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Camille Jenatzy

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Beitrag Montag, 18. Juli 2016

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Einer der allerersten Rennhelden im Rennsport, wird oft roter Teufel genannt.
Er gewann 1903 den Gordon-Bennett-Cup und brachte das Rennen nach Deutschland.
Er war 1899 als erster Mensch über 100 km/h schmell
Er baute eigene Elektro-Rennwagen.
Wegen seiner roten Haarpracht und seines Spitzbartes wurde er oft auch der Rote Teufel genannt.

Hat jemand ein paar interessante Anekdoten und Infos zu ihm?
Gibt's eine Literaturempfehlung, wo man etwas mehr über ihn nachlesen kann?


Beitrag Dienstag, 02. August 2016

Beiträge: 45428
Danke.

Muss mich echt mal ein bisschen mit ihm beschäftigen. Könnte neben Tazio Nuvolari mein zweiter Liebling werden... :D)

Beitrag Montag, 12. September 2016

Beiträge: 45428
Als bekannt wurde, was dieser Camille Jenatzy vorhatte, schlugen die Ärzte Alarm: Tempo 100 – das könne ein menschlicher Körper gar nicht aushalten. Jenatzy freilich pfiff auf den Rat der Doktoren. Zu süchtig war er nach dem nächsten Geschwindigkeitsrekord. Er gehörte zu jenen jungen Menschen, die Ende des 19. Jahrhunderts von der sich rasend schnell entwickelnden Automobiltechnik fasziniert war und mit dem Rennsportvirus infiziert wurde.

Für seinen Rekordversuch entwickelte er natürlich einen eigenen Boliden. Jenatzy gab ihm den Namen La Jamais Contente – was auf Deutsch so viel heißt wie „Die niemals Zufriedene“. Er wusste: Der Rausch der Geschwindigkeit hatte gerade erst begonnen, das Ende des Tempo-Wettbewerbs war längst noch nicht erreicht.

Sein Rennwagen hatte die Form eines Torpedos, er hatte sich also durchaus Gedanken über die aerodynamische Form gemacht. Allein: Der Wagen hatte auch gravierende Nachteile. Die Räder waren unterhalb der Fahrzelle freistehend angebracht und gemeinsam mit dem aus dem Cockpit herausragenden Fahrer bot er dem Fahrtwind viel Angriffsfläche.
Mitten im Rennen fast von Zug erwischt

Die Motoren konnten das offenbar wettmachen: Zwei Elektromotoren mit je 25 Kilowatt sorgten für rund 68 PS. Elektropower hatte aber schon damals seinen Preis: 82 Akkuzellen wurden gebraucht, jede wog 10 Kilo, das sorgte für das extrem hohe Fahrzeuggewicht von fast 1,5 Tonnen. Schwer, aber schnell genug: Bei der Rekordfahrt in der Nähe von Paris erzielte er 105 km/h.

So beschrieb er seinen für damalige Verhältnisse irren Ritt: „Es scheint als würde das Auto, in dem du fährst, den Kontakt zum Boden verlieren und wie ein Pfeil entlang des Bodens schießen."

Als erster Mensch schneller als 100 km/h – Jenatzy hatte Heldenstatus. Heute ist das Tempo lachhaft: Der fast 20 Jahre alte Landgeschwindigkeitsrekord beträgt 1227,985 km/h, aufgestellt von Andy Green im 220.000 PS starken Thrust SSC.

Jenatzy war mehr als nur ein Rekordfahrer: Vielmehr war der wegen seiner roten Haarpracht und seines Spitzbarts auch als Roter Teufel bekannte Jenatzy ein ausgezeichneter Rennfahrer. 1903 sorgte er beim Gordon-Bennett-Cup, dem Vorläufer der heutigen Formel-1-Rennen, für den ersten internationalen Sieg für Mercedes. Rund 50.000 Dollar strich er für diesen Triumph im 65 PS starken 9,2-Liter-Vierzylinder-Mercedes ein – das wären inflationsbereinigt heute zwei Millionen Dollar.

Sein Fahrstil: Schnell, immer spektakulär und äußerst draufgängerisch. Beim berühmten Rennen von Paris nach Madrid 1903 hatte er schon 16 Autos überholt und war auf dem Weg zum Sieg, als an seinem Mercedes ein Motorproblem auftauchte.

1904 beendete er den Gordon-Bennett-Cup, das erste internationale Rennen in Deutschland, auf Platz zwei – obwohl er beim Überqueren einer Bahnlinie um ein Haar von einem Zug erfasst worden wäre. Es blieb sein letzter großer Erfolg. Er fuhr auch bei den ersten Grand-Prix-Rennen mit, aber nur noch unter ferner liefen. Im Alter von nur 45 Jahren starb er 1913 bei einem Jagdunfall.


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