Antriebsprinzip bis weit in die 70er Jahre hinein. Auch Lotus fuhr 1968 beim Indy-500 bereits mit einer Turbine (Graham Hill war damals der Fahrer). In der Formel-1 machte das Konzept aber keine Schule, denn zwar war der Wagen mit 475 PS sehr stark, doch erstens war er auch sehr durstig und zweitens war der Wagen kaum fahrbar, weil die Leistung erst mit einer Verzögerung von bis zu zwei Sekunden einsetzte. Emerson Fittipaldi beendete den Italien GP 1971 als Achter.

Renault (1977) – Der erste F1-Turbo

1977 revolutionierte Renault die Formel-1: Man führte den ersten Turbomotor ein. Beim Indy-500 von 1952, das damals noch zur Meisterschaft zählte, war zwar schon mal ein Turbo im Einsatz, doch das war kein F1-Motor. Erst Renault brachte 1977 das Turbo-Prinzip in die Formel-1, nachdem es im US-Pendant, der IndyCar-Serie, bereits etabliert war. Doch in der IndyCar wurde hauptsächlich auf Ovalkursen gefahren, wo nicht abrupt abgebremst und wieder beschleunigt wird. Die ausbleibende Leistung beim spontanen Gasgeben (Turboloch) blieb in Indy daher aus. Tatsächlich war das Turboloch, aber auch die gesamte Zuverlässigkeit zu Beginn der Turboära noch ein großes Problem. Die Leistung war mit rund 400 PS auch eher bescheiden. Aber Renault setzte einen Trend – und in den 80er Jahren fuhren alle Teams mit über 1000 PS starke Turbo-Motoren.

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